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-Clairy-

Und vor dem, was jetzt geschieht, habe ich unglaubliche Angst. In dem Moment in dem ich den Abzug betätige, rast mein Herz nur so und mir ist als ob es mir gleich aus der Brust springt würde, so schlimm rast es. Leichte Schweißperlen haben sich auf meiner Stirn gebildet und meine Hände sind vor Nervosität ganz zittrig und nass geworden. Alles um mich herum scheint sich nur noch in Zeitlupe zu bewegen und das einzige Geräusch, das ich vernehme, ist das unregelmäßige Schlagen meines Herzens. Meine Kehle ist staubtrocken geworden und ich kann kaum atmen. Die Luft ist mir einfach wie abgeschnürt worden. Und dann geschieht es.

Ein lauter Knall ertönt und ich werde vom Rückstoß der Waffe zurückgerissen, zucke vor Schreck heftig zusammen und mir entfährt ein leiser Schrei. In der nächsten Sekunde reißt Jan auch schon vor Entsetzen weit die Augen auf, realisiert dann erst, was gerade passiert ist und brüllt laut fluchend auf. Ich hingegen bin durch meine Gedanken wie gelähmt. Alles in mir schreit, schreit mich an, dass ich geschossen habe und dass er nun sterben wird, schreit mich an, dass ich nun eine Mörderin sein werde und so bin ich auch unfähig mich zu bewegen, als Jan plötzlich die Pistole, die er immer noch in seiner Hand hält, aber nicht mehr auf meinen Kopf ziehlt, da er sich mit beiden Händen an den Bauch gefasst hat, wieder auf mich richtet.

Im selben Moment macht der Wagen jedoch solch eine Vollbremsung, dass mein Körper nach vorne fliegt und dann folgen mehrere Schüsse. Auf das Schlimmste gefasst, mache ich mich sofort so klein wie nur möglich, hoffe, dass ich dadurch nicht getroffen werde und tatsächlich tritt kein Schmerz ein. Ich spüre nur wie mehrere kleine Objekte der Reihe nach auf meinen Rücken prallen und dann wird aus den Schüssen ein sich wiederholendes Klicken.

Noch völlig von gerade eben durch den Wind schaue ich wieder auf und neben mich. Einige kaputte Patronenhülsen liegen dort und Jan flucht erneut laut, blickt die Waffe wutentbrannt an und richtet diesen Blick dann auch noch auf mich, hätte mich somit getötet, wenn er es gekonnt hätte. Urplötzlich reißt er seinen Arm zurück und ich kneife schon wieder meine Augen zusammen, doch auch dieses Mal geschieht nichts. Langsam öffne ich sie wieder und erblicke auch schon einen tätowierten Arm dessen zugehörige Hand sich um Jans Handgelenk geschlungen hat und dann geht alles ganz schnell.

Thaddeus klettert auf einmal vom Beifahrersitz nach hinten zu uns, stürzt sich auf den Blonden, der sich verzweifelt zu wehren versucht, ballt seine Hände zu Fäusten und verpasst ihm dann gleich einen so heftigen Kinnhaken, dass er augenblicklich das Bewusstsein verliert. Ich habe das ganze nur völlig überfordert beobachtet, umklammere die Pistole immer mehr  und mein Blick wird glasig, verschleiert sich und schließlich beginne ich hemmungslos zu weinen, bin mit den Nerven völlig am Ende.

Sofort dreht sich Thaddeus, der damit beschäftigt ist Jan mehrere Beleidigungen an den Kopf zu werfen und ihm die Hände mit einem Seil, das er unter einem der Sitze hervorgezogen hat, zu verbinden, zu mir um, doch ich kann vor lauter Tränen nicht mal sein Gesicht erkennen, nur seine verschwommenen Umrisse.

„Hey Clairy, shhhhh...ganz ruhig.", folgt seine beruhigende und sanfte tiefe Stimme und schon spüre ich wie seine Hand zu meiner Hand, die immer noch die Waffe umgreift, wandert. „Gib mir das. Alles ist gut. Es ist vorbei Baby. Es ist vorbei."

Seine Worte sind wie Balsam für meine Seele und so lockere ich schließlich meinen Griff, lasse zu, dass er sie mir vorsichtig aus der Hand nimmt und schlinge dann meine Arme um ihn, kralle mich an seinem Rücken in seinem Oberteil fest und will, dass er mich nie mehr loslässt. Sogleich zieht Thaddeus mich noch näher an sich und hält mich einfach nur, flüstert mir leise beruhigende Worte zu und streichelt währenddessen langsam an meinem Rücken auf und ab. Meine Tränen wollen gar nicht mehr stoppen, fließen unaufhörlich aus mir heraus und mein Körper wird von meinen Schluchzern durchzogen. Erst jetzt merke ich wie weh mir eigentlich alles tut und es ist als würde ich alles erneut durchleben. Wie Jan mir in den Magen schlägt, wie er sein Messer gegen meine Kehle drückt und wie er dessen Spitze in die Haut über meinem Herzen bohrt, wie er meine Handgelenke packt, wie er die Pistole gegen meinen Schädel knallen lässt und ich schreie, schreie meinen ganzen Schmerz und meine ganze Angst aus mir heraus. Solange, bis mir wieder die Kehle vor lauter Tränen zugeschnürt wird und ich merke, wie Thaddeus Hände unter meine Beine gleiten und er mich aus dem Auto hebt. Laut schniefend löse ich mich ein wenig von ihm, nur um den Tätowierten mustern zu können.

Blue Eyes | TaddlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt