Ich könnte kotzen.

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Der Morgen fängt wie immer mit Schmerzen an. Im Schlaf liege ich meist sehr ungünstig und das merke ich erst dann, wenn ich wach bin. Die Schmerzen, die ich sofort spüre, stimmen mich weniger froh. Umso besser geht es mir, wenn ich Dave sehe. Solange ich zu unzähligen Untersuchungen muss, ist er bei mir, hört aufmerksamer zu als ich und stellt jede menge Fragen, die mir selber nicht eingefallen wären. Naja, damit hätte ich aber auch leben können. ,,Ich rufe dich an, sobald etwas ist", verspreche ich ihm, als er sich auf zur Arbeit machen muss. Er beteuert, dass er sofort wiederkommt und ich mich nicht spontan vom Acker machen soll. Wenn ich also bei ihm auftauchen sollte, würde er mich hochkant wieder ins Krankenhaus schieben. Dabei muss ich lachen. 

,,Da brauchst du nicht zu lachen, denn das ist mein voller Ernst", ermahnt er mich und ich küsse ihn. So bringt man Männer gerne zum Schweigen und die Erwiderung macht deutlich, dass ihn das auch nicht im geringsten stört. Das würde mich auch wundern. 

Während Dave weg ist, widme ich mich dem Umkreis, in dem ich liege. Das heißt, ich gehe herum. Es wird leichter und ich versuche mich stetig mehr aufzurichten. Bisher gehe ich immer etwas gebückt, weil es sich anfühlt, als hätten die ein paar Zentimeter von meinem Bauch weggeschnitten, sodass ich es jetzt dehnen muss, damit es wieder eine Gerade bildet. Natürlich sehe ich dadurch nicht dünner aus, aber ich bin nicht in einem Krankenhaus das Schönheitsoperationen an mir durchführt. Das will ich auch nicht. Ich bin zufrieden mit mir. Nicht alles ist perfekt, aber wer ist es schon. Ich habe einen Mann gefunden, der mich trotz meiner Fehler liebt und sie nicht als Fehler, sondern als einen Teil von mir ansieht. Er sieht es als etwas Besonderes an und das zählt. Es zählt, dass ich den Mann gefunden habe, der das an mir liebt. Der mich nicht verändern will, der mich davon abhält mir Gedanken darüber zu machen, was an mir nicht richtig ist, denn das ist falsch. Er zeigt mir das, was wunderschön ist an mir, unzwar alles. Jeder Zentimeter, denn er hat es zu seinem gemacht und bald ist es das auch ganz offiziell. 

Bei dem Gedanken muss ich lächeln und das sieht für den ein oder anderen sicher ganz komisch aus. Wie ich einfach anfange zu grinsen. Ohne Grund. Aber wenn sie in meinen Kopf gucken könnten, würden sie es verstehen. 

Ich würde gerne in einige Köpfe gucken. Ich will wissen wie es diesem Mädchen geht, die an der Wand lehnt und auf ihr Handy schaut - Ganz gedankenverloren und ruhig. Sie ist klein und Brünett, hat einen Ohrring, aber der zweite ist nicht zu sehen. Hat sie ihn verloren oder trägt sie es mit Absicht so? Hat sie es bemerkt oder sieht sie es erst heute Abend? Wo wohnt sie, hier oder ist sie nur zu besuch? Spricht sie unsere Sprache? Arbeitet sie, geht sie noch zur Schule oder macht sie gar nichts? All das kann ich nicht wissen, wenn ich nicht mit ihr spreche. Sie kann genau das Gegenteil sein, was ich von ihr denke und trotzdem ist sie jemand ganz besonderes, weil sie auf ihre Art sie selber ist. 

Was ist mit dem Mann, der gerade die Treppen hochgeht. Denkt er? Erwartet er etwas? Ist er zu Besuch oder muss er sich selber Einweisen? Er hat einen Zettel in der Hand und daraus könnte man schließen, dass er zur Anmeldung muss. Aber es kann genauso gut ein Bild sein, das seine Tochter, sein Sohn, seine Enkelin oder sein Enkel gemacht haben. Vielleicht besucht er seine Frau, seine Freundin, seine Mutter oder seine Oma. Vielleicht auch seinen Papa, einen Freund... Wer weiß das schon außer ihm und diejenigen die er eingeweiht hat und selbst die können es nicht genau wissen, denn nur er weiß, wo er letztendlich hin möchte. 

Es gibt so viele Möglichkeiten und alle denken, sie wüssten alles. 

Alles über sich. 

Alles über jeden, mit nur einem Blick. Dabei bedient man sich da an den Klischees und dem Aberglaube, den die Gesellschaft zu pflegen vermag. Nur weil jemand Blond ist, ist diese Person nicht dumm oder ganz vernarrt aufs Äußere. Nur weil jemand eine dunkle Hautfarbe hat, ist er nicht aggressiv und spielt gut Basketball. Nur weil jemand aussieht wie ein Chinese, ist er ein Chinese. 

Forgive me.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt