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Taehyung

Die Visite nach einer anstrengenden Nacht wie dieser ist immer besonders nervenaufreibend und einzig der Gedanke, dass mein Zuhause mich erwartet, lässt mich nicht vollends in schlechter Laune versinken. Der letzte Patient für heute ist der junge Mann mit der Schussverletzung, die Operation ist glücklicherweise zu seinen Gunsten verlaufen und nun muss ich nur noch einmal nach ihm sehen, bevor ich Feierabend machen kann.

Allerdings höre ich ein Rumpeln hinter der Tür, nachdem ich angeklopft habe und öffne sie sofort, nur um den Patienten vor dem Bett auf dem Boden liegend vorzufinden. Eilig laufe ich zu ihm hin und fasse ihn automatisch an seinem Arm, während ich direkt frage: »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«

Er braucht einen Moment, um mich anzusehen und als seine Augen mein Gesicht fixieren, weiten sich diese für eine Sekunde. Es war nicht lang, vielleicht lediglich ein Wimpernschlag, aber es reicht, um mich zum Nachdenken zu bringen. Irgendetwas scheint ihm aufgefallen zu sein, als er in mein Gesicht gesehen hat, aber aktuell gibt es wichtigeres als sich darüber Gedanken zu machen.

»Können Sie ein wenig mithelfen?«, frage ich trotz meiner Müdigkeit höflich, als ich ihm unter den Arm greife, während eine Schwester sich auf die andere Seite stellt. Er nickt langsam und lässt sich von uns hochziehen, sodass er kurz darauf bereits wieder in seinem Bett liegt.

Ich seufze einmal leise und lasse mir kurz seine Akte geben, überfliege schnell die aktuellen Laborergebnisse, bevor ich ihn dann untersuche. Nahe seines Kopfes trete ich an das Bett heran und beuge mich über ihn, leuchte dabei mit einer kleinen Lampe in seine Augen, um die Pupillenreaktion zu überprüfen.

»Reagibel, isocor«, gebe ich dir Schwester weiter, was sie in der Akte notiert. Dann wende ich mich an den Patienten. »Wissen Sie, wo Sie hier sind?«

»Im...Krankenhaus, denke ich«, antwortet er mit kratziger Stimme leicht verwirrt, vermutlich über die Art meiner Frage. Allerdings muss ich sie stellen, es könnte ja sein, dass man neurologische Ausfälle übersieht.

»Wie heißen Sie?«, frage ich weiter und schiebe nun dann auch sein T-Shirt hoch, um mir noch einmal die Wunde anzusehen. Er atmet einmal tief ein, das bemerke ich sofort und sehe wieder in sein Gesicht, um herauszufinden, woran das gelegen haben könnte.

»Jeon Jungkook«, erwidert er mit nun deutlich kräftigerer Stimme, was mich zu einem leichten Nicken bringt. Aus irgendeinem Grund kommt mir der Name bekannt vor, aber ich schiebe das kleine Chaos in meinem Kopf einfach auf die Übermüdung.

»Sehr schön«, sage ich dann und richte meine Augen wieder auf den Verband. Während ich diesen langsam löse, kläre ich ihn über seinen Zustand auf. »Mr. Jeon, Sie erlitten eine Schussverletzung innerhalb des linken, oberen Quadranten Ihres Abdomens, sodass sie notoperiert werden mussten. Glücklicherweise hat die Kugel nichts lebensgefährliches getroffen, außer dass Ihre Milz ein wenig betroffen war. Es gelang uns aber, die Kugel ohne Komplikationen zu entfernen und somit alle Verletzungen zu beheben.«

Ich hebe nun den Verband ab und betrachte die Naht, taste noch einmal sanft seinen Bauch ab, während ich der Schwester noch einige Informationen zukommen lasse. Unentwegt spüre ich währenddessen seinen aufmerksamen Blick auf mir und erst als ich ihn wieder neu verbunden habe, sehe ich erneut mit einem leichten Lächeln in sein Gesicht. »Haben Sie irgendwelche Fragen?«

Tatsächlich lacht er leise, bevor er das Gesicht einmal vermutlich wegen des Schmerzes verzieht. »Können Sie das vielleicht noch einmal für Nicht-Mediziner wiederholen?«

Nun grinse ich auch breit, aus welchem Grund auch immer, denn sonst empfinde ich es eher als lästig, alles nochmal und vereinfacht zu erklären. Doch bei ihm macht mir das nichts aus, vielleicht liegt aber auch das an dem Gedanken über mein wartendes Zuhause. »Die Kugel ist in ihren Bauchraum eingetreten und hat ihre Milz leicht verletzt. Wir konnten Sie ohne große Probleme stabilisieren, allerdings sollten Sie sich schonen. Für Sie ist die nächsten Tage Bettruhe angesagt und sollte ich mitbekommen, dass Sie das missachten, bekommen wir beide Ärger.«

Am Ende meiner Worte zwinkere ich ihm trotz der Schärfe in ihnen leicht zu, gebe dann der Schwester ein Zeichen und reiche dem Patienten die Hand. »Auf Wiedersehen, Mr. Jeon.«

»Ebenso, Dr. Kim. Und danke für Alles«, erwidert er und drückt kurz meine Hand, bevor ich mich umdrehe und das Zimmer verlasse. Auf dem Weg zu der Umkleide entledige ich mich bereits meines Kittels und habe schon jetzt in den Feierabendmodus geschaltet.


ᴘᴀʀᴛɴᴇʀsᴛᴏʀʏ ʙʏ:
ᴊɪᴀɴᴊᴇᴏɴ13 & ᴛᴀᴇ-ʀᴀʜ

𝖱𝖾𝗎𝗇𝗂𝗈𝗇  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt