Kapitel 32

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Belle

"Belle?", erklang Sierras Stimme. "Wo gehst du hin?"

Erschrocken stoppte ich und wagte es nicht mich umzudrehen. Was jetzt?! Tiefdurchatmend drehte ich mich dann schließlich zu ihr und blickte direkt in ihre blauen Augen. Auch die Empfangsdame blieb stehen und wartete auf mich. Ich konnte spüren, wie ihr Blick zwischen Sierra und mir wechselte wie ein aufregendes Ping-Pong Match.

"Etwas zu trinken holen, willst du auch etwas?" Meine Stimme stieg unbewusst ein paar Oktaven höher.

"Nein", sie schien verwirrt. "Komm dann zu Emmy. Dein Vater hat nach dir gefragt."

Diese Aussage erwiderte ich nur mit einem Augenrollen. Ich war nicht mal fünf Minuten weg. Aber ich würde wahrscheinlich Zeit brauchen. Viel Zeit. Und diese müsste ich mir jetzt irgendwie verschaffen.

Sierra wand sich bereits dem Gehen zu, aber ich hielt sie noch auf. "Ich werde gleich eine Freundin aus der Schule besuchen. S-Sie wurde erst vor kurzem hier eingeliefert. Ruft mich an, wenn ihr geht."

"Okay" Und schon war sie weg.

Endlich konnte ich wieder aufatmen und mich meinem Plan widmen. Die noch immer hinter mir wartete.

"Tut mir leid, aber sie weiß noch nicht über alles Bescheid", zuckte ich mit den Achseln und kam ihr näher. Ihrem verdutzten Gesichtsausdruck schenkte ich vorerst keine Bedeutung. "Wenn wir jetzt los könnten, ich hab noch was zu tun."

"Äh ja natürlich", stotterte sie und lief weiter. "Hier entlang"

Mit diesen Worten stiegen wir ins Aufzug und fuhren in das tiefste Stockwerk, dessen Knopf nur mit einem Schlüssel betätigt werden kann. Aufgeregt betrat ich einen kleinen Vorraum und danach einen etwas dunkleren Raum mit vielen Regalen. Neugierig beäugte ich das große Zimmer und lief auf einen Regal zu, welcher mit den verschiedensten Boxen und Büchern bestückt war. Auf jeder dieser kleinen Kiste stand ein Name und ein Datum drauf. Was das alles zu bedeuten hatte, wusste ich nicht.

"Hier werden alle Daten von Farblosen gelagert, die auch nur dieses Gebäude betreten haben.", wurde mir schließlich erklärt. "Hier sollten Sie finden, was Sie suchen und wenn nicht, war diese Person niemals hier"

"Und was wenn diese Person, nie hier empfangen wurde, weil er eben aus dem schwarzen Viertel stammt?", fragte ich neugierig nach. "Wie funktioniert das alles?"

Zack wurde angeblich nicht aufgenommen und behandelt.

"Das spielt keine Rolle, denn in allen Armbändern dieses Landes, sind Chips eingebaut. Diese können nicht geortet werden. Aber nur in öffentlichen Betrieben, wie unser Krankenhaus ist es erlaubt, Chipreaders zu nutzen. Das heißt, überquert einer das Eingangstor, so wird dies eingelesen und sofort gespeichert. Diese eingespeicherten Daten werden automatisch an unser PC gesendet und ausgedruckt. Wir haben unsere Geräte so eingestellt, dass nur Leute aus dem schwarzen Viertel verzeichnet werden. Nur vertraute Mitarbeiter, die Ihr Vater bestimmt hat, dürfen genauer über den Grund für den kurzen Aufenthalt hier recherchieren und sortieren diese schließlich in die Regale nach Name und Registrierdatum.", erklärte die Dame sachlich und deutete auf die verschiedenen Bücher und Kisten.

"Und wie finde ich das, was ich suche?"

"Ganz einfach.. Sie tippen hier am Computer so viele Informationen, die sie wissen, ein." Sie klickte paar mal auf dem Touchscreen herum und zeigte, dann auf ein Ausfüllformular. "Dann werden ihnen Übereinstimmungen gezeigt und dahinter stehen die jeweiligen Regalnummern. Sie suchen sich die gesuchte oder am wahrscheinlichsten wirkende Person aus und in dessen Box können Sie alle Daten vorfinden, die wir über diese Person herausfinden konnten."

"Danke", antwortete ich etwas überrumpelt. "Sie können sich wieder Ihrer Arbeit widmen"

"Eigentlich wäre es mir lieber, wenn ich hier-...", begann sie.

"Nein", unterbrach ich sie streng. "Ich schaffe das schon, gehen Sie Ihrer Arbeit nach. Das hier ist ein Krankenhaus"

"Wie Sie meinen, Miss Night"

Die junge Frau musterte mich noch einmal kritisch ehe sie komplett verschwand. Nervös pustete ich die angestaute Luft in mir aus und setzte mich an den Computer. Ich füllte alles, was ich wusste aus. Vorname, Alter, einige Verwandte, Datum der Ankunft im Krankenhaus, Krankheit und Farbe. Mehr wusste ich nicht.

Geduldig wartete ich darauf, dass mir Ergebnisse gezeigt werden. Nicht mal nach wenigen Sekunden, wurden verschiedene Namen aufgelistet. Meine Augen flogen nur so über die Wörter und Zahlen.

Zack Milton ... Registerjahr: 2067 ... keine Verwandte

Zack Rice Nelton ... Registerjahr: 2078 ... Nina Nelton.

Schnell überflog ich die restlichen 80 vorgeschlagenen Farblosen und kam an die letzten paar.

Zack Thomson ... Registerjahr: 2096 ... Mylane, Drake und Claire Thomson.

Gefunden!

Ich klickte auf diesen Kandidaten und konnte mir dadurch ein Bild von ihm ansehen. Es zeigte mir einen kleinen Jungen, der gerade ein Brot aß und wegsah. Seine braunen Haare und die blauen Augen erinnerten mich an Drake. Es gab keine Zweifel, dass er sein Bruder war.

Nachdem ich mir die Regalnummer gemerkt hatte, suchte ich nach seiner Kiste.

Als ich es fand, zog ich sie schnell heraus und sah mich nochmal kurz um. Aus Instinkt. Niemand durfte wissen, dass ich nach seinen Daten gesucht habe.

Mit der Box in meiner Hand setzte ich mich wieder auf den Stuhl vor dem Computer. Schluckend starrte ich die graue Schachtel an. Auf einmal war ich mir nicht mehr so sicher. Was, wenn Jack Recht hatte, und mein Vater wirklich die Behandlung Farbloser verweigerte? Wie könnte ich meinem Vater wieder in die Augen sehen, wissend, dass er Schuld am Tod vieler Unschuldiger war?

Meine zitternden Hände fanden schließlich den Weg zur Deckel, aber ich wartete kurz. Atmete durch und öffnete sie. Ich musste es herausfinden.

Darin befanden sich ein paar Fotos, ein USB-Stick und ein weißer Umschlag. Vorsichtig zog ich alles heraus und sah mir sie genauer an.

Plötzlich ertönten laute Geräusche aus der Richtung vom Vorraum, wo sicher der Aufzug befand. Jemand kam hierher!

Kurzerhand steckte ich den Umschlag mit den Fotos in meine hintere Hosentasche und hetzte mit der Box zurück zum Regal, um es zurückzulegen. Dann sprintete ich zum Tisch und krallte mir die kleine Speicherkarte.

"Was machst du da?!", hörte ich eine vertraute Stimme, weswegen ich erschrocken inne hielt.

Ich ballte meine Faust, um die Kate versteckt zu halten und drehte mich langsam um.

"Dad?" Meine Hände verschwanden automatisch hinter dem Rücken.

"Was machst du hier?", fragte er und kam mir langsam näher. "Und was hast du hinter deinem Rücken?"

Verdammt!

Nervös biss ich mir auf die Innenwangen und schaukelte auf den Fußballen vor und zurück. "Nichts"

"Belle" Seine Stimme klang warnend. Er öffnete seine Hand und sah mich verlangend an. "Her damit"



Noch immer auf Platz 1! 😲😍

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