Das Wasser in der Duschkabine hatte sich rot verfärbt. Zuhause angekommen, wollte Vera nur noch duschen. Sie fühlte sich schmutzig und verschwitzt – sie wollte all das Blut abwaschen.
Erschöpft, aber glücklich, stieg Vera aus der Dusche und zog sich an.
Frische Wunden übersäten ihren Körper. Die Wunde, die Vera geweitet hatte, war kaum noch zusehen. Ihr Rücken fühlte sich wund an und ihr Gesicht brannte. Misstrauisch betrachtete sie ihr Spiegelbild.
Das bin nicht ich, dachte sie. Das Spiegelbild hatte ihre Gesichtszüge, aber es war härter und viel ernster, als Vera es in Erinnerung hatte.
Ihre Wunde, die Nina ihr damals zugefügt hatte, war dank Pias Tinktur fast verheilt. Nur eine unscheinbarere Narbe war zusehen. Kleine, frische oberflächliche Schnittwunden waren an ihren Wangenknochen.
Ihre Augen, wirkten abweisend und kalt. Das ehemalige Strahlen war verblasst. Vera konnte sich selbst nicht erkennen.
Bedrückt ging sie aus dem Bad und lief ins Untergeschoss.
Aaron saß im Wohnzimmer und unterhielt sich mit Luise. Er war frisch geduscht, sein Haar hing ihm nass in die Stirn und seine Wunden waren bereits verheilt. Man konnte nicht erkennen, dass er noch vor wenigen Stunden mit dem Tod gekämpft hatte. Neidisch betrachtete sie ihn.
''Vera, setzt dich doch zu uns'' lächelte Luise. Langsam schlenderte sie zu ihnen. ''Ich bin so stolz auf dich, Schwesterherz'' sagte Luise und umarmte sie. Erschöpft ließ sie ihren Kopf gegen Luises Schulter sinken.
''Sei mir nicht böse, aber ich bin total erledigt'' murmelte Vera ausgelaugt. Sie wollte schlafen, tief und fest schlafen. Verständnisvoll nickte Luise und küsste Vera auf die Wange.
''Vera, ich komme mit nach oben'' sagte Pia, die plötzlich hinter ihr aufgetaucht war.
Gemeinsam lief sie mit Pia hinauf. Als sie die Tür öffnete, grinste sie. Pia und Luise hatten ihr Zimmer gestrichen. Hellblau und marineblaue Tapeten mit weißen, selbst gemalten Blumen bedeckten die alten Wände. ''Das habt ihr echt schön gemacht'' bedankte Vera sich.
''Wir werden die Rituale jetzt durchführen'' beschloss Pia. Verneinend schüttelte Vera den Kopf. ''Nein, ich bin zu...'' entgegnete Vera. ''Du kannst dabei schlafen, es dauert Stunden und muss in der Nacht gemacht werden. Heißt, du kannst schlafen'' unterbrach Pia sie.
Vera stieg in ihr Bett, zog sich die Decke bis zum Hals und schloss die Augen.Vera wurde von warmen Sonnenstrahlen geweckt, neben sich spürte sie jemanden. Überrascht öffnete sie die Augen.
''Guten Morgen, Mylady'' lächelte Aaron und küsste sie auf die Wange. ''Morgen'' grummelte sie und versteckte sich unter der warmen Bettdecke. Aaron lachte und zog ihr die Decke weg.
''Komm, aufstehen'' flüsterte er und legte sich zu ihr. Er legte ihr den Arm um die Taille und zog sie an sich. ''Will nicht'' murmelte sie und schmiegte sich an ihn. Er musste ein Lachen unterdrücken und seine Brust vibrierte leicht.
''Pia hat dir eine Art Tee gemacht, du solltest es trinken'' sagte Aaron und reichte ihr ein Glas mit brauner Flüssigkeit. Angewidert nahm sie es entgegen und setzte es an.
Es schmeckte so scheußlich, wie es aussah. Angeekelt schluckte sie und verzog das Gesicht.
''Schmeckts?'' grinste Aaron. Vor lauter Ekel schüttelte sie sich, stellte das Glas weg und versank wieder in Aarons Armen. Es tat ihr gut, neben Aaron zu liegen, es ließ sie alles vergessen.
''Sag mal, bist du auf diese räumliche Veränderung gekommen?'' fragte er und strich ihr zärtlich über den Bauch.
''Ja, wir müssen heute die restlichen Möbel kaufen, aber ich hab keine Ahnung wo wir so einen riesigen Transporter herbekommen'' sagte Vera und drehte sich zu ihm.
''Dann muss ich wohl meine Garage öffnen'' zwinkerte Aaron. ''Du hast einen Transporter?'' fragte Vera skeptisch. ''Ja, ich habe mehr als nur ein Auto'' lachte er, küsste sie und schwang sich aus dem Bett.
''Mach dich fertig und dann können wir los.''
Widerstrebend zog sie sich an. Sie wollte nicht aufstehen und sich ihren Problemen stellen, sie wollte weiter mit Aaron im Bett liegen.
''Gehen wir shoppen?'' fragten Luise und Pia gleichzeitig, als Vera in die Küche trat.
''Erstmal isst sie etwas, dann könnt ihr los'' bestimmte Lea und hielt Vera ein Tablett hin. Kaffee und belegte Brötchen lagen darauf. Dankbar lächelte sie Lea an, ging ins Wohnzimmer und frühstückte. Der Kaffee war stark und rüttelte Vera wach.
''Bereit?'' fragte Kevin, der neben Aaron am Türrahmen lehnte. Schnell leerte sie ihre Tasse und stand auf. Lächelnd nickte sie und zwängte sich an ihnen vorbei.
''Euer Ernst? A-Team Busse?'' entfuhr es Vera, als sie zwei schwarze Transporter auf der Straße sah. ''Ich glaube, die brauchen wir'' grinste Kevin und lief zu dem ersten A-Team Bus.
Luise und Pia sausten an Vera vorbei und sprangen in den roten Sportwagen. Lea nahm neben Kevin Platz und schloss die Tür. Langsam liefen Aaron und Vera auf den zweiten Bus zu. Hilfsbereit öffnete er ihr die Tür und Aaron nahm auf dem Fahrersitz Platz.
''Sag mal, wie spät ist es eigentlich?'' fragte Vera. ''3 Uhr oder so'' antwortete er. Müde seufzte sie und schloss die Augen.Am Möbelladen angekommen stiegen sie aus und berieten sich. ''Kevin, Pia und Lea, ihr kümmert euch um die Schlafzimmer, ok?'' schlug Vera vor. Zustimmend nickten sie. ''Dann macht ihr also die Küche'' schlussfolgerte Lea.
Gemeinsam gingen sie ins Geschäft und trennten sich, um ihre Besorgungen zu machen. Luise und Aaron schnappten sich Möbelwagen und rollten los. Spielerisch stellte Luise sich auf ihren Wagen und rollte unkontrolliert durch die Gänge.
''Irgendwann gestalte ich unsere Wohnung'' witzelte Vera und setzte sich auf Aarons Wagen. ''Das wirst du wohl tun müssen, weil ich absolut keine Ahnung habe'' grinste Aaron. Überrascht sah sie zu ihm auf. Er will wirklich mit mir leben? Fuhr es ihr durch den Kopf. Glücklich lächelte sie und sah Luise hinterher, die in der Küchenabteilung verschwand.
''Und welche nehmen wir?'' fragte Luise überfordert. ''Ich weiß nicht, die Günstigste?'' schlug Vera vor. ''Ähm, um Geld brauchst du dir keine Sorgen machen'' warf Aaron ein.
Lachend hüpfte Luise zu den Esstischen und ließ Aaron und Vera zurück. Gemeinsam suchten sie eine große braune Küche aus.
''Wieso soll ich mir keine Sorgen um Geld machen?'' fragte Vera. ''Über die Jahrhunderte hat sich so einiges angesammelt'' gestand Aaron und schrieb die Seriennummer auf ein Blatt Papier. Er ist reich, na toll...
Luise hatte sich für einen großen Esstisch ausreichend für ca. 8-10 Personen und die dazu passenden Stühle entschieden. Wieder notierte Aaron die Seriennummer und sie liefen in die Abteilung für Geschirr. Luise und Vera suchten einfaches Geschirr und Gläser aus.
Aaron packte einen Karton nach dem Anderen in die Einkaufswagen. Es sah aus, als würden die Kartons nichts wiegen. Kaum ein Muskel spannte sich an. Allein die Größe der Kartons war so enorm, dass ein gewöhnlicher Mensch unmöglich in der Lage war, sie allein zu tragen. Bewundernd beobachtete die Aaron.
Alle Möbelstücke waren verladen und sie liefen zur Kasse. Aaron bezahlte mit Karte und Vera ignorierte den Preis. Sie wusste, dass es mehr als 7000 Euro waren.
Kevin, Lea und Pia warteten bereits vor den Autos und halfen ihnen beim Beladen des Transporters.Während der Fahrt hatte Vera Kopfschmerzen bekommen. Ihre Schläfen pochten und sie fühlte sich vollkommen ausgelaugt.
''Was ist los?'' fragte Pia, als sie Vera half einen Karton aus dem Transporter zu ziehen. ''Ich hab Kopfschmerzen, mehr nicht'' antwortete sie und rieb sich die Schläfen.
''In ein paar Stunden sollte das Ritual vollkommen wirken. Du wirst nicht mehr spüren, wenn jemand in deinen Kopf eindringen will'' sagte Pia beruhigend. ''Ach und übrigens, es kann sein, dass du deine Gefühle intensiver als sonst wahrnimmst'' fügte Pia hinzu und schnappte sich einen großen Karton.
Aaron und Kevin bauten die Küche auf und Lea und Vera den Esstisch. Die Arbeit machte Spaß, obwohl das Pochen in Veras Kopf nicht nachließ.
Als sie fertig waren, versammelten sie sich im Wohnzimmer, um gemeinsam anzustoßen. Die Sektgläser klirrten und ihre Stimmung war ausgelassen.
''Lust auf einen Ausflug?'' flüsterte Aaron Vera ins Ohr. Lächelnd nickte sie.
''Leute, wir verabschieden uns'' verkündete Aaron und nahm Veras Hand. ''Wohin wollt ihr?'' fragte Luise neugierig. ''Frankreich oder Österreich'' antwortete Aaron ''du kennst meine Orte.''
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Vom Engel geküsst
ParanormalVera, 18Jahre alt, muss das Shadow and Light Internat besuchen. Verschlossen, wie sie ist, freundet sie sich nur langsam mit anderen an. Als sie dann 6Jugendlichen begegnet ist die Katastrophe schon im vollem Gang. Eigenartige Dinge geschehen. Träu...