Kapitel 10 ✔️

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Belle

Schon den ganzen Tag lief ich durch den Wald. Es war bereits stockdunkel und mein Magen war am Rebellieren. Wasser. Ich brauchte Wasser, um wenigstens meinen Mund zu befeuchten und dem kratzigen Hals entgegen zu wirken. Mir taten die Füße vom vielen Gehen weh, meine Fußsohlen brannten wie Feuer.

Mein Blick wanderte durch die Gegend, mit dem Ziel, einen bekannten Ort zu erfassen, der mich nachhause führen würde. Ich lief immer tiefer in den Wald und wusste nicht mehr wo ich überhaupt war. Selbst den Weg zurück zu den Farblosen würde ich nicht wieder finden. Ja, ich hatte mich verlaufen.

Mir war nach Weinen zumute, aber es kamen keine Tränen auf.

Der Wald schien viel unheimlicher in der Nacht, aber meine größere Angst war, gefunden zu werden. Deswegen stampfte ich weiter durch den dreckigen Laub und kickte hin und wieder Äste und Steine durch die Gegend. Mit jedem Schritt den ich setzte, schien meine Energie schrittweise nachzulassen. Doch bevor ich auch daran denken konnte, schlapp zu machen, verdrängte ich diese Möglichkeit schnell aus meinem Kopf.

Weiter!, rief ich mir in Gedanken ein.

Ich schaffte es eine weitere Stunde, aber dann konnte ich nicht mehr. Egal, wie sehr ich mich noch motivierte, mir fehlte die Kraft.

Ich setzte mich auf einen Stein, streckte meine Beine aus und rieb mit den Händen über sie, da es sehr kalt war und mein Kleid vorne nur knapp über meine Knie ging. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken entlang, deswegen rieb ich abwechselnd mit den Händen über die Arme und Beine.

Hätte ich doch nur meinen Mantel bei mir.

Nun saß ich hier und versuchte mich irgendwie aufzuwärmen.

Bis jetzt hatte ich es geschafft, nicht über meine Mutter nachzudenken. Jack sprach so, als würde er sie kennen, aber war das überhaupt möglich? Ich meine, so gut wie jeder in diesem Land kannte den Namen meines Vaters, William, und den meiner Mutter, Caroline. Die Meisten kannten auch mich, Belle Night als die Rote Prinzessin.

Doch diesmal war es irgendwie anders. Er nannte ihren Namen nicht wie ein Fremder, sondern wie ein Bekannter von ihr. Jedoch entsprach genau dies der Unmöglichkeit.

Frustriert schmiegte ich meine Beine an meinen Oberkörper und umschlang diese mit meinen Armen. Meinen Kopf legte ich auf den Knien ab und starrte in die Finsternis. Nur der pfeifende Wind, welcher durch die Grashalme fuhr und die Blätter zum Rascheln brachte, war zu hören. Noch nie fühlte ich mich so alleine wie in diesem Moment.

Müde schloss ich die Augen und atmete tief die kalte Luft ein und wieder aus. Dad suchte bestimmt schon nach mir. Er würde mich finden und dann würde alles wieder gut werden. Ich glaubte fest daran. Deswegen zwang ich mich, meine Augen zu öffnen. Es war zu kalt hier draußen, weswegen ich nicht einschlafen durfte.

Steh auf und beweg dich!

Genau das tat ich auch. Nun stand ich mitten im Wald, hüpfte auf und ab und joggte schließlich weiter.

Mit der Zeit verspürte ich keine Kälte mehr, aber ich spürte kaum noch Kraft in meinen Beinen. Mir fehlte diese Kraft um noch weiter zu laufen, deswegen stoppte ich ausgelaugt und ließ mich einfach auf den dreckigen Boden fallen und lehnte mich an ein Baum.

Plötzlich zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen und ich verkrampfte. Meine Hand fand den Weg zu meinem Bauch und mir entfloh ein Keuchen.

Augenblicklich flossen wieder Tränen aus meinen Augen. Ich stützte mich mit einer Hand auf dem Boden ab und beugte mich vor, während ich mit der anderen Hand fest auf mein Bauch drückte. Dann stöhnte ich und musste das Gesicht verziehen als ein weiterer Krampf folgte. Es waren schmerzen, die ich nicht kannte. Was zur Hölle geschah nur mit mir?! Ich hatte nur ein Stück Brot am Morgen zu mir genommen und kaum Wasser getrunken.

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt