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Sie will in den Flur, aber Myro zieht sie am Arm zurück. Leider so heftig, das sie über ihre eigenen Füße fällt und genau gegen seinen Körper. Seine Brust ist hart, als würde sie auf Knochen fallen, aber es sind nicht nur Knochen unter dem Shirt.
In den paar Sekunden, wo ihr Kopf auf seiner Brust ruht, kann sie sein wild schlagendes Herz hören.
„Wieso ist dein Herz so schnell? Du hast dich doch gar nicht angestrengt.", sie stellt sich gerade hin und macht einen Schritt zurück.
   Du bist echt naiv.
„Ach, das hab ich manchmal. Kein Grund zur Sorge, schließlich bist du diejenige mit der offenen Seite.", verlegen sieht er überall hin, nur nicht zu ihr.
„Das ist doch schon fast verheilt.", sie hebt ihr Shirt, nur um auf den Verband zu schauen.
Er hat schon recht, es tut immer noch weh.
„Aber gehen wir jetzt da hin?"
„Nein.", erst jetzt merken beide, dass Myros Hand immer noch ihren Arm festhält.
Kaleihrah zieht ruckartig ihren Arm weg und stürmt ins Wohnzimmer.
„Hey!", er folgt ihr, bleibt allerdings in der Tür stehen.
„Was?", sie dreht sich zu ihm.
Kyra spürt ihre Chance, da Kaleihrah so aufgebracht ist, und versucht die Kontrolle zurück zu bekommen. Doch Kaleihrah hat ganz andere Pläne.
   Entscheid dich mal! Du kannst nicht beides sein.

Halt den Mund. Lass mich in Ruhe, ich muss in Ruhe nachdenken. Wir müssen hier raus, also lass mich machen.

Was denn? Willst du einfach heute Nacht abhauen? Und dann? Wohin sollen wir gehen?
„Ahh!", sie fasst sich wieder an den Kopf, um Kyra unter Kontrolle zu bringen, die weiterhin versucht den Körper zu übernehmen.
„Es tut mir leid, aber ich will euch ungern in dem Zustand in der Stadt rumrennen lassen, sonst würde ich sofort mit dir in die Bibliothek gehen. Aber erst wenn du komplett geheilt bist.", er kratzt sich den Nacken.
„Echt jetzt?", erstaunt sieht sie ihn an.
„Ja, für mich ist es schließlich auch nicht ganz ungefährlich, dich hier zu behalten..."
   Na danke.
„Okay. Dann müssen wir wohl schneller gesund werden.", sie dreht sich wieder rum und springt auf die Couch.
Seufzend schüttelt Myro den Kopf und geht aus dem Raum.
„Hey, wo gehst du hin?"
Er kommt wieder mit einem rechteckigen Kasten in der Hand und setzt sich auf den Stuhl, der dieselbe Farbe wie die Couch hat. Er öffnet den Kasten und starrt darauf. Seine Augen bewegen sich hin und her. Nach ein paar Minuten hebt er ein dünnes Stück von der linken Seite des Kastens und legt ihn auf die rechte Seite. Das wiederholt er mehrere Male.
   Was zur...was macht er da? Und warum macht er das? Und warum ignoriert er uns?
Kyra ist genervt und interessiert gleichzeitig.
„Was ist das da?", fragt Kaleihrah einfach gerade heraus.
Myro schaut mit fragendem Blick hoch. Sie nickt mit dem Kopf in Richtung seines Schoßes, wo der Kasten drauf liegt. Er sieht zurück und kichert leicht.
„Das ist ein so genanntes Buch. Ich bin einer der Wenigen, die eines besitzen. Die meisten kaufen sich zwar die Zeitschriften, die es so gibt, aber Bücher werden erstens kaum noch verkauft und zweites stecken in ihnen unglaubliche Geschichten, meiner Meinung nach..."
„Da drin soll eine Geschichte sein? Wie geht das denn?"
„Sie ist geschrieben, schau.", er hebt das Buch an.
Auf der offenen Seite sind schwarze Linien. Manchmal sind sie unterbrochen, aber sie verlaufen über die ganze Seite. Es sind keine reinen Linien, wie sie beim genauen betrachten bemerkt, es sind Zeichen, Symbole. Sie sind rund und haben gerade strichen an sich.
„Ihr könnt damit nichts anfangen, kann das sein?", er lehnt das Buch zurück und lächelt leicht.
Sie nickt.
   Was wird das hier?
„Das nennt man Buchstaben. Sie bilden Wörter, die wiederum Sätze, die die Geschichte ergeben. Um zu verstehen, was da steht, muss man lesen können. Das lernt man in der Schule normalerweise, doch da ihr offensichtlich schon immer im Observatorium wart, werden sie euch sowas nicht beigebracht haben, weil sie es als unwichtig ansehen einem Hybriden das Lesen und Schreiben beizubringen."
Bei ihrer Wesensbeschreibung zuckt Kaleihrah kurz zusammen und knurrt leicht.
„Oh, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es euch nicht gefällt, Hybrid genannt zu werden. Wie soll ich euch stattdessen betiteln, wenn ich von euch rede?", verlegen fährt er sich mit der Hand erst durchs Gesicht, dann durch die Haare und reibt sich letztendlich den Nacken.
   Hör auf ihn so anzustarren.
„Äh...wie wärs mit Zweiseelen?"
   Was? Das hast du dir doch jetzt nur ausgedacht.

Immer noch besser als Hybrid.
„Okay. Ich werde versuchen, mich dran zu halten."
„Liest du mir etwas vor? Da du es anscheinend beherrschst, diese Zeichen zu verstehen."
„Öhm, klar. Kann ich machen."
Sie dreht sich rum und legt sich bequem seitlich auf die Couch. Die Augen schließt sie, um sich besser auf seine Stimme konzentrieren zu können. Sie hört das rascheln der Seiten.
„Das hier ist übrigens ein Märchenbuch. Die Geschichten darin sind zwar nie passiert, aber trotzdem schön. Also...es war einmal vor langer Zeit, da gab es ein kleines Mädchen, das jeder lieb hatte. Zu Ihrem 11. Geburtstag, bekam sie einen Kaputzenmantel, der so rot wie eine Rose war. Da das Käppchen dem Mädchen so gefiel, trug es dieses jeden Tag. Von da an hieß es überall wo es hinkam, Rotkäppchen."
Sie lauschen dem Märchen und schlafen langsam ein. Doch während sie schlafen, bekommen sie noch alles der Geschichte mit. Nachdem Myro die Geschichte mit einem „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute." beendet, legt er das Buch beiseite. Kaleihrah hört Schritte und ein leises klacken.
   Er hat den Kasten mit den bewegenden Bildern angemacht.
Der Kasten spricht, aber sie versteht nicht, wovon die Rede ist. Plötzlich spürt sie, dass sich die Couch auf Höhe ihres Bauches senkt.
Nach einigen Minuten ist wieder ein leises klacken zu vernehmen und es wird still. Mit jeder Sekunde die es still ist, sinken Kaleihrah und Kyra tiefer ins Traumland. Doch mit einem Mal, bewegt sich Myro. Er streift mit seiner Hand eine Strähne, die ihr im Gesicht hängt hinters Ohr.
Bei der Berührung mit ihrer Wange, fühlt sich diese an, als würde sie Feuer fangen.
„Ich verspreche es dir."
Was?
Doch sie ist schon zu fest eingeschlafen.

Einmal Dämon, immer DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt