Die Sirenen sind laut. Ihre Ohren schmerzen. Auch das Zuhalten dieser hilft nicht weiter. Myro zieht sie wieder in die engen Gassen, die diesmal sogar so klein werden, dass sie beide gerade so hintereinander hindurch passen.
Sie haben bestimmt wegen uns den Alarm ausgelöst. Sie werden uns finden und dann werden sie uns töten.
Sie versucht die Panik in sich zu ersticken und die dämonische Kälte herrschen zu lassen, doch das funktioniert nicht so einfach.
Sie rennen und rennen. Minute um Minute gehen um. Sie spürt Myros rasenden Puls an ihrer Hand.
Wir schaffen es niemals, wenn wir weiter so wahllos hier rum laufen.
Sie fasst einen Entschluss, zieht an Myros Hand und bleibt stehen. Durch ihre gewaltige Kraft fliegt Myro wieder hin.
„Hey! Was ist denn jetzt wieder?", er reibt sich den Hintern, während er sich wieder aufrappelt.
„Wenn wir weiter einfach durch die Gegend irren, werden sie uns früher oder später finden.", sie verschränkt die Arme.
„Was? Wir irren nicht hier rum. Ich versuche uns in Sicherheit zu bringen."
„Indem wir Kreuz und quer durch die Straßen laufen, ohne offensichtlichen Plan oder eine Richtung?"
„Wovon redest du?"
„Glaubst du etwa, ich hätte nicht gemerkt, wo wir lang laufen? Ich kann es nicht genau erklären, aber ich sehe eine Art Karte, die sich nach und nach vergrößert, in meinem Kopf und so wie ich das sehe haben wir drei Häuserblöcke bestimmt fünf mal umkreist. Zwar immer durch andere Straßen, aber das selbe Zentrum.", sie tippt ihm vorwurfsvoll auf die Brust.
Dieser schlägt ihre Hand weg und sieht sie wütend an.
„Das war zur Verwirrung! Damit uns die Wächter nicht direkt finden! Und ich habe eine Richtung, wir müssen zu den Äußersten Grenzen. Irgend wo dort muss es eine Art Portal oder sowas geben, dass uns hier weg bringt."
„Und wieso denkst du das?"
„Kalayrah, in Bellendra leben Menschen und Dämonen. Der Besuch der Magische war etwas besonderes. Sie kommt aus einer anderen Welt und irgend wie muss sie ja hergekommen sein.", erklärt er ihr sichtlich genervt.
„Na gut, aber ich glaube jetzt haben wir genug verwirrt. Lass uns jetzt einfach da hin laufen."
Er nickt und läuft wieder los. Diesmal in eine bestimmte Richtung. Die Gassen werden wieder etwas breiter und auch die Häuser ändern sich wieder. Holzbalken liegen jetzt zwischen den Steinen und die Farben sind meist weiß und rötlich. Nach fünf weiteren Gassen landen sie an einem Bürgersteig zu einer richtigen Straße. Sie bleiben stehen. Kalayrah zieht die beim laufen runtergerutschte Kapuze wieder über. Auf der Straße fahren ein paar Autos, aber das war es.
„Fast geschafft.", schnauft Myro.
Die Sirenen sind noch von weitem zu hören. Sie dreht sich in die Richtung, aus der das Geräusch kommt und horcht. Myro atmet tief durch und versucht seinen Puls zu beruhigen.
„Komm wir müssen weiter.", er tippt ihr auf die Schulter und will losgehen.
„Warte.", sie packt seine Schulter und stoppt ihn.
„Was ist denn los?", verwirrt dreht er sich wieder zu ihr.
„Ich höre...nein, ich spüre etwas. Etwas starkes. Es kommt aus der Richtung der Sirene und direkt in dieses Gebiet."
„Vielleicht sind es Wächter."
„Nein, die fühlen sich anders an. Es ist auch nicht dieses Mädchen aus dem Auto."
Sie geht an ihm vorbei zur nächsten Kreuzung. Myro folgt, immer noch verwirrt. An der Kreuzung angekommen, sieht sie nach links und wartet. Es passiert lange nichts. Doch dann stolpert plötzlich eine Figur aus einer Nebenstraße. Kalayrahs Sinne verschärfen sich.
Die Figur rappelt sich auf. Man erkennt, dass es sich um eine Frau handelt. Und Kalayrah kennt sie.
„Florentina? Frya!", die angesprochene sieht sich verwirrt und gehetzt um.
Sie winkt jemanden aus der Nebenstraße zu sich, in geduckter Haltung stehend. Eine große Männliche Figur tritt zu ihr. Auch er sieht sich um und entdeckt auch Kalayrah und Myro. Er kneift die Augen zusammen. Kalayrah greift Myros Hand und zieht ihn zu den beiden Figuren die Straße runter. Erst wollen die beiden fliehen, doch als Kalayrah ihre Kapuze runter zieht, bleiben sie stehen und warten, sich gehetzt umschauend.
„Florentina? Wie seid ihr hier her gekommen?", sie umarmt die Zweiseele.
Dann erst sieht sie sich ihren Begleiter an. Er ist groß und hat ziemlich viel Haarwuchs am ganzen Körper. Die Farbe erinnert sie ein wenig an die braunen Regale aus der Bibliothek.
„Dreuwn!", lachend springt sie ihm an den Hals.
Der Mann erwiderte die Umarmung.
„Hey kleines. Du siehst gut aus.", sagt er, als er sie absetzt.
Sie merkt wie ihre Wangen erröten.
„Danke.", sie starrt grinsend auf den Boden und verschränkt ihre Hände hinter dem Rücken.
„Und wer ist der da?", fragt Florentina und mustert Myro.
„Ich bin Myro. Wir hatten das Vergnügen schon.", etwas zurückhaltend, reicht er ihr die Hand.
Sie übergeht seine Hand und denkt nach.
„FERNGULLY?!", schreit sie plötzlich und Kalayrah zuckt zusammen.
„Ja, genau der.", bestätigt Myro ängstlich.
„Nochmal, wie seid ihr hier her gekommen?", fragt Kalayrah genervt dazwischen.
„Meine Zelle ist vor ein paar Stunden einfach aufgegangen. Ich hab mich durch die Wächter gekämpft und dabei auch alle Hybriden befreit.", erklärt Dreuwn und bei dem Wort Hybrid zucken Florentina und Kalayrah zusammen.
„Aber hey, dann hat es ja wirklich funktioniert.", begeistert fasst Myro Kalayrah an die Schulter.
„Ihr wart das?", freudig zieht der Werwolf die Augenbrauen hoch.
„Ja. Die meiste Arbeit hat Myro gemacht. Ich hab ihm nur gesagt, dass ich es dir versprochen hatte."
Die Mundwinkel von Dreuwn ziehen sich bis zu seinen Ohren hoch. Er packt Kalayrahs Kopf und dreht ihn zu sich. Er nähert sich ihr und plötzlich berühren sich ihre Lippen. Kalayrah hält den Atem an und starrt ihn mit großen Augen an.
Was macht er da? Wieso...?
Er löst sich wieder von ihr, hält aber weiter ihren Kopf fest. Kalayrah blinzelt mehrmals hintereinander. Sie versteht absolut nicht, was gerade passiert ist. Vorsichtig löst sie seine Hand. Ihre Lippen sind ganz warm und ihr wird leicht schummrig.
Sie bemerkt über dieses Gefühl hinweg allerdings zu spät, dass der Boden vibriert. Frya hat es wahrscheinlich schon lange bemerkt, denn Florentina kämpft mit sich selbst. Dreuwn schaut sich um und Myro zieht an Kalayrahs Ärmel.
Sie schüttelt den Kopf und sieht Myro an.
„Was?"
Er sieht in die Nebenstraße, aus der Florentina, Frya und Dreuwn gestolpert sind. Auch Kalayrah sieht in die Richtung. Jetzt nimmt sie das Vibrieren klarer war, doch zu spät.
Aus einer nicht sichtbaren Straße stürmen plötzlich tausende Wesen.
„Sie kommen, schnell.", Florentina, die immer noch am kämpfen ist, packt Kalayrahs Arm und will sie mitziehen.
„Wer? Wer ist das?", verwirrt und leicht unter Druck gesetzt sieht sich Kalayrah gehetzt um.
„Unsere Schwestern und Brüder.", freudig zieht das blonde Mädchen nochmal an Kalayrahs Arm.
„Kalayrah, komm.", Myro geht zurück zu der Straße, von der sie kamen.
Doch er kann nur ein paar Schritte machen, da stürmen die Zweiseelen aus der Straße und versperren Kalayrah die Sicht auf Myro.
„NEIN! MYRO!", doch sie wird rückwärts vom Wesensandrang zurückgezogen.
Nicht schon wieder.
Zum zweiten Mal sind die beiden jetzt getrennt. Und Kalayrah hat das Gefühl, dass es jedes Mal schlimmer wird. Ein leichtes Ziehen macht sich in ihrer Brust bemerkbar und ihre Augen füllen sich mit Wasser.
Die Hand auf ihrem Arm lässt los und sie fällt direkt auf die Knie, ihr Gesicht in ihren Händen vergrabend.
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Einmal Dämon, immer Dämon
FantasyBellendra. Eine Welt in der es Menschen, Dämonen und Hybride gibt. Jeder Mensch trägt einen Dämon in sich, bei manchen kommt er nie zum Vorschein, bei anderen übernimmt er die Kontrolle. Manchmal kommt es vor, dass Dämon und Mensch in einem Körper v...