Mit ernster Miene betrat Severus am späten Freitagabend das Büro des Schulleiters. Er hatte eine leise Vorahnung, worüber Albus zu so später Stunde noch mit ihm reden wollte. Er hatte beim Abendessen von der Auseinandersetzung zwischen seinen Schlangen und Minervas Löwenbabys erfahren. Leider hatte er danach keine Gelegenheit gefunden, mit Lavinia oder einem der anderen beteiligten Schüler seines Hauses zu sprechen.
Er wusste nur, dass die Löwenübermutter, Lavinia zu Albus geschickt hatte, weil sie Ronald Weasley mit einem Furunkelfluch belegt haben soll. Severus war sich sicher, dass Lavinia -wenn sie wirklich von den Gryffindors provoziert worden wäre - ganz andere Flüche benutzt hätte.
Deshalb war der Hauslehrer davon ausgegangen, dass die Situation ganz anders verlaufen war. Trotzdem wollte er von der jungen Hexe selbst erfahren, was genau vorgefallen war. Denn bei Lavinia konnte er sich sicher sein, dass sie ihm die Situation wahrheitsgemäß schildern würde.
„Du wolltest mich sprechen, Albus?", sprach der Tränkemeister den Schulleiter an, welcher an seinem Schreibtisch saß und einige Pergamentrollen begutachtete.
„Allerdings!", entkam es Albus knapp und er begann die Pergamentrolle in seiner Hand zusammenzurollen.
Severus war sich sicher, dass der Graubärtige mittlerweile erfahren hatte, dass er Lavinia die Wahrheit über ihre Herkunft mitgeteilt hatte. Niemals hätte die junge Hexe eine Gelegenheit verstreichen lassen, in der sie die Möglichkeit bekommen hatte, Albus zur Rede zu stellen.
„Du hast mit Lavinia gesprochen?" begann Albus und schaute zum Tränkemeister auf.
„Allerdings!", entgegnete dieser und wählte bewusst dieselbe Antwort, welche der Schulleiter ihm zuvor gegeben hatte.
Die Stimmung zwischen den beiden Zauberern war angespannt und es war deutlich zu spüren, dass keiner der Beiden von seinem Standpunkt abweichen würde.
„Ich dachte du hättest die Gründe verstanden, weshalb ich dies bisher nicht getan habe", fuhr der Graubärtige fort.
„Ja das habe ich", entgegnete Severus trocken.
„Warum hast du es dann getan?", entkam es Dumbledore verärgert.
„Weil es richtig war, weil ich, sie nicht mehr anlügen wollte und konnte. Sie hat es selbst herausgefunden, wie du sicher bereits von ihr weißt. Also hätte ich sie weiter im Unklaren lassen sollen?
„Jetzt ist ihr Vertrauen in den Orden und in mich völlig zerbrochen Severus. Bevor du mit ihr gesprochen hast, hättest du mit mir reden sollen. Wir hätten einen Weg gefunden", erwiderte der Schulleiter seufzend.
„Albus ich hatte dir vor einiger Zeit gesagt, dass ich deine Lügen nicht mehr unterstützen werde. Du hattest deine Chance. Und Vertrauen gewinnt man nicht durch Lügen. Ich dachte immer gerade du weißt das", erinnerte der Tränkemeister den Älteren an sein Ultimatum.
„Du weißt, dass ich meine Pläne hatte!"
„Ja, Albus du hast immer Pläne! Du wolltest, dass sie sich mit Potter, Weasley und unserer kleinen Now-it-all anfreundet. Das hat schon mal nicht funktioniert! Du wolltest sie fest an der Seite des Ordens wissen, dass war wohl auch nichts! Hast du dir mal überlegt, wie dein Goldjunge reagiert hätte, wenn er irgendwann erfahren hätte wer Lavinias Vater ist? Glaubst du, er würde über diese Tatsache hinwegsehen? Niemals! Dafür hat er zu viel von seinem heuchlerischen Vater", brachte Severus, um seine Selbstbeherrschung ringend, hervor.
Dieser alte Mann war einfach nicht davon zu überzeugen, dass er sich in dieser Angelegenheit einfach geirrt hatte. Dass er alles, was er hatte erreichen wollen, Lavinias Vertrauen, ihre Loyalität, nun niemals mehr erreichen würde.
„Warum siehst du nicht endlich ein, dass dein Versuch Lavinia und auch Potter zu schützen, nichts bringt? Du verlangst vom Orden, dass dein Goldjunge nichts von der Prophezeiung erfährt! Du kennst deren Inhalt und du weißt, was dies eventuell für den Jungen bedeutet und dennoch bist du der Meinung, dass er das nicht wissen muss? Du kennst Lavinias Fluch, von ihrer Magie, von ihrem Vater und kennst auch die Worte, welche der Sprechende Hut zu ihr gesagt hat und dir kommt nicht in den Sinn, mit Lavinia offen darüber zu sprechen, dass es ihren Tod bedeuten könnte, wenn sie ihre Magie dem dunklen Lord überträgt?", führte Severus dem Graubärtigen vor Augen.
Albus schaute über seine halbmondförmigen Brillengläser und schien eindeutig über die Worte des Tränkemeisters nachzudenken. Seufzend stand er auf und wanderte immer wieder auf und ab durch sein Büro. Seine Arme hielt er hinter seinem Rücken verschränkt. Nachdem er seinem Phönix über den Kopf gestreichelt hatte, drehte er sich erneut zum Zaubertankprofessor um.
„Ich habe mir den Wortlaut der Prophezeiung, welche Lavinia betrifft immer wieder durch den Kopf gehen lassen. Ich bin mir sicher, dass der Fluch, welcher ihre Dunkelheit verstärkt nur dann zu brechen ist, wenn es eine Person in ihrem Leben gibt, der sie vertraut, wenn nicht sogar liebt. Sie braucht die Macht von solchen positiven Gefühlen, welche das Licht in ihrer Seele so sehr stärken, dass das Dunkel in ihr, zum kleineren Teil ihrer Seele wird. Diese Magie, muss die Magie ihres Vaters aus ihrem Herzen verdrängen und dann...wenn ich es richtig deute, muss der dunkle Teil ihrer Seele vernichtet werden. Jedoch weiß ich nicht, was DAS für unsere junge Miss Riddle bedeutet, da ihre Seele nun mal aus beiden Teilen besteht. Womöglich könnte sie sowohl durch die Übertragung, des übermächtigen dunklen Teils ihrer Seele auf Tom, als auch durch den Versuch den Fluch zu brechen ihr Leben verlieren. Ihre Seele wird durch beide Möglichkeiten auseinandergerissen. Und ich werde ihr bei den Urgründern Hogwarts, nicht die Hoffnung nehmen, dass es ohne Schwierigkeiten möglich sein wird sie von der schwarzen Magie ihres Vaters zu befreien? Das würde sie vollkommen zusammenbrechen lassen, sodass sie dem Fluch nichts mehr entgegen zu setzen hätte. Außerdem weiß ich nicht was passiert, wenn die dunkle Magie ihre Persönlichkeit irgendwann vollkommen vereinnahmt und sie völlig verändert. Wenn dieser Fall eintritt, Severus könnte das bedeuteten, dass wir sie nicht mehr zurückholen können und einige aus dem Orden oder die Auroren des Ministeriums, werden sich dann nicht mehr aufhalten lassen. Sie werden alles tun, um die Tochter des mächtigsten Schwarzmagiers unserer Zeit aus dem Weg zu schaffen, weil es dann womöglich auch keine andere Möglichkeit mehr geben wird ihrem dunklen Ich Einhalt zu gebieten. Bei Merlin, wahrscheinlich ist sie dann mächtiger als Voldemort selbst", erklärte Albus seinem Gegenüber.
Severus traute seinen Ohren kaum. Dies alles wusste Dumbledore bereits? War er sich wirklich sicher, dass es egal wie man es drehen und wenden würde auf Lavinias Tod hinaus lief? Und wenn dem so war, musste Lavinia doch davon erfahren. Bisher hatte sie ihr Leben trotz all der schwarzen Magie in ihr, gut in den Griff bekommen. Sie musste wissen, welche Möglichkeiten sie hatte und dass es – so sah er es – das Beste sein würde, wenn sie nicht versuchen würde den Fluch zu brechen oder sich auf den Dunklen Lord einzulassen. Im Grunde genommen musste sie erfahren, dass ihre jetzige Situation für sie die Sicherste war. Aber genau das musste Albus doch auch sehen.
„Sie muss das wissen Albus! Ich bin immer noch der Meinung, dass sie alles wissen sollte. Nur dann wird sie erkennen, dass ihre jetzige Situation eigentlich die Beste, Sicherste für sie ist. Sie ist stark und wird die richtige Entscheidung treffen. Warum siehst du das nicht ein?", machte Severus seinen Standpunkt deutlich.
Albus hatte den Tränkemeister während seiner Ausführungen ganz genau beobachtet. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass Severus sich in den vergangenen Jahren jemals für eine Schülerin in dieser Art und Weise eingesetzt hatte. Auch nicht für Draco oder Harry. Gut er wusste, dass er das Versprechen Harry zu schützen, nur wegen seinen Schuldgefühlen Lily gegenüber und aufgrund seiner Liebe zu ihr gegeben hatte und dass er in Harry meistens dessen Vater James sah, welchen er bis heute abgrundtief verabscheute.
Dennoch spürte der erfahrene Zauberer, dass etwas anders war und plötzlich kam ihm ein beunruhigender Gedanke.
„Severus?"
„Albus?"
„Miss Riddles Schicksal scheint dir nicht egal zu sein, oder irre ich mich?
„Ich kann es einfach nicht mehr unterstützen, dass du ihr, als auch Potter so wichtige Informationen vorenthältst. Jeder im Orden weiß, welche Zukunft dem Jungen möglicherweise droht. Jeder im Orden schweigt, auch über Lavinia wussten sie mehr, als sie selbst. Ich kann nicht leugnen, dass ich Lavinia helfen will und dass dies mehr mein Wunsch ist, als James verzogenem Bengel, immer wieder den Hals zu retten", antwortete Severus ehrlich und fixierte den Blick Dumbledores.
„Sie sagte, dass sie dir vertraut", fuhr Dumbledore fort und suchte erneut Severus Blick.
Der schwarzhaarige Zauberer nickte nur und hielt den Blickkontakt zum Schulleiter.
„Sie nannte dich beim Vornamen, als sie annahm dich verteidigen zu müssen", sprach Albus weiter.
„Möglich"
„Wie viel weiß sie genau? Über ihre Magie, über dich und deine Vergangenheit?", hakte Albus nach.
„Alles!", entgegnete Severus knapp und hielt dem eindringlichen Blick des Schulleiters, ohne mit der Wimper zu zucken stand.
„Alles?"
„Alles, außer das Lily für mich mehr war", berichtigte Severus seine Aussage, um dieses kleine Detail.
„Ist Lavinia auch mehr für dich?", stellte Albus dem Professor der Zaubertränke eine klare Frage.
„Sie ist mir nicht egal, wie du bereits weißt", entgegnete Severus oberflächlich.
„Ich muss jetzt gehen Albus. Ich habe heute Nacht Aufsicht. Wenn du mich also entschuldigen würdest", fügte er nun hinzu und machte sich auf den Weg, um das Schulleiterbüro zu verlassen.
„Severus!", rief Dumbledore ihm nach und dieser drehte sich zu ihm um.
„Liebst du sie?", sprach der Graubärtige seine Vermutung laut aus.
„Nein!" antwortete Severus bestimmt.
„Gut! Gute Nacht, Severus"
„Gute Nacht, Albus.", verabschiedete sich Severus und verließ Dumbledores Büro, dessen Eingang sich kaum geschlossen hatte, ehe der Tränkemeister mit absoluter Sicherheit wusste dass dieses „Nein" eine riesengroße Lüge gewesen war.
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Im Bann der Dunkelheit (Harry Potter Fan-Fiction)
FanfictionLavinia, 17 Jahre. Ihre Seele voller Dunkelheit und ein Fluch, der den unbändigen Zorn in ihr erweckt...Aufgewachsen in Einsamkeit und Hass erfährt sie nach langer Zeit, wer sie wirklich ist...Geboren um ihr Leben zu geben für den mächtigsten schwar...