11. Aussprache
Erschrocken fuhr Severus aus seinem Sessel hoch. Wann war er eingeschlafen? Der Tränkemeister war vom Todessertreffen – im Herrenhaus der Malfoys – erst am frühen Morgen zurückgekehrt. Danach hatte er sofort dem Schulleiter von dem Fluch und Lavinias Geburt erzählt, bevor er sich in seine eigenen Räume zurückgezogen hatte. Der Cruciatusfluch des Lords steckte ihm immer noch in den Knochen. Daher hatte er es nicht mehr geschafft, sein Schlafzimmer zu erreichen. Noch in seiner üblichen Robe gekleidet fand er sich – es musste bereits später Nachmittag sein – in seinem Herrensessel wieder.
Erneut klopfte jemand an seiner Tür. //Verdammt noch mal, es ist Samstag//, empörte sich Severus in Gedanken und erhob sich schwerfällig von seinem Sessel. Welcher seiner Kollegen kam – an einem Samstagnachmittag, an dem er keine Aufsicht in Hogsmeade oder in den alten Gemäuern der Schule hatte – zum wiederholten Male auf die schwachsinnige Idee, ihn zu irgendeiner ebenso schwachsinnigen gesellschaftlichen Aktivität begeistern zu wollen?
Es mussten doch mittlerweile alle wissen, dass er absolut kein Interesse an solchen banalen Freizeitbeschäftigungen hatte und gerade heute wollte er einfach nur seine Ruhe. Träge machte sich der Tränkemeister daran dem Störenfried die Tür zu öffnen, um diesem im selben Augenblick deutlich zu machen, dass er keinen Wert auf Gesellschaft legte und um dann die Eingangstür zu seinen privaten Räumen mit entsprechendem Nachdruck wieder zu zuschlagen.
Gerade erreichte der schlecht gelaunte Zauberer sein Ziel, als wieder – diesmal etwas kräftiger – gegen seine Tür geklopft wurde.
„Professor? Professor sind Sie da? Ich muss dringend mit Ihnen sprechen", vernahm Severus nun die Stimme Lavinias vor der Tür.
Was wollte sie von ihm? Warum war sie nicht mehr in Hogsmeade, wie alle anderen Schüler auch? Und woher, verdammt noch mal, wusste sie wo seine privaten Räume zu finden waren?
//Sonst verläuft sich diese Hexe doch auch wenn es einfach nur gerade ausgeht!// grummelte der Tränkemeister in Gedanken. Bevor Severus schlussendlich laut seufzend die Tür öffnete, ermahnte er sich selbst dazu ruhig zu bleiben und seine schlechte Laune nicht an Miss Riddle auszulassen. Seit dem vergangenen Abend wusste der Tränkemeister, dass der dunkle Lord Lavinia mit einem schwarzmagischen Fluch belegt hatte und irgendetwas in ihm, hatte sich seit diesem Zeitpunkt verändert.
Es kam ihm so vor, als teilten sie ein ähnliches Schicksal. Lavinia existierte, weil ein mächtiger dunkler Magier an sein eigenes Wohl gedacht hatte und ihr Leben und ihre Bestimmung – schon vor ihrer Geburt – genau festgelegt hatte. Er war ebenfalls in seinem Schicksal gefangen, sein Leben für das größere Wohl einzusetzen. Dies tat er bei jedem Todessertreffen, bei jeder Unterredung mit dem Dunklen Lord.
Severus war ein Meister der Okklumentik und auch das Eindringen in den Geist anderer war für ihn keine große Hürde. Aber dennoch befürchtete er, dass der Dunkle Lord, welcher diese Techniken bis ins kleinste Detail perfektioniert hatte, ihn eines Tages überraschen würde und seine wahren Gedanken und Absichten preisgegeben wurden. Dies würde seinen sofortigen Tod bedeuten.
So wie er seine Freiheit – durch ein Versprechen, einen Schwur Dumbledore gegenüber – aufgegeben hatte, um seine Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen, so würde auch Lavinia eines Tage vor einer Wahl stehen, die ihre Freiheit, nein ihr ganzes Leben vollkommen verändern würde. Eines hatte er sich nach dem gestrigen Zusammentreffen mit dem Lord geschworen. Er würde Lavinia von diesem Tage an, auf keine ihrer Fragen, mit einer Lüge antworten.
Er wollte sich die Chance geben, Lavinias Vertrauen zu verdienen und wenn er ehrlich zu sich war, hatte er nicht nur von Anfang an damit gehadert, Lavinia – auf Dumbeldores Anweisung hin – anzulügen. Nein, ihm war durch sein mangelndes Durchsetzungsvermögen – dem alten Zauberer gegenüber – seine eigene Feigheit und Resignation bewusst geworden. Lavinia verdiente die Wahrheit und egal, was sie jetzt von ihm wissen wollte, egal welches Anliegen sie vortragen würde, Severus würde ihr keine einzige Lüge mehr erzählen.
Beherzt drückte er die Türklinke hinunter und Lavinia, die gerade erneut angesetzt hatte, gegen seine Tür zu klopfen stolperte ihm erschrocken entgegen. In letzter Sekunde fing sich die junge Hexe jedoch wieder, sodass sie es gerade so vermeiden konnte, mit ihrem Hauslehrer zusammenzustoßen. Dicht vor ihm kam sie zum Stehen. Verärgert zog die Schwarzhaarige die Stirn in Falten und musterte ihren Professor misstrauisch.
Hatte er etwa geschlafen? Und wie sah er überhaupt aus? Seine Haare waren völlig zerzaust, seine Augen wirkten müde und abgekämpft. Seine sonst faltenfreie Robe war vollkommen zerknittert. War er etwa krank? Ihr Blick wanderte durch den Raum. So lebte Professor miese Laune also.
Das Zimmer war dunkel. Ähnlich wie im Gemeinschaftsraum, schenkte ein magisches Fenster dem Zimmer ein schwaches, grün schimmerndes Licht. Ein riesiges Bücherregal fiel Lavinia sofort ins Auge. Vor dem Kamin stand ein dunkelgrüner Herrensessel. Unzählige Bücherstapel lagen rund um den Sessel. Daneben stand ein kleiner, runder Beistelltisch, auf dem eine leere Flasche Feuerwhiskey thronte. Vom rechteckigen Wohnzimmer abgehend gelangte man in drei weitere Räume.
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Im Bann der Dunkelheit (Harry Potter Fan-Fiction)
FanfictionLavinia, 17 Jahre. Ihre Seele voller Dunkelheit und ein Fluch, der den unbändigen Zorn in ihr erweckt...Aufgewachsen in Einsamkeit und Hass erfährt sie nach langer Zeit, wer sie wirklich ist...Geboren um ihr Leben zu geben für den mächtigsten schwar...