Luise und Vera waren ins Möbelgeschäft gefahren, um neue Möbel für das Wohnzimmer zu kaufen. Luise war gut drauf, aber Vera trottete nur neben ihr her und nickte zwischendurch, wenn Luise etwas toll fand.
''Was ist los?'' fragte Luise. ''Ähm, was? Ich hab nicht zugehört'' gestand Vera und musterte ein kleines Sofakissen. ''Was ist los mit dir?'' fragte Luise erneut. ''Es gab da so einen Moment mit Kevin'' sagte Vera beiläufig und warf ein weißes Kissen in den Wagen. ''Vera, das passt nicht zu unserem Dekozeug. Guck doch mal!'' meinte Luise und warf das Kissen zurück. ''Also, was für einen Moment meinst du?'' erkundigte sie sich. ''Ich weiß nicht, ich kann es nicht erklären'' gab Vera zu. ''Ich habe irgendwie das Gefühl, dass mich jemand beeinflussen will. Als ob jemand meine Gefühle manipuliert'' murmelte Vera. ''Ich weiß, das klingt verrückt'' fügte sie hinzu. ''Nein, ich finde, dass klingt nicht verrückt. Ich meine, wer weiß ob die da oben'' Luise deutete über sich, ''zu so etwas in der Lage sind.'' WAS?! ''Ich kenne mich nicht so gut aus, aber eines weiß ich: Du stellst eine Gefahr dar. Red´ doch mal mit Pia, vielleicht kann sie dir helfen'' sagte Luise.
Schweigend liefen sie nebeneinander her, stopften verschiedene Dekosachen in den Wagen und schrieben Möbelstücke auf einen Zettel.
''Sag mal.. hast du etwas von Aaron gehört?'' fragte Vera. ''Nein, ich hab versucht ihn anzurufen, aber er ist nicht ran gegangen.'' ''Findest du nicht auch, dass es ungewöhnlich ist, dass er sich nicht meldet?'' fragte Vera und schrieb ein weiteres Möbelstück auf. ''Irgendwie schon. Ich meine, er hat sich immer bei mir gemeldet, selbst wenn er sich nur ein paar Minuten verspätete'' überlegte Luise.
Wie aus dem Nichts schoss ein beißender Schmerz durch Veras Körper. Ihre Sicht
verschwamm und sie suchte Halt.
''Vera?'' fragte Luise besorgt und hielt sie an den Schultern. ''Ich glaube, ihm ist
etwas passiert'' hauchte Vera schmerzerfüllt. Luises Gesichtsausdruck veränderte sich. Aus Besorgnis wurde Angst. ''Wie kommst du darauf?'' fragte Luise geschockt. ''Ich hab keine Ahnung, ist nur so ein Bauchgefühl'' sagte Vera. Der Schmerz verebbte und sie konnte wieder sehen.
''Ok. Wir warten bis heute Abend, falls er bis dahin nicht auftaucht, suchen wir ihn'' bestimmte Luise. Anscheinend spürte auch Luise, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.Kevin, Lea und Pia hatten alle Wohnzimmermöbel aus dem Haus geschafft und stürmten auf sie zu. Gemeinsam leerten sie den Transporter und begannen die Möbel aufzubauen.
Nach weiteren drei Stunden hatten sie alle Möbel aufgebaut und an den richtigen Platz gestellt. Sie saßen verteilt auf den Sofas und Sesseln. Es dämmerte bereits.
Aaron war immer noch nicht aufgetaucht und hatte auch kein Lebenszeichen von sich gegeben.
''Leute, wir müssen reden'' sagte Luise und ergriff als Erste das Wort. ''Aaron ist verschwunden und Vera hat da so ein Gefühl'' erklärte Luise. Nervös schaute jeder auf seine Hände. ''Ihm muss etwas passiert sein'' flüsterte Vera mit gesenkten Blick.
''Ich weiß, dass er zu einem Freund wollte'' deutete Lea an. ''Er lebt in Hamburg. Wir waren oft gemeinsam dort um... Na ja, um uns zu ernähren'' gab Lea zu. ''Ich schlage vor, wir teilen uns auf'' sagte Kevin und betrachtete Vera eindringlich. Unbehaglich rutschte sie auf ihrem Platz herum und starrte auf ihre Hände. ''Vera, Kevin und ich werden seinen Gedankengängen folgen. Ihr folgt seiner normalen Route. Ich geb´ sie euch gleich.'' bestimmte Lea und stand auf.
''Jeder nimmt sein Handy mit'' sagte Luise. ''Wir müssen ihn finden.''Vera lag in Kevins Armen und flog über sämtliche Bäume hinweg. Unter ihnen rannte Lea, die locker mit ihnen mithielt. Flink hüpfte sie über die Hindernisse, sprang über Klippen und verlangsamte nicht einmal ihr Tempo.
Kevins Flügel peitschten durch die Luft und hinterließen einen Sturm. Dank seiner enormen Körperwärme, fror Vera nicht.
Ihre Gedanken waren bei Aaron, nichts war wichtiger. Sie mussten ihn finden und zwar lebend.
Plötzlich bog Lea scharf ab und Kevin musste so abrupt halten, dass sich Veras Magen verkrampfte und Übelkeit empor stieg. ''Sorry'' murmelte Kevin und flog Lea hinterher.
Neugierig sah sie zu Boden und beobachtete Lea, die gerade über einen Fluss sprang. Lea schien nervös zu sein, ständig sah sie sich um. Auch Kevin schien es zu spüren, hielt inne und drehte sich um. Seufzend schüttelte er den Kopf. Vera konnte in der Dunkelheit nichts sehen. ''Was ist da?'' fragte Vera. Kevin setzte langsam zum Sinkflug an.
''HAUT AB!'' rief Lea und erhöhte ihr Tempo. Panik beschlich Vera. Rote? Dachte sie ängstlich und starrte in den Wald, obwohl sie immer noch nichts erkennen konnte. ''Wir bleiben'' sagte er und schloss die Augen.
Plötzlich begann Kevin zu zittern und seine Körpertemperatur stieg, bis Vera dachte, sie würde verbrennen. Vera spürte eine unbekannte Schwingung in der Luft. Was tut er da? Seine Körpertemperatur sank und ohne Vorwarnung tauchte Pia vor ihnen auf. Vera zuckte erschrocken zusammen. Hatte er Pia etwa zu sich gerufen?
''Übernimm Vera. Ich muss runter'' sagte er und überreichte Vera wie ein Baby. Unsicher, ob Pia sie überhaupt halten konnte, klammerte sie sich an ihr fest. ''Flieg höher und pass auf sie auf'' befahl Kevin und stürzte zu Boden.
''Was ist da unten los?'' fragte Vera. Angestrengt sah Pia hinab. ''Es sind Rote. Sie müssen uns gerochen haben'' erklärte Pia. Panisch sah Vera nach unten, ihre Freunde waren nur noch Punkte. Unbemerkt hatte Pia den Abstand zwischen ihnen und den Anderen erhöht. Erst jetzt sah sie vier roten Blitze, die mit hoher Geschwindigkeit durch den Wald rasten. ''Was passiert da unten?'' stammelte Vera. ''Sei still'' fuhr Pia sie an. ''Ich erzähl dir schon, wenn etwas passiert.''
''Pia? Ich weiß, es ist vielleicht der falsche Augenblick, aber ich muss dringend mit dir reden'' sagte Vera und sah über die Schulter zu Pia.
''Hältst du es für möglich, dass sich jemand in meinen Kopf eingeschlichen hat?'' Verwundert sah Pia sie an. ''Inwiefern?'' fragte sie. ''Ich hab manchmal das Gefühl, als würde ich von jemanden gelenkt'' erklärte Vera.
''Es ist gut möglich, dass jemand versucht in deinen Kopf einzudringen. Sobald wir zurückkehren, werde ich dir zu helfen'' sagte Pia.
Die Punkte unter ihnen bewegten sich zu schnell, sodass Vera niemanden erkennen konnte. ''Die Roten sind angekommen. Kevin hat zwei von ihnen am Hals und Luise steht...'' Pia versteifte sich und starrte hinab. ''Was ist mir Luise?'' kreischte Vera panisch.
''Nina steht vor ihr'' erklärte Pia. Nein, nicht Nina! ''Im Moment läuft es bei allen gut'' berichtete Pia. Auf einmal begann Pia zu lachen, ''Kevin hat einen erledigt.'' Ihr Lachen verstummte, als ein schmerzerfüllte Schrei die Nacht durchschnitt.
''Wer war das?'' keuchte Vera ängstlich. ''Ich weiß nicht, ich kann niemanden sehen.''
Beunruhigt flog Pia ein Stück hinab. ''Kevin hat den zweiten getötet, aber er sieht besorgt aus'' berichtete sie. Es blieb still, doch Vera hätte am liebsten geschrien. Sie wollte sich von Pia los machen, um etwas zu erkennen. Sie wäre am liebsten hinunter gefallen, um zu sehen, was dort vor sich ging. Pia erstarrte.
''Luise...'' hauchte sie und setzte zum Sinkflug an, hielt allerdings inne, als hätte sie jemand aufgehalten. Luise? Was ist mit Luise?! Schrie ihre innere Stimme panisch. ''Geh runter Pia!'' schrie Vera.
Pia war soweit hinab geflogen, dass Vera alles sehen konnte.
Nina hielt Luise in einer tödlichen Umarmung. Geschockt versteifte sich Vera. Nur ein einziger Gedanke manifestierte sich in ihrem Kopf: Ich muss da runter.
Kräftig begann Vera sich, gegen Pias Umarmung zu wehren.
''Vera, lass das'' Pias Griff wurde fester. Nach mehreren Minuten, hatte Vera es geschafft, sich aus ihrer Umklammerung zu befreien. Sie fiel hinab. ''Vera!'' schrie Pia entsetzt.
Äste zerfetzten ihre Kleidung und rissen ihre Haut auf. Nur schwer konnte sie einen Schrei unterdrücken. Hart knallte sie auf dem Boden auf und die Luft wich aus ihrer Lunge. Sie drehte sich nach Atem ringend auf den Rücken. Sie schmeckte Blut und spürte das Brennen der Schnittwunden. Entschlossen, ihrer Schwester zu helfen rappelte sie sich auf. Jede Faser ihres Körpers zitterte vor Anstrengung. Kevin eilte entsetzt zu ihr, doch sie stieß ihn von sich.
''Ah, sssieh mal einer an, dasss Prinzzzessschen issst da'' zischte Nina belustigt. Tapfer versuchte sie ihre Gefühle zu unterdrücken. Sie wollte Nina keine ihrer Schwachstellen offenbaren und zwang sich zur Ruhe.
''Lass sie los'' sagte Vera bestimmt und sah Nina fest in die Augen. Sofort verstärkte sich Ninas Griff um Luises Kopf. Verzweifelt versuchte sie sich aus Ninas Umklammerung zu befreien, doch es war zwecklos.
Vera hörte wie jemand hinter ihr landete, sie vermutete, dass es Pia war. Verzweifelt, in der Hoffnung etwas Nützliches zu finden, sah Vera sich suchend um. Doch sie fand nichts. Unbewusst ging sie auf Nina zu, die immer noch Luise im Schwitzkasten hatte. Nervös fingerte sie an ihrer Unterarmwunde herum, bis frisches Blut hervor trat. Nina, der jetzt der Blut Geruch in die Nase stieg, lockerte einen Augenblick den Griff um Luises Hals.
''Lass sie los'' forderte Vera. ''Niemalsss'' hauchte Nina, sichtlich angestrengt nicht auf sie los zu stürmen. Sie stand nur noch einen Meter von ihnen entfernt. Das warme Blut rann ihren Arm hinab und tränkten den Boden.
Blitzschnell befreite Luise sich und stürzte sich auf Nina. Im selben Moment riss Lea ihrem Gegner den Kopf ab und warf ihn fort.
Zähne fletschend rangen sie am Boden, bis Luise die Oberhand hatte und sich auf Nina setzte. ''Wo ist Aaron?'' schrie Luise wütend. Kevin eilte ihr zur Hilfe und drückte Nina zu Boden.
''Vera, komm her'' befahl Pia. Vera kehrte der Szene den Rücken und ging zu ihr. Sie riss sich ein Stück Stoff vom Oberteil und drückte es auf Veras Wunde.
''Du bist entweder lebensmüde oder verdammt mutig'' murmelte Pia und stillte die Blutung. ''Ich muss eben etwas in meiner Tasche suchen, rühr dich nicht vom Fleck'' sagte Pia und nahm ihre Tasche, die voller Kräuter war. Sie holte einen schimmernden Zweig heraus, brach eine Knospe ab und drückte auf Veras Wunde. Silberne Flüssigkeit tropfte aus der Knospe und landete auf ihren Arm.
''Das wird die Wunde schließen. Bist du noch anders wo verletzt?'' Verneinend schüttelte Vera den Kopf.
''Wo ist er?'' stieß Kevin zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Überrascht über die Härte in seiner Stimme, drehte sie sich zu ihm um. ''Ich werde esss euch niemalsss sssagen'' zischte Nina. Lea stand über Nina und trat ihr kräftig ins Gesicht. ''Sag es!'' herrschte Luise Nina an. Wieder hob Lea den Fuß, anstatt Nina ins Gesicht zu treten, trat sie auf den Oberschenken. Vera konnte hören wie er brach. Nina wehrte sich heftiger und schüttelte den Kopf.
Kevin griff sich unters Hemd, hob eine Kette empor und streifte sie ab. Ein großes silbernes Kreuz, mit messerscharfen Kanten hing an der Kette. Im Mondlicht funkelte es. Langsam zog er es über Ninas Stirn. Dort wo das Kreuz sie berührte begann es zu qualmen und Blut spritzte hervor. Nina schrie auf und wand sich heftig. Das ist Folter, dachte Vera entsetzt.
''Wo ist Aaron?'' fragte Luise erneut. Sie war Nina so nah, dass ihre Stirn Nina fast berührte. ''Niemalsss'' zischte Nina wieder, woraufhin Kevin ihr das Kreuz über den Hals zog. Dickflüssiges, stinkendes Blut sickerte in den Boden. Wieder und wieder setzte er das Kreuz an. Nina schrie ununterbrochen, bis ihre Schreie verstummten.
''Hamburg'' keuchte Nina, sie war nur noch halb bei Bewusstsein. ''Wo genau?'' fragte Lea und trat erneut auf Ninas Bein. Als Nina nicht antwortete, setzte Kevin zum nächsten Schnitt an. ''Grössste Kirche...Keller'' hauchte Nina und verlor das Bewusstsein.
Zufrieden wandten Kevin, Lea und Luise sich ab und kamen zu ihnen. Freudestrahlend stürmte Luise zu Vera und umarmte sie fest.
''Du bist die verrückteste kleine Schwester, die man haben kann! Und dafür liebe, liebe, liebe ich dich!'' lachte Luise an ihrem Hals. Behutsam löste Vera sich von Luise und lächelte sie an.
''Wir müssen los'' bemerkte Kevin im gewohnten Ton. ''Ich nehme Vera'' bestimmte Luise. ''Diesmal bleiben wir zusammen'' grinste Lea.
Pia und Kevin flogen mit kräftigen Zügen in den Himmel und Vera kletterte auf Luises Rücken.
''Kann es los gehen?'' fragte Luise. Bestätigend nickte Vera. Abrupt rannte Luise los und Vera umklammerte ihren Hals. Erschöpft legte Vera ihren Kopf auf Luises Schulter.
''Ich hab mit Pia geredet, sie will versuchen mir zu helfen, wenn wir zurück sind'' erklärte Vera. ''Gut'' rief Luise über den tosenden Wind hinweg.
Vollkommen erschöpft schlief Vera ein.
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Vom Engel geküsst
ParanormalVera, 18Jahre alt, muss das Shadow and Light Internat besuchen. Verschlossen, wie sie ist, freundet sie sich nur langsam mit anderen an. Als sie dann 6Jugendlichen begegnet ist die Katastrophe schon im vollem Gang. Eigenartige Dinge geschehen. Träu...