Von ihrem Monatsgehalt, hatte Vera sich neue Klamotten besorgt und einen alten, gebrauchten Laptop gekauft.
Die Arbeit mit Jay tat ihr gut und lenkte sie ab. Doch jedes mal, wenn sie alleine war, kamen die seelischen Schmerzen zurück.
Die meiste Zeit schlief sie bei Jay und war froh, nicht allein zu sein.
''Vera, wann kommst du endlich aus dem Bad? Ich muss mal'' rief Jay vor der Badezimmertür. ''Bin fertig'' sagte sie und öffnete die Tür. Dankend stürmte er hinein und verriegelte die Tür hinter sich.
Von der Arbeit erschöpft, schlurfte sie in die Küche und begann Kartoffeln zu schälen. Nach wenigen Minuten kam Jay aus dem Bad und gesellte sich zu ihr.
''Was gibt es denn heute?'' fragte er neugierig und sah über ihre Schulter. ''Nichts Besonderes, nur Schnitzel, ein bisschen Salat und Kartoffeln'' erklärte Vera und schmiss die restlichen Kartoffeln in den Topf. ''Kannst du das Fleisch panieren?'' bat sie Jay, der sich sofort an die Arbeit machte.
''Ich bin echt froh, dass du hier bist'' sagte er und legte ein paniertes Schnitzel in die Pfanne. ''Warum?'' lachte Vera. ''Vielleicht, weil ich weniger Tiefkühlpizza esse. Oder, weil ich deine Anwesenheit mag, ich weiß nicht'' grinste er. Amüsiert schüttelte sie den Kopf und bereitete den Salat zu.
''Wo hast du die scharfen Messer?'' fragte Vera und Jay kramte in einer Schublade. ''Hier'' sagte er und reichte ihr das Messer. ''Danke'' grinste sie.
Sie begann die Tomaten zu schneiden und pfiff eine fröhliche Melodie. Plötzlich tauchte ein Bild von Aaron vor ihrem inneren Auge auf. Verwirrt hielt sie inne und starrte auf die Tomaten. Was war das denn? Sie wollte gerade weiter schneiden, als ein weiteres Bild auftauchte. Aaron stand gebückt über eine Person, die blutverschmiert auf dem Boden lag. Vera schloss die Augen und schüttelte den Kopf, als wollte sie eine Fliege verscheuchen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht, dass spürte sie.
Abgelenkt schnitt Vera sich in den Finger. ''Verflixt'' fluchte sie und griff nach einem Küchentuch, um die Blutung zu stoppen. ''Was...?'' fragte Jay, brach aber ab, als er ihren blutenden Finger sah. ''Oh, Scheiße'' murmelte er, rannte ins Wohnzimmer und kam mit einem kleinen Verbandskasten zurück.
Behutsam nahm er ihre Hand und sah sich die Wunde an. ''Ist nicht tief'' erklärte er und reinigte die Verletzung. Vorsichtig klebte er ein Pflaster über die Wunde. ''Das müsste reichen'' sagte er und packte den Kasten wieder weg. ''Danke'' lächelte Vera. ''Gern geschehen'' erwiderte er.Nach dem Essen legten Jay und Vera sich auf die Couch und schauten fern. Teilnahmslos starrte sie auf den Bildschirm.
Wieder tauchte dieses ungute Gefühl auf und ihr Bauch krampfte sich zusammen. Verzweifelt versuchte sie es zu unterdrücken.
''Ist irgendwas?'' fragte Jay, der ein Gespür dafür hatte, wenn bei ihr etwas nicht stimmte. ''Ich weiß nicht'' überlegte sie und kuschelte sich in seinen Arm. Sofort hatte sie das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Dieses negative Gefühl von vorhin war verschwunden. Erleichtert seufzte sie und schloss die Augen. Nach wenigen Minuten war sie eingeschlafen.Sie sah Aaron, wie er einem Mädchen, seine Zähne in den Hals schlug. Geschockt und gleichzeitig fasziniert starrte sie ihn an.
Sie sah, wie das Mädchen langsam schwächer wurde und das Bewusstsein verlor. Bösartig grinsend ließ Aaron das Mädchen los, das leblos zu Boden glitt. Er sah hoch und da durch Vera direkt in die Augen. Seine Augen waren rot wie Blut und nichts Liebevolles lag darin.
''Das ist deine Schuld'' fauchte Aaron.Vera schreckte auf und starrte in silberne Augen.
''Aaron'' keuchte sie und stand ruckartig auf. Instinktiv wusste sie, dass es eine Vision war.
''Wer ist Aaron?'' fragte Jay, doch sie bemerkte ihn nicht mehr. Sie stürmte zu ihrem Laptop und öffnete ihr Postfach, dass sie seit Monaten nicht mehr angesehen hatte.
95 ungelesene Nachrichten - zeigte der Bildschirm und sie scrollte herunter. Alle von Luise... Vera begann am ganzen Körper zu zittern und öffnete eine der letzten Nachrichten.Vera,
da du mir die letzten Male nicht geantwortet hast, habe ich mir gedacht, ich benutze deine E-Mail Adresse als Tagebuch.
Meine schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet. Aaron ist außer Kontrolle, selbst ich schaffe es nicht, ihn zurück zu holen.
In unserer Umgebung gibt es immer mehr Tiermorde, aber ich weiß, dass es Aaron ist. Seine Fähigkeiten verbessern sich massiv und das bedeutet, dass er regelmäßig frisches Blut trinkt.
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Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er im Blutrausch.
Ich glaube, dein Verschwinden hat ihn wahnsinnig gemacht. Ständige Wutanfälle... Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll...
Lea und Pia sind losgezogen, um dich zu suchen, auch wenn sie keine Spur haben. Ich wünschte, du wärst hier und würdest mir sagen, was ich tun soll.
Ich vermisse dich jeden Tag mehr und ich weiß, dass es den Anderen genauso geht.
Kevin sehe ich so gut wie nie. Er sitzt seit Tagen auf einer Wolke und lässt sich treiben. Aber wegen ihm muss ich mir keine Sorgen machen, dass er abtrünnig wird. Er verarbeitet es anders...
Bitte komm zurück! Ich flehe dich an!
Hab dich lieb - LuiseTränen flossen Vera über die Wangen. Es ist meine Schuld...
''Was ist los?'' fragte Jay besorgt. ''Ich muss gehen. Tut mir leid, aber ich kann hier nicht bleiben. Ich muss zurück'' sagte sie, küsste ihn auf die Wange und packte ihre Sachen zusammen.
''Warte, wohin willst du?'' fragte er und lief ihr nach. ''Ich muss zurück'' wiederholte sie und schulterte ihren Rucksack. ''Bleib hier'' bat er und ergriff ihr Handgelenk. Mit schwerem Herzen ignorierte sie seinen flehenden Blick. ''Ich kann nicht.'' Mit diesen Worten rannte sie an ihm vorbei und stürmte die Treppe hinab. Hektisch sprang sie in Aarons Wagen und fuhr los.
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Vom Engel geküsst
ParanormalVera, 18Jahre alt, muss das Shadow and Light Internat besuchen. Verschlossen, wie sie ist, freundet sie sich nur langsam mit anderen an. Als sie dann 6Jugendlichen begegnet ist die Katastrophe schon im vollem Gang. Eigenartige Dinge geschehen. Träu...