Kapitel 52: Negla ♡

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Meine Mutter schien das auch bemerkt zu haben und drückte mich einfach nur näher an sich in der Hoffnung mich beruhigen zu können. ...

Meine Mutter hat mich allein mit ihrer Umarmung beruhigt und ich merke langsam aber sicher, wie kraftlos ich geworden bin und wie die Müdigkeit meinen Körper über fällt. Langsam aber sicher kann ich mein Körper nicht mehr kontrollieren und ich merke auch nichts mehr. Und weg war ich.

Eine Zeit später wachte ich wieder auf. Es kann nicht sein das ich unter diesen Umständen wirklich schlafen gegangen bin, also wirklich daran erinnern kann ich mich nicht. Ich stand auf und schaute mich um, ich befand mich wohl in einem Raum des Krankenhauses, in dem Tamer liegt. Dieses schrecklich, depressive Gebäude mit den hässlichen Grauen Streifen an der Wand, sind nicht leicht zu vergessen und dazu auch noch einzigartig hässlich. dann erst realisierte ich es wieder, das Krankenhaus, in dem Tamer liegt und heute ist der besagte Tag. Unglaublich wie ich es ausgeblendet habe, ich orientierte mich schnell an den Plakaten an der Wand und lief in das Zimmer. Ein Herzstillstand nach dem anderen erlebe ich heute, habe ich mir innerlich gedacht, da auf einmal alle in diesem Raum waren. Das Erste was ich in diesem Zimmer zu Gesicht bekam, waren die vielen Gesichter mit unzählig vielen Tränen, die über sämtliche Gesichter flossen. Dies ist verantwortlich dazu, dass meine zuvor trockenen Augen anfingen wieder feucht zu werden und ich das Schlimmste befürchtete. Ich schaue reflexiv auf Tamer, jedoch sehe ich stattdessen Tata Neglas Rücken, welche gerade Tamer zu deckt. Also haben wir es beide nicht geschafft. Tamer ist weg. Sie weinen alle und meine Sicht verschwimmt langsam aber sicher und weg bin ich. Ich weiß nicht was wieder geschah, aber ich höre nichts deutlich und sehen tue ich erst recht nichts.

Tamers Sicht:

Ganz gemütlich ist es hier nicht, ich kann mich ja kaum bewegen. Ich hab keine Ahnung wo ich bin und was ich hier zu suchen habe. Ich höre nichts und sehe ebenfalls nix. Warum scheint mir hier alles wieder sehr unrealistisch. Das einzige was ich sehe ist grelles Licht und unglaubliche Helligkeit. Kein Lebewesen ist um mich herum, nicht einmal ein Stein. Kein Ton und auch keine Bewegung ist in Sicht. Mit der Zeit beginnt ein regelmäßiges Piepen und ich versuchen es zu identifizieren. Keine Ahnung was es ist, aber es beruhigt mich, da es gleichmäßig und regelmäßig klingt. Piep, piep, piep... egal wie lange ich hinhöre, es ist ständig dieses regelmäßige piepen. Aus irgendeinem Grund gibt mir dieses Piepen das Gefühl ich sei am Leben. Ich kann nicht sagen wo ich bin und was ich hier zu suchen habe, aber ich weiß das ich lebe. Keine Uhrzeit, kein Datum und keine Farben. Nichts, aber so sehr scheint es nicht mich zu beunruhigen. Ich atme die Luft ein die um mich herum ist, irgendwie riecht diese nicht ganz natürlich, aber er lässt mich lebendig fühlen, dass ich dies überhaupt tun kann. Den Geruch kann ich zwar nicht identifizieren aber er ist da, genauso wie ich es bin. Ich schloss meine Augen und dunkel wurde es wieder um mich herum, alle schwarz und diese Dunkelheit bereitet mir Angst zu, so dass ich mich dazu entschieden habe, mit all meiner Kraft meine Augen zu öffnen und mich aus dieser Dunkelheit zu befreien. Langsam versuchte ich es und es funktionierte minimal. Einen Schlitz weit kriegte ich meine Augen auf. Die Erste Person die ich zu Gesicht bekam, war ein Engelchen. Ich schloss meine Augen und öffnete diese wieder, um sicher zu gehen, dass diese Person wirklich real ist. Während ich meine Augen geschlossen hatte, kamen mir einige Bilder vor die Augen. Eine wundervolle Negla und ein LKW, genauso hörte ich plötzlich viel Geschrei und ich sah nur noch helles Licht. Ich schreckte von diesen Bildern auf und öffnete sofort meine Augen. Das kann nicht wahr sein, es ist bestimmt alles nur ein Traum, der jetzt vorbei ist. Vor meinen Augen saß niemand anderes als meine Mutter. Sie schaute mich besorgt mit fließenden Tränen an. Ich wollte mich bewegen und ihr die Tränen von Gesicht wischen aber irgendwie klappte das mit der Bewegung nicht ganz. Ich versuchte ihr zu sagen dass alles gut ist, aber mein Mund fühlte sich so trocken und staubig an, das ich nicht einmal ein Ton von mir geben konnte. Bei jedem Atemzug den ich durch die Nase machte, brannten meine Atemwege und es wurde schwer meine Augen offen zu halten um die Tränen die durch dem Brennen entstanden sind zu unterdrücken. Alles in allem spürte ich fast jeden Körperteil an mir wieder. Alles tat weh. Eins ist mir klar, egal was ist, ein Mensch spürt erst das er am Leben ist, wenn ihm etwas weh tut und alhamdulillah mir tut alles weh. Meine Mama strich mit ihrer Hand über mein Gesicht und es flossen immer mehr Tränen über ihr Gesicht und ich kann sie leider nicht davon abhalten. Als ich mit sehr viel Mühe mein Kopf um einige Millimeter zur Seite bewegte, merkte ich das ich auf einem Bett lag und ich anscheinend in einem Krankenhauszimmer liegen tue. Mein Vater und mein Bruder sowie auch die Eltern von Negla standen in diesem Zimmer. Auf all ihren Gesichtern stand die Erleichterung geschrieben. Der Grund dafür ist mir jedoch nicht bekannt. Alle mir nahe stehenden Menschen stehen hier im Raum, außer sie. Wo kann sie nur sein und warum bin ich eigentlich hier. Ich will reden und nach ihr fragen, aber mein Mund fühlt sich einfach nur staubig und eklig an. Also ließ ich es sein. Auf einmal überkam mich wieder eine starke Müdigkeit und ich gab mein Bestes um wach zu bleiben und gegen diese anzukämpfen. Das erste Mal fielen sie zu, das zweite Mal fielen sie noch einmal zu, dennoch gab ich mir Mühe sie auf zu machen und als ich Negla erblickte,welche völlig durch den Wind war, konnte ich die Müdigkeit und das Gewicht meiner Augenlider nicht mehr ertragen und ich bekam mit einem Mal nichts mehr mit. Ich fiel in einen Traumlosen Schlaf. 

Talhas Sicht: 

Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es Negla aufzufangen, welche wohl ohnmächtig wurde. Was für ein Glück, Tamer geht es den Umständen entsprechen sehr gut alhamdulillah. Der Druck, welcher auf uns alle lag ist jetzt vorbei und am meisten lag er auf Negla und meine Mutter. Negla war täglich hier, sie hat ihre Arbeit aufgegeben um sich um Tamer zu kümmern. Höchstwahrscheinlich zerbrach sie unter dem ganzen Druck und das ist die Nebenwirkung dazu. Sie ist nervlich am Ende, das sieht man ihr sogar an. Wie ich das gemerkt habe, ihre Augenringe sind nicht zu über-sehen. Die Anstrengung steht ihr im Gesicht geschrieben. Ich hob Negla auf und trug sie zu dem Aufenthaltsraum der Krankenschwestern, welche mich sofort zu einem der leeren Räume führten. Sie taten das was man sonst auch immer tat, wenn man einen ohnmächtig gewordenen Patienten hat. Die Blutwerte messen. Den Blutdruck, den Sauerstoffgehalt, den Puls und den Zuckergehalt in Blut. Bei ihr fehlt es anscheinend an allem. Man machte ihr eine Infusion Ran, mit Zusatznahrung, welche ihr all ihr fehlendes wieder aufbringt. Ich blieb bei ihr, da ich mich ebenfalls verantwortlich für sie fühlte. Nach langer Zeit, würde sie aufwachen und ich merkte schon während ihres Schlafes, wie unruhig sie war. Sie wachte auf und die ersten Tränen fließen schon aus ihren Augen, bevor sie sie überhaupt geöffnet hatte. nun waren ihre Augen offen und man sah all ihre Gefühle in ihnen wiedergespiegelt. Sie schaute mich kurz an und senkte beschämt oder eher schuldbewusst. Dann fing sie an weinen zureden.

N.: Es ist alles meine Schuld, wäre ich nicht so scheiße zu ihm gewesen, dann wäre ihm auch nichts passiert... Aber nein, ich konnte ja nicht anders, weißt nur wegen mir hier. Hätte ich mich nicht verärgern lassen und wäre in Hamburg geblieben, dann wäre das alles doch nicht passiert. Jetzt bin ich hier  am Leben und er ist bei Allah, wegen mir ist er gestorben. Wäre ich bloß an seiner Stelle gewesen, dann hättet ihr alle nicht so viel Kummer gehabt.

Die ersten Sätze konnte ich nach vollziehen aber irgendwann zum Ende verstand ich worauf sie hinaus wollte. Sie denkt er ist von uns gegangen, sie gibt sich die Schuld für all das was passiert ist. Sie kann nichts dafür, Tamer ist doch der Dickkopf, der alles so eilig hinter sich bringen wollte. Ich hatte zu ihm gesagt er sollte noch etwas warten, bis ich mit ihr reden und sie nicht gleich überfordert wird. Abgesehen davon ist es eh Schicksal, und keiner von uns allen kann etwas dagegen tun. Ich versuchte von Anfang an sie zu beruhigen, aber als es nicht klappte, griff ich zu ihren Oberarmen und schüttelte sie so daß sie aufhörte, und mich nur noch geschickt an schaute. Meine Absicht war es nicht ihr Angst zu machen, sondern eher sie wieder in die Realität zurück zu bringen. Sie schaute mich an und ich sagte nur eins.

TA.: Er ist nicht tot.

Sie schaute mich irritiert an und schön mir nicht zu glauben.

N.: Talha, um mich zu beruhigen brauchst du mir sowas nicht zu erzählen. Ich hab doch gesehen wie ihr alle weinend im Zimmer gewesen seid, und als deine Mutter ihn abgedeckt hat mit der weißen Decke und bitterlich geweint hat.

TA.: Er ist wach er hat uns angeschaut und ist dann wieder eingeschlafen, sein Herz schlägt und er hat sich bewegt. Er atmet und zwinkert und blinzelt. So etwas machen lebendige nun Mal und in solch einer Hinsicht würde ich dich im leben nicht anlügen. Du hast ihn nicht gesehen als Mama ihn gedeckt hat oder? Du hast nur Mutters Rücken gesehen. Hättest du ihn gesehen, hättest du seine Blicke in diese Richtung gesehen und wie er zufrieden eingeschlafen ist.

Negla ♡ two bodies, one lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt