Kapitel 18

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Belle

"Steh auf", rüttelte jemand ungeduldig an meinem Arm.

Verschlafen öffnete ich die Augen und das Erste, was ich bemerkte, waren die unglaublichen Schmerzen am Hals bis hin zu meinem Nacken, welchen ich sofort knacken ließ. Mein Blick wanderte zum jungen Mann, der noch immer seine kalte Hand auf meinem nackten Oberarm hatte. Diese schlug ich sofort weg als ich bemerkte, dass es ein fremder Gelber war.

Seine schulterlangen roten Locken fielen ihm in die Stirn, als er sich vorbeugte um wieder unbeirrt nach meinem Arm zu greifen. Er zog mich widerwillig hoch auf die Beine und ließ dann ab, um meine Kette vom Ring zu lösen.

Derweil sah ich mich um. Jack war nicht da und sonst niemand anderer, nur der Gelbe und ich. Stirnrunzelnd blickte ich auf ihn, als er wieder mein unverletztes Handgelenk nahm und mich raus durch den Tunnel führte.

"Was passiert jetzt?"

Auf meine einfache Frage erhielt ich keine Antwort. Er verzog nicht mal das Gesicht. Ich wusste, ich würde keine Antwort bekommen, daher ließ ich mich einfach mitziehen.

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"Ich glaube, hier treffen wir auf Miss Krembs", flüsterte ich Jack zu.

Dieser nickte nur uninteressiert und sah sich weiter mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck um.

Auch ich wand meinen Blick ab und sah auf die edlen Stühle vor mir. Wir saßen gerade draußen im riesigen Garten des Hauptquartiers der Gelben und warteten. Sie hatten mit uns kein einziges Wort ausgewechselt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass diese Miss Krembs alles organisiert hatte und jetzt auf sich warten ließ.

Hin und wieder liefen Leute mit gelben Armbändern an uns vorbei und warfen uns komische Blicke zu. Jack nahm das alles locker hin. Er saß weit zurück gelehnt, mit verschränkten Armen, auf seinem Stuhl und kreuzte die Füße, die er weit streckte.

Schnaubend wand ich meinen Blick von ihm ab. Wie konnte er mit der momentanen Situation so entspannt umgehen, während ich mir aus Angst beinahe in die Hose machte? Mein rechter Fuß tippte ununterbrochen auf den Boden und ich rutschte die ganze Zeit unwohl in meinem Stuhl hin und her. Ließ sie uns extra so lange warten? Ich mochte sie jetzt schon nicht. Und inwiefern war sie mit dem alten Krembs verwandt?

"Habt ihr schon gegessen?" Chris setzte sich auf den Platz gegenüber von uns und sah mich fragend an.

"Nein, wir wurden sofort hierher gebracht. Kannst nicht du uns wenigstens erklären, warum wir hier sind?"

Er verzog den Mund und schüttelte bedauernd den Kopf. "Tut mir leid, aber das werdet ihr gleich selber erfahren"

Ein tiefer Seufzer entwich meinen Lippen. Womit hatte ich das alles verdient? In diesem Moment müsste ich eigentlich auf dem Weg zur Schule sein. Dort würde ich normalerweise Shelly treffen und mit ihr über den neusten Tratsch plaudern. Obwohl, was hieß plaudern?

Sie brachte mich immer auf den neusten Stand, ich hörte ihr aufmerksam zu und tat so als würde es mich interessieren, wer wen betrog und so weiter. Shelly und ich waren sehr beliebt in der Schule, aber trotzdem hatten wir nur uns zwei. Manchmal waren noch andere Freundinnen bei uns.

Ich wollte fast nie was mit anderen unternehmen, da ich immer das Gefühl hatte, ausgenutzt zu werden. Immerhin war ich in der Anführer-Familie der Führungsfarbe. Bei Shelly war das keineswegs so. Bei ihr fühlte ich mich normal und trotzdem ehrlich geliebt.

"Schau nicht so trüb", hörte ich eine leise Stimme. Ich neigte meinen Kopf zur Seite.

"Was?"

"Schau nicht so, als hätte man dir gerade erzählt, dass man dich ab sofort verhungern lassen würde. Schau bisschen selbstbewusster"

Mein skeptischer Blick wanderte einmal zu Jack, ehe ich mich aufrichtete und versuchte eine möglichst aufrechte Haltung einzunehmen. Er hatte Recht! Ich durfte mich nicht als schwach und klein präsentieren. Ich hatte keine Angst. Jetzt brauchte ich dieselbe Einstellung wie bei den Farblosen. Mut und Selbstbeherrschung.

"Schon viel besser", zwinkerte Jack mir zu.

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Nach zwei Stunden kam eine junge Frau, Mitte 20, auf uns zu und stellte sich als Alecia Krembs vor. War es wirklich nötig gewesen, uns ganze zwei Stunden, bei Regenwetter warten zu lassen? Sie hatte schwarze schulterlange Haare, blaue Augen, die an ein Ozean erinnern, und war knochendünn. Auf ihren protzigen roten High Heels schien sie noch größer. In ihrem schwarzen Minikleid, sah man ihre hellen langen Beine und erinnerte mich stark an ein Model.

Sie setzte sich neben Chris, der vor Kurzem noch stand um sie mit einer kleinen Verbeugung zu begrüßen.

"Ich werde nicht lange um den heißen Brei reden", begann sie sofort.

Sie warf mir einen strengen prüfenden Blick zu, weswegen ich mich auf der Stelle mickrig fühlte. Aber ich hielt ihrem Blick stand und reckte mein Kinn einwenig. Auch Jack hatte sich einwenig aufgerichtet und sah sie mit einem forschenden Blick an.

"Wie du bestimmt weißt, ist mein Großvater, Bill Krembs, seit ungefähr fünf Jahren verschwunden. Es ist gleich nach drei Monaten nach dem Tod deiner Mutter passiert. Er machte einen Spaziergang und kam nie wieder zurück. Wir sind der Sache gründlich nachgegangen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, was passiert sein könnte. Ob er nun entführt wurde, ihm etwas passiert ist oder ob er einfach abgehauen ist, ist bis heute noch unklar."

Ihre blauen Augen blickten ernst in meine. "Wir denken nicht, dass es ein Zufall war, dass dieses Ereignis gleich nach dem Tod von seiner Tochter passiert ist. Wir denken es hat was damit auf sich."

Kritisch hob ich eine Augenbraue. Was wollte sie damit andeuten?

"Ich verstehe nicht ganz", sagte ich ehrlich.

Aber auf ihre nächste Frage war ich nicht vorbereitet, weswegen dies mir, wie ein kräftiger Schlag in die Magengrube vorkam. Meine Finger verkrampften sich, mein Mund wurde plötzlich ganz trocken und mein Verstand setzte einen Moment komplett aus. Was sollte das bedeuten?




#13 in Science-Fiction 🙈😍
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Dankee!

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