Lavinias Fluch

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9. Lavinias Fluch

Das Feuer flackerte im Kamin. An diesem Abend war es die einzige noch verbliebene Lichtquelle, die in den Räumen des Tränkemeisters zu finden war. Gedankenverloren saß er auf seinem dunkelgrünen Herrensessel, der vor besagtem Kamin stand und starrte in die Flammen. Neben ihm auf einem kleinen Beistelltisch, lagen unzählige Bücher über dunkle Magie, Flüche und die Wirkung von Prophezeiungen. Ein leeres Weinglas stand daneben.

Seit vergangenem Montag – vor zwei Wochen – hatte er Abend für Abend damit verbracht, etwas über Lavinias dunkle magische Seite herauszufinden. Vergeblich. Kein Fluch und kein dunkler Zauber in den Büchern, die er bisher durchforstet hatte, passte auf Lavinias Magie. Auch in den Geschichtsbüchern, in denen er besonders auf die Vor – und Nachfahren Salazar Slytherins geachtet hatte, hatte er keinen Hinweis darauf gefunden, dass diese Form der dunklen Magie, in der Blutlinie Salazars schon einmal vorgekommen war.

Und was hatte es – bei Merlin – mit dieser Prophezeiung auf sich, von der Lavinia gesprochen hatte? Seit dem verworrenen Montagabend, hatte Severus es nicht mehr gewagt, seine Schülerin darauf anzusprechen. Ihre Konversation hatte sich ausschließlich auf den aufzuholenden Unterrichtstoff in Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen Künste beschränkt. Lavinia war die letzten Tage immer pünktlich mit einem knappen „Guten Abend, Professor", um achtzehn Uhr zum Nachsitzen erschienen und genauso pünktlich zwei Stunden später, mit den kurzen Worten „Bis morgen Abend, Professor", wieder verschwunden.

Die Lehreinheiten gestalteten sich dabei sachlich und ruhig. Lavinia hörte ihm aufmerksam zu, wenn er ihr etwas erklärte und versuchte wirklich so gut es ging, seine gestellten Aufgaben zu erfüllen. Dabei hatte Severus schnell bemerkt, dass ihr das Brauen von Zaubertränken wirklich nicht besonders lag. Es fehlte ihr immer die gewisse Genauigkeit beim Abmessen von Mengen oder beim richtigen Rühren des Trankes. Andererseits schienen ihr die Verteidigungszauber, Angriffstechniken und Entwaffnungszauber ungewöhnlich leicht von der Hand zu gehen.

Sie hatte es – an diesem Donnerstagabend – um ein Haar geschafft, ihn zu entwaffnen. Aber diesen Triumph hatte er ihr schlussendlich doch nicht gönnen können und hatte ihren, wirklich überraschenden Entwaffnungszauber, gerade so abgewehrt. Dabei hatte er sich in keiner Weise anmerken lassen, wie knapp sie an einem „Sieg" vorbeigeschlittert war.

Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. Wenn er ganz ehrlich zu sich war, war er irgendwie Stolz darauf, dass eine so talentierte junge Hexe zu seinen Schlangen gehörte. Dennoch durfte er in keiner Sekunde vergessen, wer sie war.
Eigentlich war die Stimmung zwischen Lavinia und ihm nun wieder genau an dem Punkt angelangt, an dem Severus diese auch haben wollte. Sachlich, distanziert und unpersönlich.

//Du solltest damit zufrieden sein//, mahnte sich der Tränkemeister selbst. Diese Distanz wieder hergestellt zu haben, war genau die richtige Entscheidung gewesen. Lavinia war die Tochter des dunklen Lords. Eine Tatsache, die er auf keinen Fall aus den Augen verlieren durfte.

//Und trotzdem vergisst du es immer wieder//, gestand er sich ein. Woran sollte man diesen unglücklichen Umstand auch fest machen?

Lavinia war eine – fast – ganz normale, siebzehnjährige Hexe und kein einziger Wesenszug deutete darauf hin, dass ihre Seele auch nur im Entferntesten so dunkel und voller Boshaftigkeit war, wie die des Dunklen Lords. Sie war weder kalt noch herzlos, sie war in der Lage echte Freundschaften einzugehen und war dabei – nach seinem Eindruck – nicht nur auf den eigenen Vorteil aus.

Nur diese unerklärbare dunkle Magie, die aus der jungen Miss Riddle, eine unkontrollierbare Marionette dieser Dunkelheit machte, unterschied sie von anderen Magiern ihres Alters und führten Severus immer wieder klar vor Augen, welchen starken Einfluss die dunkle Magie ihres Vaters auf sie nahm.

//Und diese immer wiederkehrende Erkenntnis, sollten dich dazu bringen, die wieder klar aufgestellten Grenzen, zwischen dir und dieser Hexe, als freudigen Umstand anzusehen! Es ist alles wieder in seiner Ordnung. Jetzt verhält sich Lavinia so, wie du es dir erhofft hast. Abweisend und distanziert. Wie alle...//, dachte Severus seufzend und blickte weiter nachdenklich in das prasselnde Kaminfeuer.

//Es hat alles seine Ordnung//, wiederholte er dabei immer wieder wie eine Formel in seinem Kopf. Aber war es das für ihn wirklich? In Bezug auf seine Position in den Reihen Voldemorts und seinem Auftrag von Dumbledore, war es das einzig Richtige. Dennoch hatte Severus in den letzten Tagen bemerkt, dass das Vertrauen Lavinias – gegen all seine Vernunft – seine traurige, geschundene Seele erhellt, hatte.

Wann hatte ihm – Severus Snape – irgendwer, irgendwann das letzte Mal sein Vertrauen geschenkt? Aufrichtig, ohne einen Beweis, ohne eine Gegenleistung, ohne irgendeinen Schwur oder ein Geheimnis, welches er auf jeden Fall gewahrt haben wollte? Er konnte sich nicht erinnern. Es war für den Tränkemeister eine völlig ungewohnte Erfahrung, dass es Jemanden gab, der ihn nicht als verbitterten, boshaften und Angst einflößenden Zaubertrankprofessor sah, sondern als jemanden, der es verdiente, dass man ihm vertraute.

Den Schmerz, welchen er empfand, seid Lavinia nur noch das nötigste mit ihm sprach, sich dabei fast noch zurückhaltender verhielt als alle anderen Schüler und seiner Aufforderung ihn in Ruhe zu lassen vollends nachkam, konnte Severus nicht länger leugnen.

Im Bann der Dunkelheit (Harry Potter Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt