Chapter 22

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Blut, so weit ich sehen konnte.

Unerkennbar, von welchem Freund.

Vor uns lag Natasha, nackt und an eine alte, wesende Leiche gefesselt. Ihre wimmerden Laute drangen in mein Gehörgang, doch ich sah die Russin nur an. Unfähig, irgendetwas tun zu können.

Als sie uns entdeckte, schrie sie gegen den Fetzen Stoff, welcher zwischen ihre Lippen gespannt war und mit einem Knoten an ihrem Hinterkopf, befestigt wurde. Große Krokodilstränen liefen über ihre Wange und zitternd sah sie uns an.

Wer in Gottes Namen, konnte so grausam sein?

Sie war eine Spionin, hatte vieles mit erlebt, aber so etwas, gewiss noch nicht.

Das brachte selbst sie um ihren Verstand und ließ ihre harte Schale brechen wie Wackelpudding.

Bucky und ich waren unfähig uns zu bewegen.

Egal, was auch immer die Synapsen in unserem Gehirn signalisieren wollten, wir erstarrten bei diesem Anblick.

Das Einzige was sich bewegte, war die Farbe in meinem Gesicht, welche sich von Schweinchen rosa, in durchsichtig weiß verwandelte.

Etwas weiter links von Natasha lag Wanda. In ihrem eigenen Blut, getränkt und ihre Lippen waren bereits blau angelaufen.

Als mein Freund sie entdeckte, rannte er sofort zu ihr.

Sein Instinkt hat ihn dann doch noch dazu zwingen können, sich zu bewegen.

„Sie hat kaum noch Puls..." wisperte er leise und legte seine Finger an ihren Hals.

Doch noch immer konnte ich mich nicht bewegen.

Mein Blick streifte weiter durch den Raum und in der Mitte stand eine Bank. Ich musste ein paar mal blinzeln um zu erkennen, dass Pietro auf ihr lag und seine Gelenke, gespreizt, von ihm gestreckt und so festgebunden waren, dass sich seine Hand und Fußknöchel weiß abzeichneten. Er war bewusstlos, atmete flach und hilflos.

Pietro.

Der Mann, der mich tröstete, lag auf einer Streckbank gefesselt.

Der Vater des Sohnes, der mit allen anderen sterben wird, während ich seine Schwester zu beschützen versuchte.

Ich war eine grauenvolle Mutter.

Das Leben war hier unten schon lange nicht mehr fair gewesen.

Dass realisierte ich, als ich Tony, ohne seinen Anzug, auf dem Boden fand.

Er hatte eine große Platzwunde am Kopf und sein Blut bedeckte sein halbes Gesicht.

Direkt neben ihm in der Ecke, entdeckte ich meinen Mann.

Und endlich bewegte sich mein Körper wieder.

Sofort rannte ich zu ihm und zerschnitt seine Fesseln, riss den Stoff zwischen seinen Lippen heraus und riss ihn in meine Arme.

„Clint...." seufzte ich erleichtert und drückte ihn so fest an mich, als würden wir uns ein letztes Mal sehen. Und dann nie wieder.

Wenn man es genau nehmen wollte, konnte es eine dieser Umarmungen sein, bevor man seinen Mann in den Krieg ziehen lässt. Trotz dessen, dass man wusste, dass er nie wieder kommen würde.

Und genau so hätte es auch sein können.

Ich wollte gar nicht weiter drüber nach denken und zog ihn auf die Beine.

Etwas benommen sah er mich an, blinzelte des öfteren und rieb sich dann den Kopf.

„Sina.." schluckte er und seufzte erleichtert. „Endlich, ihr seid gekommen. Es hätte nicht mehr lange gedauert...-"

„Wanda stirbt, wenn wir sie nicht sofort hier raus bringen." unterbrach Bucky ihn und wir sahen ihn an.

James zerriss seine Jacke in Streifen und band Wanda's Oberschenkel ab, um die Blutung besser stoppen zu können. Dennoch brachte es nicht viel, denn der graue Stoff färbte sich in binnen von Sekunden rot.

„Piet!" rief ich, lief zu ihm und band ihn los. Er rieb sich kurz seine Handgelenke, dann sprintete er zu seiner Schwester. „Bring sie hier raus, Peter und die Guardians haben den Jet vor gebracht. Versucht-"

Ich konnte nicht zu Ende sprechen, denn er war bereits mit seiner Schwester in den Armen, aus dem Raum gerannt.

James lief sofort zu Natasha, flüsterte ein paar wenige russische Wörter um sie zu beruhigen, bevor er seinen Pullover auszog und ihr nackter Körper gänzlich darin verschwinden ließ.

Welch Ungetüm war nur zu solchen Taten fähig?

War mit Rhodes, der letzte Rest der Menschlichkeit von diesem Planeten verschwunden? Wieso sollte man eine Frau an eine wesende Leiche binden? Was erhoffte man sich von solch einer sadistischen Qual? Befriedigung? Erlösung der eigenen Probleme?

Ich wusste es nicht.

Noch kurz sah ich auf die Beiden, ehe ich mich umdrehte und mich, mitsamt Clint, hinab kniete und mich um Tony kümmerte. Leicht schlug ich ihm auf die Wangen, um ihn zurück ins Bewusstsein zu holen. Es dauerte einige Zeit, doch dann öffnete er seine braunen Augen und blinzelte mich an.

„Barton..." krächzte er und sah zu Clint „Legolas Nummer eins...."

Ich lächelte.

Er war definitiv noch der Alte.

„Du bist noch der Alte." seufzte Clint erleichtert und lächelte ebenfalls. „Kannst du dich bewegen?"

„Seh ich so tot aus?" fragte Stark und wir halfen ihm auf die Beine.

„So ungefähr. Aber ein, bis zwei Tage Ruhe und du bist wieder ganz der alte Geizkragen." lachte Clint.

„Wie geht es ihr?" fragte ich Bucky und ließ meinen Mann mit Tony alleine.

„Sie ist total traumatisiert." sprach er „Ich kann es gar nicht verstehen. Für so etwas hat man uns im Red Room ausgebildet. Wir mussten Leute töten. Bei lebendigem Leibe aufschneiden. Tag und Nacht mit ihren stinkenden Leichen verbringen." er schüttelte den Kopf und sah auf Natasha, welche am Boden kauerte und vor und zurück schaukelte, dabei russische Wörter vor sich hin brabbelnd und die Fäuste ballend und wieder öffnend, an die Wand starrte.

„Was haben sie mit ihr gemacht?" dachte ich laut und schüttelte den Kopf.

„Sie haben sie gebrochen." beantwortete er meine Frage, ohne dass sie wirklich an ihn gerichtet war. „Wie auch immer sie es geschafft haben, Black Widow zu brechen, sie müssen Meister darin sein. Maw. Er war es. Da bin ich mir sicher."

"Dieser Kerl von Thanos's Truppe?" ich sah ihn an und er nickte "Ist das der, der jeden überreden kann und manipuliert?"

"Er hat sich bestimmt in ihren Kopf gesetzt und ihre Gedanken manipuliert."

"Ist er so eine Theltyp wie Wanda?" seufzte ich und ließ die Arme fallen.

"Nicht direkt. er kann Gedanken nicht verändern, nur so zurecht legen, dass man zwischen real und irreal unterscheiden kann. Er zeigt dir nur das, was du sehen sollst." er tat es mir gleich und fuhr sich durch das wilde Haar.

"Also nicht in die Augen schauen?" er nickte "Gut. Aber wie dem auch sei, wir müssen schnellsten von hier weg."

"Glaive...." hauchte Natasha und Bucky, sowohl als auch ich, wurden hellhörig. "Ich spüre es."

"Natasha?" fragte Bucky und ich sah ihn kurz an "Was meinst du damit?"

"Es kommt näher. ich spüre sie. Die Klinge, die alles schneidet." sie schaukelte weiter vor und zurück, kaute dabei an ihren Fingernägeln und schlug den Kopf, bei jedem zurück schaukeln, gegen die Wand. "Sie ist bald da. Nur noch ein paar Schritte, dann tötet sie uns alle."

Ordinary Girl [Hawkeye ff] Buch 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt