Epilog ✔️

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• 3 Monate später •

Schwarz war alles was ich sah, weil eine Augenbinde auf meine geschlossenen Augenlider drückte. Blind wurde ich durch die Natur geführt, wobei meine Arme hinten festgehalten wurden. Ich spürte spitze Dornen meine Beine streifen und hörte das Zirpen der Grashüpfer in nicht weiter Ferne. Der Wind pfiff mir durch die Haare und jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken.

Wo brachte man mich hin?

Niemand wechselte auch nur ein Wort mit mir aus. Die Ungewissheit brachte mich beinahe um. Mein Vater hatte aufgegeben, meine Mutter mich verraten und wo sich die anderen befanden, war ungewiss. Oder ob sie überhaupt noch am Leben waren.

Das Herz rutschte mir in die Hose. Waren die Schwarzen wirklich so erbarmungslos?

Das Zeitgefühl hatte ich längst verloren. Kaum erwachte ich aus dem Koma, wurde ich auf die Beine getrieben und in ein weißes Kleid gequetscht. Das weiße Armband hatte ich bereits.

Weiß war das neue Schwarz. Jetzt waren es die Roten und Blauen, die ausgeschlossen wurden. Um es mir unter die Nase zu reiben, legte man die aktuellsten Zeitungsartikel auf den Tisch im Krankenzimmer. Das erste was ich versuchte, als ich wieder zu Kräften kam, war es, einen Fluchtversuch zu starten. Die Tür war abgesperrt, die Fenster vergittert. Schon bevor ich daran denken konnte, war die Sache abgehackt.

Plötzlich stolperte ich über einen Ast und flog auf den Knien zu Boden. Meine Gliedmaßen brannten wie Feuer, meine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Und als ich mich wieder auf die Beine stellen wollte, drückte mich wer an den Schultern runter. Ängstlich entzog ich mich den kühlen Händen und hielt mir die verbundenen Hände schützend über meinen Kopf.

Mein Atem ging nur stoßweise. »Was wollt ihr von mir?«, traute ich mich endlich zu fragen.

Keine Antwort.

Ich schwieg. Ich wartete. Ich seufzte.

Automatisch zuckte ich zusammen, als kalte Fingerspitzen das Augenverband von meinen Augen nahmen. Blinzelnd kniff ich die Augen zusammen, da mich das plötzliche Tageslicht blendete. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Auch das Seil um meinen Handgelenken wurde gelöst. Sofort rieb ich mir über die roten Abdrücke auf den Gelenken und sah nun auf. Erst konnte ich nur Bäume sehen, dann drehte ich mich um und begegnete den Blicken vieler Schwarzer.

Doch in diesem Augenblick sah ich nur ihn. Der Rest verblasste in meinem Blickfeld. Denn sein Blick lag auf mir und ließ mein Herz augenblicklich schneller schlagen. Seine Hand erhob sich leicht, worauf alle anderen uns den Rücken zukehrten und sich von hier entfernten. Und als niemand von ihnen mehr zu sehen war, stand ich langsam auf.

Jack stand ungefähr zwei Meter auf Abstand. Seine Hände ruhten in den vorderen Hosentaschen. Er stand so ruhig und gelassen da, dass es mir nicht in den Sinn kam, was es für Möglichkeiten gab, die er mir antun könnte.

Warum waren wir mitten im Wald?

Unsere Blicke verhakten sich ineinander. Meine Augen strahlten gutmöglich Verzweiflung aus, während ich seine Gefühle nicht ablesen konnte. Er war für mich ein einziges Labyrinth. Seine Laune, seine Gefühle, sein Verhalten ... alles was er tat war für mich unvorhersehbar. Ich dachte, dass ich ihn kenne, aber da log ich mich wohl selbst an. Ich ließ zu, dass er zu einem der wichtigsten Bestandteile meines Lebens wurde.

»Willst du nichts sagen?«, fragte ich leise und machte einen Schritt auf ihn zu. »Willst du mir nicht erklären, was jetzt passieren wird?«, fuhr ich fort; hoffnungslos. Uns beiden war klar, dass es keine Zukunft für uns beide gab. Aber ich wollte ihn nicht aufgeben.

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt