Kapitel 15 - Flucht

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Um ein Uhr morgens wurde ich von einem Poltern geweckt und blinzelte verschlafen in die Dunkelheit hinein. „Harry?“, flüsterte ich, weil ich keine Ahnung hatte, ob er bereits hier war. Genau in diesem Moment wurde die Tür zum Zimmer geöffnet und Harry versuchte, sich hineinzuschleichen, ohne mich aufzuwecken. Als er an mir vorbeiging, streckte ich die Hand aus und stupste ihn in die Seite. „ACH DU VERDAMMTE SCHEISSE!“, schrie er erschrocken und hüpfte fast zwei Meter von mir weg. „Niall, du Idiot! Spinnst du komplett?“, fauchte er mich dann flüsternd an und legte sich ins Bett.

„Tut mir leid, aber das war gerade die [i]perfekte[/i] Gelegenheit, die musste ich einfach nutzen!“, lachte ich und drehte mich um. „Wie war dein Date?“

„Ja, es gibt jedenfalls nichts, worüber ich mich hätte beschweren können!“, antwortete er und ich wusste, dass er in dem Moment an sein Date dachte und lächelte.

„Hätte ich bei dieser Uhrzeit auch nicht erwartet!“

„Hey, du sagst Mum gar nichts, kapiert? Ich bin schon um zwölf Uhr nach Hause gekommen, okay?“

„Ja, ist gut. Aber jetzt schlafen wir weiter, ich muss morgen um halb sieben aufstehen!“

„Okay, gute Nacht!“ Dann wurde es wieder still und ich schlief sofort wieder ein.

„Viel Spaß, beim…äh, weitersuchen!“, verabschiedete sich Harry von mir und schien noch einmal kurz zu überlegen, ob er sich das Ganze wirklich antun wollte.

„Haha, danke! Dir noch viel Spaß mit…Melli!“ Ich zwinkerte ihm zu und ging dann zu meinem Bahngleis. Es war bereits fünf vor dreiviertel sieben Uhr und mein Zug fuhr schon ein. Mit meinem Ticket in der Hand stieg ich ein und fand zum Glück schnell einen Platz. Ich musste insgesamt zwei Mal umsteigen und brauchte fast zwei Stunden, bis ich in Doncaster war. Die Zeit während der Fahrt vertrieb ich mir mit Musik hören, mit Cathy schreiben und Songtexte aufzuschreiben.

Kurz nach halb zehn war ich endlich in Doncaster und ich sah mich kurz um. Keine Ahnung, wo ich war, und keine Ahnung, wo ich hin musste. Also einfach improvisieren! Ich lief in irgendeine Richtung, bis ich einen Stadtplan fand und mir den Weg zu einem Hotel suchen konnte. Kaum hatte ich dort eingecheckt, schloss ich die Zimmertür wieder ab und ging dann ein bisschen spazieren. Doncaster war an sich schön, aber nichts für mich, weil ich mich nicht auskannte. Nach einer Zeit kam ich bei einem Frisörsalon vorbei und ich blickte mich im Fenster an. Meine Haare waren schon wieder mehr braun, als blond, und darum beschloss ich, mir die Haare nachfärben zu lassen. Louis würde ich so oder so nicht schneller finden, also konnte ich doch auch so mein Geld aus dem Fenster werfen. Nachdem ich beschlossen hatte, dass die Preise nicht allzu hoch waren, ging ich hinein und erklärte der Frau am Empfang, was ich wollte. Es waren nicht besonders viele Leute im Salon und mich überkamen kurz Zweifel. Andererseits – was konnte man am Haare bleichen falsch machen? Ich musste eine Weile warten, bis ich dran kam, aber da war der Salon bereits gefüllter und es saßen mehrere Leute herum, die sich unterhielten. Nach ungefähr einer Dreiviertelstunde war ich fertig und stand wieder vorm Empfang. „Gut, das wären dann 60€ bitte!“, sagte die Frau und lächelte mich freundlich an. Während ich nach meiner Geldbörse kramte, sah ich durch die Glastür Louis vorbei joggen. Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, aber verdammt nochmal, es war Louis! Allerdings war er schnell wieder weg und ich starrte gestresst zwischen der Glastür und der Frau am Empfang hin und her. Ich musste eine Entscheidung treffen, jetzt. Wenn ich meine Zeit hier verplemperte, würde Louis bestimmt schon weg sein und ich hatte Pech gehabt. Das war meine einzige Chance. „T…Tut mir leid! Ich bin gleich wieder da!“, rief ich schnell und stürmte auf die Tür zu.

„Moment mal! Wo wollen Sie hin!?“, schrie mir die Frau nach, aber ich war bereits aus dem Salon gelaufen und rannte Louis nach. Der joggte fröhlich vor sich hin, während ich ein paar Meter weiter hinter ihm herlief. „LOUIS!“, schrie ich immer wieder, aber er schien mich nicht zu hören. Plötzlich lief er über einen Zebrastreifen, aber als ich ankam, wurde die Ampel rot und ich konnte nicht mehr drüber. „Oh mein Gott, verdammte Scheiße!“, fluchte ich, während ich mich an der Ampel anhielt, um nicht umzukippen. Offensichtlich hatte ich überhaupt keine Kondition mehr und war knapp davor, zu sterben. Louis war bereits so weit weg, dass er fast aus meiner Sicht verschwand und ich beschloss, auf gut Glück über den Zebrastreifen zu rennen. Es war gerade kein Auto in der Nähe, aber kaum rannte ich los, schossen Millionen von diesen fahrenden Monstern hinter Ecken hervor. Nachdem ich fast überfahren wurde, schaffte ich es doch noch auf die andere Seite und lief weiter hinter Louis her. Es passierte mir nicht nur einmal, dass ich über meine eigenen Füße stolperte und fast hinflog, während ich Seitenstechen bekam und mir die Lunge halb hochhustete. Dann blieb Louis endlich bei einer roten Ampel stehen und ich betete, dass sie so lange rot blieb, bis ich kam. Und tatsächlich – als ich Louis erreichte, war die Ampel noch rot! Ich legte meine Hand auf seine Schulter und rief nochmal seinen Namen, sodass er sich endlich umdrehte. „Louis…“, keuchte ich und stützte mich mit meinen Armen auf meine Knie. Mir tat alles weh und ich keuchte so dermaßen, dass mich Louis ernsthaft besorgt ansah. „Hey, ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte er und legte mir eine Hand auf den Rücken.

„Ja…ich muss…mit dir reden!“, stieß ich zwischen meinen Atemzügen hervor und versuchte, mich aufzurichten. Mein Puls war verdammt hoch und ich hatte das Gefühl, mein Herz würde mir gleich aus der Brust springen. „Ich…du…ich bin dir den ganzen Weg…nachgelaufen!“

„Was? W…wer bist du?“, fragte er mich verwirrt und ich schaffte es endlich, mich ein bisschen zu beruhigen.

„Oh mein Gott! Du bist echt schnell!“ Erschöpft wischte ich mir mit der Hand über die Stirn und bemerkte dabei, wie sehr ich schwitzte. Louis hatte mir jetzt echt alles abverlangt!

„Danke, aber…warum bist du mir denn nachgelaufen?“

„Ich hab deinen Namen gerufen, aber du hast mich nicht gehört! Außerdem bin ich aus dem Frisörsalon rausgerannt, bevor ich bezahlt hab, und die glauben jetzt bestimmt, dass ich sie beschissen hab oder so!“

„Äh, okay. Und warum?“

„Weil wir…wir müssen reden. Genauer gesagt: Ich muss dir etwas sagen!“

„Und was?“

„Naja, also ich bin Niall!“, lächelte ich und hielt ihm meine Hand hin.

„Louis!“, antwortete er und schlug ein.

„Ja, ich weiß. Hör zu, ich muss dir echt was sagen, aber erstens, nicht unbedingt hier und zweitens, sollte ich zurück zum Salon, bevor ich ins Gefängnis komme…“

„Ja…äh, okay!“, erwiderte er und dann drehte ich mich um.

„Wo…wohin müssen wir? Ich weiß nicht, wo ich hingerannt bin…einfach nur dir nach!“ Louis lachte und dann machten wir uns auf den Weg zurück zum Salon.

Wir waren noch nicht mal ganz dort, aber ich sah bereits ein Polizeiauto davor stehen. „Na toll…“, murmelte ich und wollte am Liebsten wieder umdrehen.

„Ist das wegen dir?“, grinste Louis und zeigte auf das Auto.

„Ja, höchstwahrscheinlich. Nur, weil ich [i]dir[/i] nachlaufen musste!“ Wir kamen näher und ich betrat den Salon. Die Frau am Empfang redete gerade mit dem Polizeibeamten, als ich reinplatzte. „Das ist er! Das ist er!“, fauchte sie und warf mir Mordblicke zu.

„Okay, okay! Ich kann das erklären!“, erwiderte ich und hob abwehrend meine Hände.

„Diese Frau ist gerade dabei, eine Anzeige aufzugeben!“, warf der Polizist ein und sah auf seinen Block. „Ihnen ist klar, dass Sie nicht einfach abhauen können, ohne zu bezahlen?“

„Ja, natürlich ist mir das klar, Officer! Es gab auch einen Grund, dass ich, äh…abgehauen bin. Aber ich bin ja hier, ich hab doch gesagt, ich bin gleich wieder da!“, versuchte ich zu erklären, aber die Frau sah irgendwie so aus, als würde sie mir gleich an die Gurgel springen und mich auf der Stelle töten.

„Und der Grund wäre?“, zischte sie und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. Wow, sie machte der Wolverhampton-Tussi und Harry echt Konkurrenz!

„Ich…ich hab Louis“, ich zeigte auf Louis, „vorbeilaufen sehen und ich…wollte mit ihm reden, darum musste ich ihm nachlaufen!“ Alle im Salon sahen mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich bin ja wiedergekommen und außerdem hatte ich doch vor zu bezahlen! Ich hab das Geld ja hier!“ Erneut kramte ich nach meiner Geldbörse und zog die 60€ hervor. Schnell reichte ich sie der Frau und lächelte sie und den Polizisten entschuldigend an. „Ziehen Sie die Anzeige zurück?“, wandte sich dieser jetzt an die Frau am Empfang und nach langem Überlegen stimmte sie zu. „Wir müssen trotzdem noch mit Ihnen reden! Kommen Sie bitte mit aufs Revier!“, sagte er zu mir und drehte sich dann um.

„Was? Aber…ich muss…“ Zerknirscht sah ich Louis an und dieser zuckte mit den Schultern. „Kann ich…äh, deine Handynummer haben? Damit ich dich anrufen kann, wenn das geklärt ist?“, fragte ich und dann tauschten wir schnell unsere Nummern aus, bevor ich ins Polizeiauto stieg und aufs Revier kutschiert wurde.

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Jetzt hat er doch ehrlich Louis gefunden! Und muss jetzt auf einmal aufs Polizeirevier, oh nein! ;)
Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr fandet es ein bisschen amüsant ;)

xoxo JuLy <3

Was it only just a dream?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt