Kapitel 24 - Eine verrückte Nacht in Bradford

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Es war nicht Cathy. Das Mädchen sah ihr nur sehr ähnlich, aber es war nicht Cathy. Trotzdem lächelte sie mich freundlich an: „Hey!“

„Hey!“, erwiderte ich und versuchte, ein Lächeln zusammenzubekommen. Ich wollte, dass sie Cathy war, aber sie war es nicht.

„Ich bin Lucy!“, stellte sie sich vor.

„Ich bin Niall!“, erwiderte ich und dann sah sie mich erwartungsvoll an. Wahrscheinlich erwartete sie, dass ich sie auf einen Drink einlud. Aber erstens hatte ich kein Geld dafür und zweitens, warum sollte ich? Schließlich wollte ich einfach nur, dass Cathy hier war und nicht Lucy. Das schien auch sie nach einer Zeit zu kapieren und begann, Small Talk mit mir zu führen. Nachdem wir etwas geplaudert hatten, fragte sie: „Willst du dich zu meinen Freunden und mir setzen? Du sitzt ganz alleine hier, also vielleicht willst du etwas Gesellschaft?“

Ich fand ihr Angebot äußerst nett und ich wollte mich wirklich nicht weiter alleine langweilen, also stimmte ich zu und folgte ihr zum Tisch. Dort stellte sie mich ihren Freunden vor und wir holten uns vom Nachbarstisch einen Sessel. Die anderen waren auch ganz nett und wir lachten viel, sodass die Zeit schnell verflog. Schon bald hatten sie herausgefunden, dass ich aus Irland kam und sie lachten sich halb tot, weil mich fast niemand von ihnen verstand. Ich fand die ganze Situation auch ziemlich witzig, vor allem, weil ich sie verstand.

Um ein Uhr morgens schloss die Bar und wir verließen sie. „Wollen wir noch irgendwo hin?“, fragte Matt, einer der Jungs aus der Gruppe.

„Ja klar, es ist doch erst ein Uhr morgens!“, rief Emily, die schon etwas beschwipst war.

„Wohin?“

„Wie wär’s mit Kino?“, schlug Lucy vor. Ich fand, sie war Cathy sehr ähnlich und teilweise vergaß ich, dass sie nicht Cathy war.

„Hat jetzt noch eins offen?“, entgegnete Brad, ein großer, blonder Typ. Sofort zog Matt sein Handy aus der Tasche und nach einigen Minuten verkündete er: „In einer viertel Stunde beginnt Bad neighbors! Wer ist dafür?“ Er bekam ein einstimmiges „geht klar!“ aus der Gruppe und so beschlossen sie, ins nächstgelegene Kino zu fahren. Gerade, als sie losspazieren wollten, hielt ich sie auf: „Sorry Leute, ich kann nicht mitkommen, ich hab kein Geld mehr!“

„Echt nicht?“, vergewisserte sich ein etwas dünnerer Typ, dessen Namen ich nicht mehr wusste. Zerknirscht schüttelte ich den Kopf. „Wir laden dich ein!“, schlug Brad vor. Ich hob den Kopf und sah ihn erstaunt an. „Aber ihr kennt mich doch überhaupt nicht und wollt mich einfach einladen?“, fragte ich skeptisch nach. Warum sollten sie mir eine Karte schenken, obwohl ich ein wildfremder Ire war?

„Du bist ganz cool und wenn wir alle das Geld aufteilen…“, erklärte er und wandte sich an den Rest der Gruppe. „Wärt ihr bereit, einen Euro für unseren irischen Freund auszugeben?“ Die anderen nickten und lächelten mich an.

„Wow, danke Leute!“, grinste ich und wusste nicht ganz, wie genau ich mich bedanken sollte. „Echt super nett von euch!“

„Kein Ding, Mann!“, meinte Brad und klopfte mir auf die Schulter. „Wir sollten jetzt allerdings gehen, sonst wird das mit dem Film nichts!“ Dann setzte sich die Gruppe in Bewegung und wir gingen zum Kino.

Zwei Stunden später war der Film vorbei und wir standen draußen in der Kälte. „Also dann, ich werde jetzt nach Hause gehen!“, verabschiedete sich als erste Emily. Nach und nach gingen immer mehr Leute und am Ende waren nur noch Lucy, Brad und ich übrig. „Was machst du jetzt, Niall?“, fragte Brad und sah mich interessiert an.

„Keine Ahnung“, meinte ich schulterzuckend, „mich vermutlich auf eine Parkbank legen und nicht schlafen können!“ Er bedachte mich mit einem komischen Blick und schien zu überlegen. Auch Lucy überlegte und dann sahen sie sich beide in die Augen. Ich hatte das Gefühl, die beiden wollten unter vier Augen miteinander reden, was auch immer es betraf und darum murmelte ich so nebenbei: „Mir wird ganz schön kalt hier…ich muss mich mal ein bisschen bewegen!“ Dann ging ich ein paar Meter von ihnen weg und lief dort im Kreis, während ich fror und überlegte, ob ich wirklich auf einer Parkbank schlafen wollte. Natürlich wollte ich das nicht, aber andererseits konnte ich mir nicht vorstellen, dass mir Brad oder Lucy einen Schlafplatz anbieten würden. Das konnte ich ihnen auch nicht übel nehmen, schließlich würde ich das vermutlich auch nicht machen. Plötzlich standen die zwei wieder neben mir und Brad begann zu erklären: „Wir werden jetzt auch nach Hause gehen…kommst du hier allein zurecht?“ Ich wusste, dass sie mir keinen Schlafplatz anbieten würden.

„Ja, alles klar“ Nichts war klar, aber was sollte ich machen?

„Können wir dich echt allein lassen?“, fragte Lucy kleinlaut und sie schien sich schuldig zu fühlen.

„Ja, könnt ihr, keine Angst. Geht nach Hause, ich werde hier bleiben…“ Ich schaute auf meine Schuhe, blickte dann allerdings gleich wieder auf, weil ich ihnen kein schlechtes Gewissen machen wollte. Lucy schien noch etwas mit sich zu ringen, aber dann verabschiedete sich Brad und zog sie mit sich. Innerhalb von ein paar Minuten waren die zwei in der Dunkelheit verschwunden und ich stand allein unter dem Licht einer Laterne. -Na ganz toll und was mach ich jetzt?- Etwas unsicher stand ich herum und dann machte ich mich auf die Suche nach einer Bank, auf der ich die Nacht verbringen konnte. Es war bereits drei Uhr morgens und ich war mir sicher, dass Dad meine Karte frühestens um sieben Uhr morgens wieder entsperrt hatte. So ein Mist aber auch…

Plötzlich entdeckte ich eine Parkbank, die etwas weiter weg stand und halb von einer Laterne beleuchtet wurde. Ich kam mir vor wie bei Harry Potter, als ich auf sie zuging und es überall knacksen und quietschen hörte. Das Gefühl war furchtbar und als ich die Bank erreicht hatte, schnappte ich mein Handy und leuchte mit dem Bildschirm die Gegend ab. Da niemand hier zu sein schien, setzte ich mich hin und umarmte dann meinen Rucksack. Es konnte ja sein, dass ich einschlafen würde und ich wollte unter keinen Umständen, dass mir jemand irgendwas stahl. Obwohl es echt nicht viel war, aber das war mir egal. Da saß ich also und starrte in die ferne Dunkelheit. Ich ärgerte mich, dass ich kein Buch oder sonst was mitgenommen hatte, weil so konnte ich mich überhaupt nicht beschäftigen. Musik wollte ich nicht hören, weil ich dann nichts mehr um mich herum hörte. Also saß ich da und dachte nach. Wie immer kamen mir Zweifel an der ganzen Sache, ich wollte hinschmeißen, aber verdammt nochmal, ich war bereits bei Zayn. Bei Zayn. Das bedeutete, ich war schon fast am Ziel, was auch immer mein Ziel war. Darum schöpfte ich neue Hoffnung, gab wieder auf, glaubte wieder an mich und so weiter. Es war ein ewiges Hin und Her, das in mir stattfand, und irgendwann wurden meine Augen immer schwerer. Ein paar Minuten später kippte ich nach links auf die Seite, immer noch den Rucksack in meinen Armen, und pennte dann halb sitzend und halb liegend auf der Parkbank ein.

Um sieben Uhr morgens wurde ich geweckt, weil es in meiner Hosentasche vibrierte. Müde tastete ich nach meinem Handy, schaffte es aber nicht, rechtzeitig abzuheben. Ich öffnete meine Augen und blinzelte gegen das Licht, während ich mich langsam aufrichtete. Mir tat alles weh, kein Wunder, so wie ich dagelegen war. „Guten Morgen!“, sagte plötzlich jemand neben mir und ich zuckte erschrocken zusammen. Schnell sah ich der Person ins Gesicht und merkte, dass es Lucy war. Lucy, die so aussah wie Cathy, aber es doch nicht war. „Oh mein Gott, hast du mich vielleicht erschreckt!“, teilte ich ihr mit. „Was machst du denn hier?“

„Ich muss an die Uni und dachte mir, ich sehe mal nach, ob du noch hier bist und lebst! Wie man sieht, bist du noch am Leben!“, erklärte sie und lächelte mich freundlich an.

„Ja, wobei du mich halb umgebracht hast, so wie du mich erschreckt hast!“

„Tut mir leid…aber naja, ich muss jetzt dann weiter. Schönen Tag!“, verabschiedete sie sich, stand auf, spazierte davon und ließ mich verwirrt zurück. -Was war das grade?-, fragte ich mich, erinnerte mich dann allerdings wieder, dass ich von meinem Handy geweckt worden war. Sofort schaute ich nach, wer angerufen hatte, und es war Dad. „Hallo? Dad? Ist die Karte entsperrt?“, rief ich ins Handy, als mein Dad endlich abhob.

„Ja, sie funktioniert wieder. Heb aber nicht zu viel ab, ja?“, erwiderte er nur kühl.

„Willst du sie sonst wieder sperren oder was?“

„Was weiß man. Es wäre besser für dich, du lässt es!“

„Dad, was soll der Scheiß? Ich bin 19, kann ich über mein Geld nicht selbst entscheiden?“

„Was man an deiner Handyrechnung so sieht, offensichtlich nicht!“

„Das war doch nur ein… egal! Danke und bis bald!“ Dann legte ich ohne auf eine Antwort zu warten auf. So ein Verrückter! Ich war 19 Jahre alt! Ich schüttelte den Kopf kurz, um meine Gedanken daran zu verscheuchen und stand dann auf, um mir ein Hotel zu suchen.

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Niall hat überlebt, was für ein Glück. Wie ich das geschrieben hab, wusste ich es noch nicht, aber ich hab sowas auch schon mal erlebt :P nur mit Strand statt Parkbank. Noch wer im Club der Irgendwo-Schläfer? :D
Im nächsten Kapitel geht's endlich los, ich schwöre! :D

xoxo JuLy <3

Was it only just a dream?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt