Kapitel 60

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Belle

"Lass sie hier. Ich werde ab hier übernehmen.", sprach sie weiter. Noch drehte ich mich nicht um. Aber ich war mir sicher, ihren Blick auf mir zu spüren.

Ich schloss kurz die Augen, atmete tief durch und drehte mich langsam um. Da stand sie nun. Den Blick auf mich gerichtet. Ihre langen blonden Haare fielen offen über ihre Schultern. Mir wurde mulmig im Bauch.

"Ich denke nicht, dass das passieren wird.", erwiderte Jack scharf neben mir und spannte sich an. Sein Griff um meine Hand wurde fester.

"Das habe ich bereits mit Bill abgesprochen. Lass sie jetzt los, oder es wird nicht gut enden."

Jack lachte neben mir auf und stellte sich vor mich. "Ich glaube du verwechselt gerade unsere Positionen. Ich habe hier das Sagen, nicht du."

Caroline seufzte kurz und wand den Blick ab. "Ich will nur mit ihr reden, dann kannst du sie wieder haben."

Mein Herz pochte. Reden? Über was? Wie ich die letzten fünf Jahre ohne sie verbracht hatte?

Jack sah mich an und schien auf eine Reaktion meinerseits zu warten. Ich blieb regungslos stehen und starrte die Frau gegenüber an. Darauf wusste ich keine Antwort. Wollte ich ihr überhaupt zu hören?

"Belle, bitte Süße, lass uns kurz reden."

Ich befeuchtete meine Lippen, um das Zittern meiner Unterlippe irgendwie zu verstecken. Sie sollte mich nicht so nennen. So sollte sie nicht mit mir reden. Das alles sollte gar nicht passieren.

"Es gibt nichts zu bereden.", flüsterte ich mit heiserer Stimme.

Mit dreizehn betete ich jeden Tag zu Gott, mir meine Mutter wieder zu geben. Ich wollte nichts wahrhaben. Doch jetzt hatte sich alles geändert. Sie war kein guter Mensch. Sie war keine gute Mutter.

"Doch, das gibt es. Du musst mir nur zuhören." Ihre Stimme klang verzweifelt. Sie kam uns einen Schritt näher. "Bitte gib mir die Chance, es dir zu erklären."

Dann sagte ich etwas, das mich selbst überraschte: "Okay."

Ich hatte meinem Vater die Chance gegeben, dann wäre es jetzt nur fair, auch ihr die Chance zu geben zu reden. Das bedeutete jedoch nicht, dass ich ihr glauben oder verzeihen würde. Keineswegs.

Ein Lächeln erschien auf ihren schmalen Lippen, als sie mich in einen anderen Raum führte. Natürlich kannte sie sich hier blendend aus. Es war immerhin mal auch ihr Revier.

Jack warf mir noch einen unsicheren Blick zu, aber ich nickte ihm kurz zu. Er verstand und hielt sich gegen seinen Willen zurück.

Wir setzten uns auf die Couch, wobei ich so viel Abstand wie möglich zwischen uns brachte.

"Wie- äh- Wie geht es dir?", fragte sie zögernd.

Ein ungläubiges Brummen entwich meinen Lippen. "Komm einfach zum Punkt."

Sie seufzte enttäuscht. "Ich weiß, dass du mich hasst, weil ich dich verlassen habe." Ich nickte und sah sie an. "Aber ich konnte es mit deinem Vater nicht mehr aushalten. Es gab einfach keinen Grund für mich, zu bleiben."

Autsch.

"Ich war nicht Grund genug für dich.", presste ich bestürzt die Lippen aufeinander.

Ihre Worten verletzten mich, obwohl ich das nicht wollte. Es sollte mir egal sein, war es aber nicht.

"S-So war das nicht gemeint, Schätzchen, ich-"

"Nenn mich nicht so.", unterbrach ich sie barsch. "Dazu hast du kein Recht, Caroline. Wir haben keinerlei Verbindung zueinander. Deswegen nenn mich doch einfach, Belle."

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt