Chapter 51

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Verwirrt über mich selbst, aber dennoch konzentriert, ging ich neben Amanda her. Ich fokussierte meinen Blick auf den Boden, um ein wenig die Angst zu lindern, Kira aufeinmal vor mir zu sehen. Wir waren auf dem Weg zu Sam um ihm zu helfen. Ich wusste nicht wie schlimm es werden würde. Wie er damit umging. Besonders jetzt hatte ich das Gefühl meinen besten Freund nicht zu kennen. Als wir ankamen, bat uns Kiras Mutter schon rein. Sie führte uns leicht bedrückt zu seinem Zimmer, auch wenn wir wussten wo dieses war. Sie klopfte vorsichtig an seine Tür, während ich schluckte. Ein erdrückendes Gefühl enstand aus Angst und auch leichte Neugier. Aber diese Vermutung, dass er in diesen tiefen Abgrund gefallen ist, wurde immer größer als man nichts aus seinem Zimmer hörte. Die ältere Frau neben mir, seufzte und entschloss sich wieder nach unten zu gehen. Ich glaube ihre Hoffnung, dass sie Sam wiedersehen konnte, schwand auch in ihr. Ich schloss meine Augen fasste entschlossen die Türklinke an und war bereit hinunter zu drücken.

"Du weißt, dass er abgeschlossen hat", hörte ich es neben mir. Erschrocken wollte ich schon in Kiras Augen schauen, doch stattdessen starrte ich auf Amandas Kopf, die auf die Tür starrte und diesen Satz ausgesprochen hatte. Leicht beruhigend seufzte ich aus.

"Sam", nuschelte Amanda und hielt ihre Hand an die Tür.

"Mach auf", ich sah zu ihr hin. Es schmerzte. Es schmerzte, dass er sich so abgeschottet hatte. Es schmerzte, dass er keinen an sich ran ließ.
Langsam begann ihr Blick nach unten auf den Boden zu wandern.

"Bitte", hauchte sie noch. Geschockt rissen sich meine Augen auf, als ich silberne kleine Perlen sah, die in der Luft auf den Boden fielen. Diese glänzenden Tränen kamen auf den Boden auf und zersprangen in kleine Teile.
Wir standen eine ganze Weile einfach dort und schwiegen. Hofften das er jede Minute die Tür öffnete.
Nach einiger Zeit in der wir uns inzwischen schon vor seiner Tür hingesetzt hatten, ergriff ich die Eigeninitiative.

"Du machst jetzt die verdammte Tür auf. Sonst trete ich die ein", zuerst war ich ruhig, bis hin das ich etwas lauter wurde und viel ernster. Plötzlich sah ich links neben der Tür Kira angelehnt. Geschockt rissen sich meine Augen auf.
"Du hast doch garnicht die Kraft, die Tür einzutreten", lachte sie mich leicht aus. Ihr kicherndes Gesicht und ihre braunen Haare, die ihr runter hingen. Ihre sanfte Stimme, die einen sonst so beruhigte, mich doch in meiner Verfassung sehr unter Druck und Angst setzte. Ich spürte wie meine Handflächen anfingen zu schwitzen. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich weiterhin auf die Tür. Aufeinmal hörte ich etwas im Zimmer rummoren, als ob Sam etwas runter geworfen hatte. Amanda neben mir sah besorgt auf die Tür und versuchte wie ich wahrscheinlich den Klang von diesem Objekt zu erkennen. Es war eindeutig ein schwerer Gegenstand. Andererseits hatte dieses dumpfe Geräusch Hoffnung in uns geweckt. Vielleicht wollte er aufstehen und hat dabei etwas umgeschmissen. Doch auch nach wenigen Minuten rührte sich nichts. Ich zuckte nur mit den Schultern und ging ein paar Schritte zurück, um einen gewissen Abstand zur Tür zu bekommen. Langsam hob ich mein Bein um dann mit Kraft gegen die Tür zu treten doch bevor ich ausholen konnte, stoppte mich Amanda.

"Was machst du da!? Du kannst die Tür nicht kaputt machen", sagte sie leicht mahnend und legte ihre Hände auf mein angehobenes Bein, um es auf den Boden zu befördern.
Ich dagegen sah weiterhin angestrengt zur Tür.
Wie soll ich ihn den jetzt reinkommen? Vorsichtig fasste ich die Türklinke an und seufzte ein wenig, bevor ich wieder die Hoffnung hatte diese runterzudrücken.
Zu meiner Verwunderung ging die Tür sogar auf und ein knarrendes Geräusch ertönte. Also hatte er sie doch aufgeschlossen. Langsam kam mir die Dunkelheit entgegen und die Schwärze die der Raum wiedergab. Ebenfalls die trockene und modrige, alte Luft die schon verbraucht war.
Amanda neben mir hatte angefangen ihren Atem anzuhalten und trat wie ich vorsichtig in den Raum. Wir schlossen hinter uns die Tür und sahen uns im düsteren Raum um.
Plötzlich hörten wir es rascheln, als würde Sam uns so symbolisieren wollen, dass er in seinem Bett liegt.

"Geht weg", hörten wir eine schwache und raue Stimme. Sie hatte nicht mehr den Klang vom sorgenden und ernsten Sam, der sich gerne mit uns unterhaltet hat. Die Stimme brachte eine Atmosphäre des Erdrückens hervor. Als würde ihm die Kraft fehlen jemanden etwas zu sagen. Als hätte er schon seid Tagen lange geschrien und jetzt die Stimme verloren. Ich hatte das Gefühl, als würde er irgendwas unterdrücken. Langsam ging ich auf das Bett zu, wo ich ihn hoffte anzutreffen.

"Sam-", fing ich an.

"Geht!", kam es mir plötzlich aggressiv entgegen. Erstarrt blieb ich nach den kurzen, herantastenden Schritten stehen. Ich versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen, doch der Versuch scheiterte.
Ich sah in die gegen gesetzte Richtung von mir und versuchte den Umriss von Amanda zu erkennen, die noch an seiner Tür stand.

"Ich werde nicht gehen. Nicht ohne dich", sagte ich ernst und zu Sam gerichtet.
Ich werde dich nicht hier lassen, Sam.
Ich werde es nicht.
Ich werde dich aus dem schwarzen, tiefen Loch befreien.
Das habe ich versprochen.

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