Kapitel 30

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Belle

"Ich habe keinen Hunger, Danke!", rief ich Sierra über die Schulter zu, die mir anbot extra für mich was zu kochen.

Die Dienstmädchen hatten heute nämlich frei. Dad wollte für diesen Tag nur unter der Familie sein, meinte er.

So schnell wie möglich humpelte ich die Treppen rauf und dann in mein Zimmer. Als ich die Tür öffnete kam mir der allzu bekannte Geruch entgegen, worauf ich mich augenblicklich wohler fühlte. Jetzt war ich zuhause. Es ließ sich nicht in Worte fassen, wie ich mich gerade fühlte, wie stark die Sehnsucht nach meinem Zimmer war.

"Endlich", murmelte ich glücklich vor mich hin und warf mich achtlos auf mein Bett.

Ungewollt stiegen mir die Freudentränen auf, als ich unter meine warme kuschelige Decke kroch. Es wärmte mich sofort auf. Seit langem hatte ich auf keiner Matratze geschlafen, hatte irgendwas wie eine Decke oder ein Kissen zur Verfügung. Jede Nacht schlief ich frierend ein und versuchte mich selbst irgendwie aufzuwärmen, in dem ich mir über die Arme und Beine rieb. Aber damit war endgültig Schluss. Ich konnte wieder auf meinem super bequemen Himmelbett schlafen.

So im Nachhinein fiel mir ein, dass Jack in den letzten Tagen, oft seine Jacke auf mich legte, was alles besser machte. Jedesmal, wenn er dachte, dass ich schlief, schlich er sich leise an mich ran und deckte mich zu. Und nur, weil ich etwas Wärme verspürte und sein Geruch mir in die Nase stieg, konnte ich leichter in die Welt der Träume tauchen.

Deswegen war ich ihm so dankbar. Aber würde ich je die Chance haben, mich bei ihm dafür zu bedanken? Allein der Gedanke, ihn nicht mehr wieder zu sehen, machte mich tot traurig. Obwohl ich froh darüber sein sollte, war ich das nicht. In seiner Nähe fühlte ich mich anders. Lebendiger.

Seufzend wischte ich mir über die feuchten Wangen und griff in meine Schublade am Nachttisch. Aufgeregt zog ich meine Zeichenmappe hervor und öffnete diesen wieder gut gelaunt. Ich blätterte meine Zeichnungen durch, aber runzelte die Stirn, als ich meine Skizzen von Mum nicht fand.

Mein Herzschlag verdoppelte sich. Hektisch leerte ich die Mappe auf meinem Bett aus und durchsuchte alle Zeichnungen, aber wurde nicht fündig. Wütend biss ich mir auf die Unterlippe und verkniff mir ein verächtliches Schnauben.

"Dad!", rief ich laut und verließ mein Zimmer.

Auf dem Weg nach unten, nahm ich immer zwei Stufen auf einmal und sprang am Ende über die letzten drei Stufen, weswegen mein Kopf anfing schmerzhaft zu pochen.

Im Wohnzimmer angekommen, setzte ich fort: "Wo sind meine Zeichnungen von Mum?!"

Ich war den Tränen nahe, aber die Wut und Frustration hielten sie noch im Zaun.

"Was meinst du?", fragte er sichtlich verwirrt und stand von der Couch auf, schenkte dem Fußballspiel keine Beachtung mehr.

"Meine Zeichnungen sind nicht mehr an seinem Platz", funkelte ich ihn an. "Um genauer zu sein, meine Zeichnungen von meiner Mutter"

"Ich weiß ehrlich nicht wovon du redest", legte er seine Stirn in Falten. "Du hast deine Mutter gezeichnet?!"

Ich war mir nicht sicher, ob ich Ekel in seiner Stimmer heraushören konnte. Aber genau das ließ den Fass in mir überfüllen. Hatte er etwas dagegen, dass ich meine verstorbene Mutter malte und so in Erinnerung behielt?!

"Oh kannst du dich an sie erinnern? Die Frau, die dich so sehr geliebt und geehrt hat.. selbst in schlechten Zeiten?", ich hielt kurz inne und schnappte enttäuscht nach Luft. "Ja, Dad, ich habe meine verstorbene Mutter auf Papier festgehalten, weil du nicht mehr dazu fähig warst, auch nur ein Wort mit mir über sie zu reden."

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt