Achso, darum geht es.

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Elena sucht die neuen Farben für unseren Salon aus. Die Aktuellen sagen mir wenig zu. Es geht nicht darum wie teuer, wie billig die Produkte sind. Hier geht es um die Qualität, die ich für den Salon erwarte - die hierzu passt. Wo wir nun die Bestätigung haben, dass es gut läuft, können wir noch einiges ändern. Die Glocke an unserer Tür ertönt und ich sehe ein bekanntes Gesicht, dass mich anlächelt. ,,Hallo, Jess", begrüßt mich Daniel und es wundert mich wieder ihn zu sehen. Sonst ist er nicht so oft anwesend. Die drei Küsschen sind Pflicht und ich freue mich ja wirklich ihn zu sehen. 

,,Was verschafft mir die Ehre?", frage ich und Daniel winkt ab. So macht er es immer, aber das Strahlen in seinen Augen fehlt. Was ist denn da los? Sein Lächeln trügt. 

,,Ich bin vorbei gelaufen und dachte mir, da gehe ich mal die Jess besuchen und schaue, ob der Ring noch am Finger sitzt", lacht er und nimmt meine Hand, an deren Ringfinger dieser wunderschöne Ring sitzt. ,,Wow, es ist immer wieder schön ihn zu sehen." Ich muss lachen und bekomme diesen Gedanken nicht los, obwohl es ja alles normal scheint. 

,,Ich bin auch jedes Mal überwältigt. Erzähl mal, wie läuft es bei dir?", versuche ich ein wenig ins Gespräch zu kommen. Vielleicht verplappert er sich. Aber er winkt wieder nur ab. 

,,Jason lässt mich ja gar nicht mehr gehen", meint er betont genervt, aber ich weiß ja, dass es nur Fassade ist. Es nervt ihn ganz und gar nicht. ,,Ich habe schon Probleme das Haus zu verlassen. Fürchterlich." Ich lache und er stimmt mit ein. Sicher. 

,,Das muss ja schrecklich sein", bestätige ich sarkastisch, als es klingelt. Daniel zückt sein Handy und geht ran. 

,,Ja bitte", nimmt er an. Anscheinend kennt er die Person am anderen Ende. Sein Tonfall hat sich verändert und klingt jetzt besonnen, männlicher... Komisch. Seine lustige, unbeschwerte Art macht ihn zu Daniel. Zu dem Daniel, den ich kenne. Aber Dave redet auch ganz anders, wenn er geschäftliche Gespräche führt. Da muss ich mir keine Sorgen machen. Daniel bedeutet mir, dass er kurz nach hinten geht. Ich nicke und erledige hier noch ein paar Kleinigkeiten, bis Daniel wiederkommt. ,,Und?", frage ich und er lächelt verhalten. 

,,Ich muss leider gehen. Euch noch einen schönen Tag." Damit ist er weg und ich stehe ratlos da. Das war aber ein kurzer Besuch. Wer hat ihn denn angerufen? Mich geht das nichts an. Immer sind alle beschäftigt. Die Menschheit hat so viel auf ihren Schultern, dass sie denken, sie müssten alles schnell erledigen. Die Hektik regiert unsere Welt, aber wer sagt denn, dass es schnell gehen muss? Kann es nicht viel einfacher und ruhiger gehen? Wenn wir uns nicht stressen würden, die Wegzeit auch mal verlängern, was solls? Immerhin haben wir Zeit für uns, mehr Zeit um darüber nachzudenken wie schön wir es eigentlich haben. Vor hunderten von Jahren haben die Leute davon geträumt und wir machen ihren Traum zu Nichte. Wir leben und zerstören ihn in einem Satz. So sind wir gestrickt und wir sind so viele, da kann kein einzelner etwas bewirken. Auch wenn man es sich sehnlichst wünscht. Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man Hilfe braucht. Die geben dir viele Menschen mit dem größten Vergnügen. 

Kurz vor Schluss kommt Elena zu mir und umarmt mich einfach so. Okay? ,,Ist alles gut mit dir?", frage ich und fühle ihre Stirn. Elena lacht und lässt mich wieder los. 

,,Ich weiß doch, dass du bei deinen zukünftigen Schwiegereltern warst. Wie ist es gelaufen?" Achso, darum geht es. Na schön, ganz so scheiße ist es ja nicht gelaufen. 

,,Ja, ich habe dir ja von Daves unmöglichem Vater erzählt. Da hat er auch bewiesen wie unreif man sich in dem Alter noch verhalten kann." Sie nickt und wo ich so darüber erzähle, fällt mir auch wieder etwas ein. Das hat er nicht gemacht... 

-

Diesmal fahre ich alleine zu Dave. Gina ist bei ihren Großeltern. Kate begrüßt mich herzlich. ,,Ich habe dich eine Woche nicht zu Gesicht bekommen." Ich lache. Sie regt sich darüber auf, als wär ich rund um die Uhr Beschattungspflichtig. Nun, nicht mehr.

,,Es war keine Woche. Aber es bringt ja nichts zu diskutieren. Ist Dave da?" Kate nickt und lässt mir freie Bahn. Es ist auch schon reichlich spät für ein Meeting, aber bei Dave kann das auch mal bis zur Nacht dauern. Ich klopfe erst leise an und gehe rein, als er mich darum bittet. Sein Gesicht hellt sich auf und er kommt direkt auf mich zu. ,,Hey", begrüßt er mich und zieht mich für einen Kuss in seine Arme. Ich lasse mich gerne von ihm in unsere kleine Welt entführen, wenn auch nur für ein paar Sekunden. ,,Dave?", frage ich leise und er lächelt, küsst meine Schläfe. ,,Jess?", haucht auch er und ich kralle mich an sein Hemd. Ich muss lachen, wenn ich an meine Frage denke, aber ich muss das Gespräch ungewöhnlich anfangen. Immerhin war das gestern eine sehr gemeine Methode, die er da abgezogen hat. ,,Lässt du deine Anzüge maßschneidern?", frage ich und im nächsten Moment muss Dave lachen. Er lässt mich los und sieht, mich mit seinen Händen in den Hosentaschen, an. Ich meine, eigentlich sieht man es, aber mir ist gerade nur sein Anzug eingefallen und das sollte reichen. 

,,Das haben Sie schon ganz richtig bemerkt, Miss Pink. Gibt es noch was, was Sie so dringend wissen wollen?", witzelt er und Ja, da gibt es was. 

,,Hast du gestern mit mir geschlafen, weil du es wolltest oder weil dir die Frage missfallen hat, die ich dir gestellt habe?" Daves Blick bleibt belustigt und er kommt auf mich zu, um mich an sich zu ziehen. 

,,In dem Moment konnte ich mir nichts schöneres vorstellen, als dich zu küssen..." Seine Lippen senken sich auf meine, aber nur ganz kurz, denn sie wandern meine Wange hoch... ,,Dich zu berühren..." Seine Hand findet den Weg meinen Rücken runter zu meinem Po... Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, die einen Nebel in meinem Kopf verursacht und das sollte auf keinen Fall passieren. Ich muss mit ihm reden, aber... ,,Und dich spüren zu lassen, dass du mir gehörst." Dave sieht mich an und seine Augen blicken in mein tiefstes Inneres. Dave kennt mich nur zu gut und ich will ihm keinen Vorwurf machen. Dass er es mir nur ungern erzählt, weiß ich ja, aber muss ich das akzeptieren? Immerhin geht es hier jetzt um mich, denn sein Vater hat irgendetwas an sich, dass ihn dazu bringt mich zu bedrängen. Die Frage die sich mir dennoch stellt, geht es hier mehr um mich oder eher um die Beziehung zwischen den beiden? Ich glaube, Joshua will seinem Sohn irgendetwas beweisen und dazu muss er das machen... Denke ich in die falsche Richtung? Es passiert immer so viel um uns herum, dass ich mir wünschen würde, dass wir eine normale kleine Familie sind, deren Eltern sich nicht mit ihren Kindern bekriegen. 

,,Dave, bitte", bitte ich ihn und er lässt mich los, um im Raum herumzugehen.

Forgive me.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt