Belle
"Abendessen"
Chris legte zwei Tabletten vor uns ab und verschwand gleich darauf wieder ohne noch irgendwas zu sagen. Komisch. Würde er nicht eigentlich versuchen sich mit mir zu unterhalten?
Ich schleifte zur Mitte des Raums und deutete Jack, sich zu mir zugesellen, was er gleich darauf auch tat. Er stand stöhnend auf und ließ sich dann neben mir auf den kalten Boden nieder. Wir saßen nun nebeneinander und aßen in Ruhe unser Essen.
Meine Laune war seit vorhin noch schlechter geworden. Auf keinen Fall wollte ich, dass man Jack folterte. Ich hatte selber panische Angst vor Schmerzen und vielleicht konnte ich es deswegen nicht ertragen, wenn jemand anderem Schmerzen zugefügt werden. Außerdem hatte er auch so schon Schmerzen.
"Und, hast du schon einen Plan wie wir hier rauskommen?", flüsterte ich in die Stille und drehte meinen Kopf zu Jack.
"Wieso flüsterst du?", erwiderte er genauso leise und schmunzelte leicht.
"Damit uns niemand hört?", kicherte ich, noch immer in der selben Lautstärke.
Auch er lachte nun und antwortete in dem normalen Ton: "Du denkst doch nicht ernsthaft, man kann uns hier hören, oder?"
"Ich weiß nicht", zuckte ich mit den Schultern und biss in mein Brot.
Gott, hatte ich Hunger. Ich nahm gierig einen Schluck aus meiner Wasserflasche und verschlang den Rest in binnen Sekunden. Jack sah mir kopfschüttelnd zu und aß dann sein Essen.
"Hast du noch Hunger?", fragte Jack mich, als ich die Gabel wieder zurück legte. Heute gab es Reis mit Brot.
Um ehrlich zu sein, könnte ich locker noch mehr essen, aber ich hatte nichts mehr. Wir bekamen leider nur kleine Portionen.
"Nein, ich bin satt", log ich, da ich nicht wollte, dass er mir was von seiner Mahlzeit abgab.
Er hatte selber noch gar nichts gegessen. Es wäre sehr egoistisch von mir, auch was von ihm zu essen. Egal wie groß mein Hunger jetzt noch immer war.
"Lüg nicht", lachte er belustigt auf. "Ich kenne inzwischen deine hungrigen Blicke"
"Hey", ich schlug ihm spielerisch auf den Oberarm. "Ich habe keine hungrigen Blicke! Was bin ich, ein Tier?"
"Also in letzter Zeit..", er kassierte noch einen Schlag.
Lachend schüttelte er den Kopf. "Hier nimm das und iss es bitte. Ich bin schon voll"
Er lehnte sich zurück, machte sein Bauch extra dick und klopfte zweimal darauf. Ich konnte es nicht mehr aushalten und prustete los. "Du Fettsack, dann tue ich dir einen Gefallen und esse dein Brot. Aber natürlich nur, damit du nicht weiter zunimmst"
"Du ...", begann er grinsend, aber ich unterbrach ihn.
"Jaja dank mir später" Ich warf theatralisch die Haare nach hinten, schnappte mir das restliche Stück Brot von ihm und biss genüsslich rein.
Ich wusste selbst nicht, wieso wir uns wie normale Teenager verhielten, die nicht in einem Kerker hockten.
Außerdem, seit wann verstand ich mich mit Jack so gut? Er war mein Feind, oder nicht? Ich schob den Grund einfach auf die momentane Situation. Es tat richtig gut mit jemandem normal reden zu können und, wenn auch nur für einen winzigen Moment, sich abzulenken.
"Wie du meinst", er hob beschwichtigend die Arme und aß sein Reis fertig.
Es war still und jeder lag wieder auf seiner Seite, ich hatte meinen Arm unter meinen Kopf gelegt und mit dem anderen rieb ich mir durchgehend über die nackten Beine, um mich irgendwie zu wärmen. Es war verdammt kalt und unbequem auf dem Beton zu schlafen. Ich würde sicher krank werden. Trotz allem schloss ich die Augen, beschwerte mich nicht und versuchte einzuschlafen.
Nach einer Zeit der Stille, hörte ich Jack aufstehen und schwere Schritte auf mich zukommen. Mir wurde etwas drauf gelegt, etwas Warmes. Es bedeckte meine Arme und Beine, weswegen mir schnell wärmer wurde und ich mich entspannter rein kuschelte.
"Seh es als, einen kleinen Teil meines Dankes an", flüsterte jemand, aber ich war viel zu müde um überhaupt meine Augen zu öffnen.
So driftete ich, zum ersten Mal seit langem, zufrieden und ohne große Probleme in die Welt der Träume.
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"Es wird bald einer kommen", erklärte Jack. "Dann wirst du so laut du kannst nach Hilfe rufen, während ich so tue, als ob ich gerade am Sterben wäre oder so. Da lass ich mir noch was einfallen ... Wenn dir dann jemand zur Hilfe eilt, überrasche ich ihn und ..."
"Du bringst ihn aber nicht um", funkte ich kurz dazwischen um mich zu vergewissern, das niemand wirklich verletzt wird.
"Nein, ich werde ihn nur solange schlagen bis er ohnmächtig wird, zufrieden?"
Ich wusste nicht ob ich Ironie in seiner Stimme wahrnahm. Ich hoffe nicht.
"Ja"
Jack verdrehte die Augen, aber erzählte letztendlich weiter: "Wenn wir es leicht haben, wird er alleine sein und wenn nicht, wird alles nur schwerer und komplizierter. Trotzdem können wir es schaffen, wenn wir auch nur einen ausschalten können."
Bei seiner Wortwahl biss ich mir auf die Unterlippe um mein Grinsen zu verstecken. 'Ausschalten'. Ich kam mir vor wie in einem dieser sehr alten Superhelden-Filme. Jack seufzte nur, als er dies bemerkte und fuhr sich einmal frustriert durch die Haare und warf mir einen ernsten Blick zu.
"Also ... Ich schnappe mir seine Waffe, wir spazieren durch den Tunnel, finden den Weg nach draußen, suchen uns eine kleine sichere Unterkunft, verkleiden uns und hauen ab. Spätestens übermorgen Abend sollten wir dann wieder beim schwarzen Lebensviertel sein, wenn alles gut läuft. Noch welche Fragen?"
Dieser Plan hatte so viele Schwachstellen. Wie sollten wir hier rausfinden ohne entdeckt zu werden? Wo sollten wir unterkommen, wenn wir im gelben Viertel waren? Und ...
"Ich habe genau zwei Dinge zu sagen", räusperte ich mich.
Jack nickte. "Ja?"
"Erstens: Wie willst du das mit deiner Verletzung am Bauch schaffen?"
"Das packe ich schon"
Ich sah ihm skeptisch dabei zu, wie er sein Shirt ein wenig hochzog und dann gleich wieder runter, bevor ich etwas sehen konnte. "Und weiter?"
"Das Zweite wäre: Ich werde nach Hause gehen und nicht zu den Farblosen."
Ich verschränkte demonstrierend die Arme vor der Brust und wartete seine Reaktion ab.
"Vergiss es", zischte er sofort.
"Denkst du ehrlich, ich mache bei dieser Aktion mit? Lieber verpfeife ich dich an die, und sie beginnen sogar früher mit der Folterei, hm, wie gefällt dir das?", zog ich siegessicher eine Augenbraue hoch.
Natürlich würde ich das nie machen, aber man darf doch wohl bluffen. Ich glaubte fest an eine gute Seite in ihm. Er war kein schlechter Mensch. Ich meine, wieso sonst, würde er seine einzige Stoffjacke über Nacht auf mich legen, um mich zu wärmen?
Jack's Mund klappte auf und er sah mich böse an.
"Das würdest du nicht machen", gab er zu bedenken.
"Dann lass es doch darauf ankommen", konterte ich.
Könnten Blicke töten, wäre ich jetzt schon tot umgefallen.
"Na gut, einverstanden", presste er schließlich mit angespanntem Kiefer hervor.
Mal eine Frage so nebenbei, weil es mich wirklich interessiert: Wie seid ihr auf mein Buch aufmerksam geworden? 🤔🤗
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Red Princess
Science FictionNEUE VERSION „Red Princess - Die Suche nach der Roten Prinzessin" AUF MEINEM ANDEREN ACCOUNT @RealNez ••• Jedes Land hat seine eigenen Sitten und Bräuche. Genau wie dieses Land. Dieses Land heißt Colouri, gegründet im Jahr 2050. Es ist wie sein Na...