Kapitel 33

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Belle

Unauffällig tauschte ich mein Handy mit der Karte aus und überreichte ihm schließlich mein Telefon. Dabei setzte ich einen reumütigen Gesichtsausdruck auf und schloss die Augen. Er musste es mir einfach abkaufen!

"Du hast dein Handy versteckt?", fragte er unglaubwürdig nach. "Für wie blöd hältst du mich eigentlich?!"

"Dad ich-..", versuchte ich die Situation zu retten, aber mein Vater unterbrach mich.

"Lüg mich nicht an!", zischte er wütend und kam noch näher. "Wieso lügst du die Dame an der Rezeption an?! Nach was genau suchst du?"

Ich blieb still und sah auf meine Füße. Er hatte es herausgefunden. Konnte ich mich überhaupt noch ausreden? Wusste er bereits darüber Bescheid, dass ich nach Zack Thomson gesucht habe?

"Sag mir die Wahrheit. Sofort!", hob er warnend den Finger.

"Ich soll die Wahrheit sagen?", wurde ich auch langsam wütend. "Was ist mit dir, hm?"

"Lenk nicht vom Thema ab!"

"Wann warst du je komplett ehrlich zu mir?! Erst heute habe ich herausgefunden, dass Farblose in diesem Krankenhaus gar nicht behandelt werden dürfen... Weil es dein Befehl war!", warf ich ihm laut vor. "Du hast mir immer erzählt, dass jeder hier angenommen wird, weil die menschliche Gesundheit über alles kommt. Du hast gelogen!"

"Ich habe nicht gelogen. Menschen, die es verdient haben, werden behandelt. Kriminelle sind hier aber unerwünscht.", er deutete auf den Boden. "Hier, haben sie nichts verloren, okay?!"

"Auch Kinder?", fragte ich mit gebrochener Stimme.

Es war kaum zu glauben, was da mein Vater gerade von sich gab. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber er war ein Monster. Er war der Inbegriff eines kaltblütigen Monsters.

"Wenn es ihre Kinder sind, dann ja, sie sind hier ebenfalls nicht erwünscht."

Bei den Worten gefror das Blut in mir. Meine Sicht verschwamm und mir wurde schwindelig. Nein, das hatte er nicht gesagt. Das war nicht mein Dad.

Er hat doch selbst zwei Töchter. Wie konnte er so radikal denken?

Ich schüttelte den Kopf und verzog den Mund. "Wie kannst du nur sowas sagen, Dad?"

Langsam nahm er mein Gesicht in seine Hände und sah mir mitfühlend in die Augen. Oder er tat so, als ob er Mitleid hätte. Das hatte er aber nicht. So ein Mensch konnte keine Gefühle haben. Und genau von so einem Menschen stamme ich. Ich schämte mich auf einmal dafür. All der Stolz, dass ich einen tollen mächtigen Vater habe, verschwamm und ließ nur eine große Leere zurück, die sich langsam mit Verachtung füllte.

"Ich weiß nicht, was sie dir im schwarzen Viertel angetan haben, aber es tut mir leid, dass ich es nicht verhindern konnte.", flüsterte er. "Ich konnte dich nicht vor ihren Lügen beschützen."

"Dad", sagte ich ruhig. "Lass mich los"

Seine Hände fielen schlaff zur Seite und er sah mich weiterhin an. Diesmal verletzt. "Sie haben es also geschafft dich gegen mich zu wenden"

Erneut schüttelte ich den Kopf und sah ihn direkt an. Meine Augenbrauen schossen zur Mitte. Wie konnte er sowas behaupten, nachdem er mir erzählte, dass er indirekt Schuld an Zacks Tod war? Einem achtjährigen Jungen. Und wer weiß, noch von wie vielen anderen Unschuldigen.

"Sie haben mich nicht gegen dich aufgehetzt. Du allein warst es!" Entschlossen hob ich den Kopf und funkelte ihn böse an. "Allein deine Herzlosigkeit!"

Plötzlich verspürte ich ein schmerzhaftes Ziehen in meiner linken Wange und ich fiel schmerzhaft zu Boden. Instinktiv langte ich mir an die brennende Wange, die sich auf einmal taub anfühlte und kroch zurück.

Ich traute mich nicht meinen Blick zu heben. Aber als er etwas vor sich hin murmelte und sich zu mir kniete, zog ich mich weiter zurück. Meine Unterlippe fing an zu beben, aber ich schaffte es die Tränen noch zurück zuhalten. Ich wollte nicht nochmal weinen. Nicht vor ihm. Keine Schwäche zeigen!

Stur reckte ich mein Kinn und sah ihm direkt in die Augen. Ich funkelte ihn so böse, wie ich konnte, an. Meine Augen waren leicht glasig, aber ich schaffte es noch. Nicht weinen!

In seinem Blick lag die pure Reue. Aber das ließ mich kalt.

"Belle ich-.."

Ihn ignorierend stand ich auf, verließ den Raum und rannte zu den Treppen nach oben. Im Erdgeschoss klopfte ich ungeduldig an der verschlossenen Tür, die mich wieder zurück zum Eingang führen würde. Als diese endlich geöffnet wurde, stürmte ich an dem fremden Mann, der mir die Tür geöffnet hatte, vorbei.

Ich rauschte an den Sicherheitsleuten vorbei, nach draußen. Ohne groß nachzudenken fing an zu rennen. Ich sprintete durch den Parkplatz in Richtung meines Zuhauses. Auf dem Weg hielt ich kein einziges Mal an.

Aber kurz bevor ich an meinem Ziel ankam, stoppte ich außer Puste und stützte mich auf den Knien ab.

Ich wollte nicht nachhause. Zumindest nicht jetzt. Diese Gelegenheit sollte ich jetzt ausnutzen und erst am Abend zurückkehren.

Festentschlossen änderte ich meinen Kurs und lief nun Richtung Wald. Auf dem Weg sah ich kurz auf. Der Himmel färbte sich bereits orange. Dumm, dass ich mein Handy Dad gegeben hatte, jetzt wusste ich die Uhrzeit nicht.


Vorsichtig setzte ich mich auf den kalten Stein und atmete wohltuend die frische Waldluft ein. Meine Mundwinkel fingen automatisch an zu zucken. Dieser Ort tat mir immer gut. Auch wenn es letztes Mal schlecht geendet hatte. Ich liebte es hier einfach.

Als ich in die Ferne, auf die vielen Häuser blickte, fiel mir der Umschlag in meiner Hosentasche wieder ein. Sollte ich es jetzt lesen?

Ich zog den Umschlag heraus und starrte es an. Zack Thomson. Seine Informationen und die Wahrheit lagen in meiner Hand, aber ich traute mich nicht es zu öffnen.

Mein Vater hatte vorhin zugegeben, was für eine Meinung er vertrat. Trotzdem wollte ich es nicht wahrhaben. Ein Teil in mir glaubte es nicht, aber würde es tun, wenn in diesem Umschlag, genau Jack's Erzählung geschrieben stand. Und wenn jede einzelne Fase meines Körpers an diesem Glauben festhalten würde, könnte ich meinem Vater nicht in die Augen sehen.

Ich fühlte mich nach diesem Schlag bereits mehr als betrogen. Er versprach Mum, auf mich Acht zugeben, mich zu beschützen.

Er versagte.

Nicht als ich von Farblosen entführt wurde und dann erneut von den Gelben. Nein. Erst als er seine Hand mir gegenüber erhob. Meine eine Gesichtshälfte war noch immer wie betäubt und tat gleichzeitig bei jedem Windzug weh. Er hatte richtig Kraft ausgeübt.

Ich konnte mir vorstellen, wie rot meine Wange war und was für ein blauer Fleck es morgen schmücken wird.

Seufzend senkte ich meine Hand und legte den Kopf in den Nacken. Kälte umhüllte mich. Eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Gedanken kreisten in meinem Kopf.

Nein, ich werde es jetzt nicht lesen. Diesen Moment der Ruhe werde ich nicht zerstören. Das brauchte ich am meisten.

Die Sonne war fast komplett verschwunden und der Mond erschien langsam.

"Störe ich?", ertönte plötzlich eine Stimme aus dem Nichts und brachte mein Herz augenblicklich zum Rasen.





Fast eine Woche kein Update, tut mir leid!

And still number one! 😏♥️

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