Kapitel 62 ✔️

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Belle

»Ich kann sie erschießen, dann ihren Vater.«, sprach Jack mit ruhiger Stimme.

Die Art, wie er das sagte, vorsichtig und bedacht, beruhigte mich ein wenig. Trotz der Worte und trotz der eigentlich Bedeutung dahinter. So merkte ich zumindest, dass er einen Plan hatte. Er wird uns nichts tun.

»Aber was haben wir dann davon?«, fuhr er fort.

Mein Herz klopfte stark gegen meinen Brustkorb. Da war es. Der Plan. Er wollte sein Volk beschwichtigen und sie des Besseren belehren. Er zwang sie, nachzudenken.

Und das erreichte er auch. Die Menschen krausten größtenteils die Stirn und warfen sich fragende Blicke zu.

»Rache.«, funkte Bill zornig dazwischen und sah seinen Enkel mit Abscheu an. »Und jetzt töte sie.«

Gespannt hielt ich den Atem an. Ich hatte keine Angst. Jack liebte mich, er würde das nicht tun.

»Nein.«, sagte Jack entschlossen.

Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer und ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen, das ich mir sofort unterdrückte. Nicht jetzt.

Ich vertraute ihm. Er würde das Richtige tun. Daran glaubte ich.

Empörung in der Halle.

Erleichtert schloss ich die Augen und füllte meine Lungen langsam mit Sauerstoff. Ich atmete tief ein und wieder aus. Konzentriert. Auch wenn ich mich bereits damit abgefunden hatte zu sterben, hätte ich es nicht ertragen, wenn es Jack getan hätte. Wenn er derjenige gewesen wäre, der meinem Leben ein Ende setzte.

»Was wird das?«, zischte Bill leise hinter mir, weswegen ich ein weiteres Mal ein Grinsen zurückhielt.

Jack ignorierte seinen Großvater und ging in die Mitte der Bühne. Mein Blick, so wie alle anderen, schnellte zu ihm.

Vertrau ihm., flüsterte die allzu bekannte Stimme in meinem Kopf.

»Wir können jeden Einzelnen von ihnen erschießen, ja, aber ist das wirklich Rache? Während wir über Jahrzehnte vor uns hin gelitten haben, sollen sie einen schnellen Tod haben. Ist das euch gegenüber fair?«

Damit hatte ich nicht gerechnet. Zur Hölle, was sollte das werden? Wovon sprach er?

»Ihr solltet mitentscheiden, wie diese Ungeheuer bestraft werden. Sollen sie dasselbe über Jahre hinweg wie wir erleiden oder lieber ein schneller schmerzloser Tod?«

Ein Chaos brach aus. Es wurde wild miteinander diskutiert. Man merkte, dass sie ihre Meinungen änderten. Man merkte, dass sie Jack Recht gaben.

Doch ich verstand die Welt nicht mehr. Er wollte uns leiden lassen. Er wollte mich leiden lassen. Warum?

»Gerechtigkeit!«, brüllte jemand aus der Menge.

»Bestrafung!«, rief ein anderer.

Verzweifelt huschte mein Blick zu Jason, der im selben Moment zu mir sah. Er wusste, was wohl auf uns zukommen würde, denn nur das erklärte seinen hoffnungslosen Blick. Er sah wieder weg.

Meine Augen wanderten zu den Farblosen.

»Wer ist für meinen Weg?«, brüllte Jack laut und erntete lautes Klatschen.

Die Menge war vollkommen aus dem Häuschen.

»Wir sind die neue Regierung, wir werden alles ändern! Unsere Farblosigkeit hat ein Ende. Unser Leid hat ein Ende!«

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt