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Taehyung

Mein Kopf ist ein reinstes Chaos nach diesem Gespräch. Es ist zwar ganz angenehm, dass relativ zügig diese Vertrautheit zwischen uns herrscht, aber dennoch plagt mich das schlechte Gewissen. Ich habe ihn nicht erkannt, obwohl ich hätte wissen müssen, wer er ist. Und vor allem hätte ich derjenige gewesen sein müssen, der ihn darauf anspricht und dessen erste Worte eine Entschuldigung hätten sein müssen.

Ich betrete den Pausenraum und sehe Seokjin dort mit einem breiten Grinsen sitzen, der auf den Tisch zu einem Becher deutet. Augenblicklich muss ich dieses Grinsen trotz meiner Gedanken erwidern und setze mich zu ihm, nippe dabei direkt an meinem Kaffee.

»Warum wolltest du mich sprechen?«, frage ich ihn dann und stelle den Kaffee wieder ab, verschränke dann die Hände hinter meinem Kopf und strecke die Beine aus.

»Ich wollte dich an unsere Verabredung heute Abend erinnern.«

Ich mache ein gespielt überraschtes Gesicht. »Ach, war das heute?«

Mein bester Freund schnaubt empört, doch ich lache nur und winke dabei entschuldigend ab. »Klar, weiß ich das noch. Immerhin liegst du mir seit Wochen in den Ohren und willst mir diesen Namjoon vorstellen. Außerdem erinnert mich Hyuna auch täglich daran. Die ist wahrscheinlich aufgeregter als du.«

Seokjin nickt zufrieden. »Wenigstens eine, die in eurer Beziehung für Ordnung herrscht.«

Ich seufze einmal und lege den Kopf in den Nacken, spüre weiterhin den Blick des Älteren auf mir. »Ist alles in Ordnung, Tae?«

Ich nicke erst, schüttle dann aber mit geschlossenen Augen den Kopf. »Nein, ehrlich gesagt nicht.«

»Was ist los?« Sofort klingt er ernster und faltet die Hände auf dem Tisch, lehnt sich sogar ein Stück zu mir hinüber. Ich habe ihm nie von Jungkook erzählt, wie könnte ich auch, wenn meine Eltern alles daran gesetzt hatten, dass ich meinen besten Freund vergaß. Und es hatte tatsächlich geklappt, erst verließen sie das Land mit mir und dann hörte ich jahrelang nichts mehr von ihm, sodass mir gar nichts anderes einfiel, als ihn zu vergessen.

Ihn aber nun in meiner unmittelbaren Nähe zu haben, fühlt sich komisch und gut zugleich an. Ich möchte gern diese typische Vertrautheit zu ihm wieder aufbauen, ein genauso enges Verhältnis zu ihm schaffen, wie wir damals hatten. Aber das liegt nicht in meinem Entscheidungsbereich. Jungkook muss es wollen.

»Tae?«, reißt mich die Stimme Seokjins aus meinen Gedanken und ich schrecke leicht auf, setze mich dabei gerade hin. »Ja, entschuldige, ich war in Gedanken.«

»Schon gut. Willst du darüber reden?« Er legt fragend den Kopf schief.

Ich will gerade antworten, da ertönt dieses Mal sein Pieper und er steht mit einem Seufzen auf. »Tut mir leid, da muss ich hin«, entschuldigt er sich, doch ich winke ab.

»Alles gut, ich erzähle es dir dann wann anders.«

Seokjin lächelt mir noch einmal zu und verlässt dann den Pausenraum, bevor ich erneut zu dem Becher Kaffee greife. Sofort kreisen meine Gedanken wieder um Jungkook und mit jeder Sekunde wird mein schlechtes Gewissen größer. Was wäre gewesen, wenn er in meinem OP gestorben wäre? Ohne dass ich gewusst hätte, dass er es gewesen war? Wahrscheinlich wäre ich meinen Lebtag nicht mehr froh geworden.

Ich trinke den Kaffee aus und knülle den Becher zusammen, werfe diesen dann in den Mülleimer. Es ist wahrscheinlich das Beste, wenn ich mich noch einmal angemessen bei ihm entschuldige und jetzt einfach versuche, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Es kann nur Schicksal sein, dass er mir wieder zugeführt wurde und das darf ich nicht einfach so wieder wegwerfen. Nicht dieses Mal.


ᴘᴀʀᴛɴᴇʀsᴛᴏʀʏ ʙʏ:
ᴊɪᴀɴᴊᴇᴏɴ13 & ᴛᴀᴇ-ʀᴀʜ

𝖱𝖾𝗎𝗇𝗂𝗈𝗇  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt