Neuer Plan

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„Du kannst was?", seine Stimme ist hoch und piepsig.
Kyra legt sich mit dem Gesicht zur Wand auf die Couch. Sie bemerkt, dass er wieder im Türrahmen steht. Sie schließt die Augen, weil sie keine Lust hat, das jetzt auszudiskutieren.
„Hallo? Du kannst mir doch nicht sowas sagen und dich dann einfach abschotten. Wir müssen darüber reden."
„Und warum? Reicht schon, dass ich dir das überhaupt erzählt hab.", murmelt sie in die Lehne.
„Das sind Dinge, die hätte ich gerne vorher gewusst. Sonst hätte ich nicht fast den Verstand verloren auf der Straße. Zumindest werden uns die Wächter vorerst nicht mehr stören.", er setzt sich auf den Stuhl, neben der Couch.
Erschöpfung macht sich in Kyra breit. Das verschwinden aus ihrem Körper hat sie erschöpft, ihre stärksten Kräfte gekostet. Sie will diesen Körper nicht verlassen, auf gar keinen Fall.
   Ich muss sagen, das ich das auch nicht wusste.

Ja, das hat aber seine Gründe.
  
   Welche?

Egal. Lass uns schlafen, wir sind müde und unser Körper ausgelaugt von der Anstrengung. Und du hast das ja doch besser weggesteckt, als ich dachte.

   Was? Ich zitter immer noch. Du hast ihn doch gesehen. Den Wächter, wie er uns angesehen hat. Ich hatte das Gefühl, durch das Ding auf seinem Kopf, seine Augen sehen zu können, so nah war er.

Nein, ich habe es nicht gesehen, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, dein Leben zu retten, mal wieder...
„Ist ziemlich doof, dass das heute passiert ist. Es tut mir wirklich unendlich leid. Und dabei wollte ich noch einmal mit euch zur Bibliothek."
Kyra dreht sich langsam um und starrt Myro an. Dieser hat seinen Kopf in seine Hände gelegt, die er auf seinen Knien abstützt. Er hat sich in der kurzen Zeit auf den weichen Stuhl gesetzt.
„Wie meinst du das denn?"
„Na so, wie ich es gesagt habe. Ich hab noch nicht alle Bücher durchgelesen und bis jetzt noch nichts gefunden, also wollte ich noch einmal hin, um den Rest zu sehen. Ich war selber auch noch nicht oft in dieser Abteilung.", seufzend lehnt er sich zurück und legt seinen Kopf auf die Lehne.
„Noch einmal das ganze durchmachen? Da hättest du uns auch in der Gasse liegen lassen können, wenn du uns töten willst.", Kyra stützt sich mit ihren Armen ab und sieht ihn aus leicht zugekniffenen Augen an.
„Ich will euch nicht zu nahe treten, aber seit wann sind deine Augen eigentlich komplett schwarz? Am Anfang hättest du noch rote Iren."
„Was erzählst du denn da? Natürlich hab ich rote Augen auf schwarzem Untergrund.", sie steht auf und läuft ins Badezimmer.
Sie betätigt den Schalter für das Licht und sieht in den Spiegel. Und tatsächlich, zwei große schwarze Kugeln starten ihr aus dem Spiegel entgegen. Kein rot, kein grün oder weiß. Einfach schwarz, wie zwei Löcher mitten in ihrem Gesicht. Kyra kann es nicht glauben. Sie lehnt sich nach vorne um sie besser betrachten zu können. Nichts wird in ihren Augen reflektiert. Deshalb zuckt sie zusammen, als Myro sich räuspert.
„Wieso sollte ich dich wegen so etwas anlügen?"
„Was weis ich, weil du uns einen Schrecken einjagen willst?", genervt wendet sie sich vom Spiegel ab.
Lass uns schlafen gehen.

Nein, noch nicht.
„Du willst also nochmal mit uns in die Bibliothek?", sie stemmt die Hände in die Hüften.
„Äh, naja...ja. Außer du willst nicht mehr von hier weg.", er kratzt sich am linken Arm.
„Okay, aber diesmal müssen wir einen Notfallplan haben.", sie droht ihm mit dem Finger in der Luft.
„Ja, kein Problem. Ist vielleicht auch besser. Irgend welche Vorschläge?"
Kyra überlegt und geht dabei zurück ins Wohnzimmer.
„Du sagtest dem Wächter, dass mein Name Selenia ist, dann würde ich sagen, dass wir außerhalb dieses Hauses dabei bleiben sollten."
Das ist dein brillanter Plan?
„Ja, ist es. Wir nehmen eine andere Identität an. So können uns die Wächter nicht verfolgen, sie glauben wahrscheinlich, dass wir in der Gasse gestorben sind."
„Sag mal, wie hast du eigentlich diese Verletzung bekommen? Hättest du sie schon vorher gehabt, wärst du nicht so weit vom Observatorium gekommen. Du warst schließlich bewusstlos, als ich dich gefunden hab.", skeptisch verschränkt er die Arme.
Das können wir ihm nicht erzählen.

Ich weiß, tu wie es dir beliebt, aber sag lieber nichts, als ihn anzulügen.

Du bist zu gutmütig.

Nein, ich bin ein Mensch.
Unbemerkt legt sie eine Hand auf die verheilte Wunde und starrt ins leere.
„Kyra?", weckt Myro sie aus ihrer Trance.
„Was? Ähm...es ist besser, wenn du es nicht weißt. Glaub uns.", sie wicht mit der Hand durch die Luft und dreht sich zur Couch.
Myro legt eine Hand auf ihre rechte Schulter. Ihr Körper saugt seine Wärme auf und beruhigt sich etwas.
„Wenn es etwas ist, was ich kenne und vor dem ich mich in acht nehmen soll, dann sag es mir bitte.", er dreht sie wieder rum und legt auch seine andere Hand auf ihre linke Schulter.
Sie starrt ihn an. Sie merken, dass er sie nur beschützen will. Warum, wissen sie nicht. Weder Kyra noch Kaleihrah verstehen, wieso sich dieser Mensch so viel Mühe gibt, obwohl er sie erst ein paar Wochen kennt.
„Du brauchst es nicht zu wissen, du wirst damit niemals in Berührung kommen.", sie schiebt seine Hände weg und legt sich auf die Couch.
„Gute Nacht.", murmelt sie und schließt die Augen.
Sie spüren, wie er das Licht ausschaltet.
„Ruht euch aus. Es ist besser, wenn ihr morgen ausgeruht seid und genug Kraft für die Reise habt.", hört Kyra Myro in den Raum flüstern.
Dann schleißt er die Tür und es wird still.
Selenia ist irgendwie schon ein hübscher Name oder nicht?

Ist mir egal, sei einfach still und schlaf.
Die Nacht verbringen beide ohne zu träumen. Einmal wird Kyra schreckhaft wach wegen eines Geräuschs, doch merkt schnell, dass es nur Myro ist, der ins Bad geht und wieder zurück.

Einmal Dämon, immer DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt