Gehorsam

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Sie kauert am Boden, zusammengerollt und zitternd. Die Fäden haben sich von ihrem Körper zurück an ihre Hand gezogen und bilden wieder das Zeichen von vorher.
„W-was habt ihr mit u-uns gemacht?", stottert Kyra atemlos.
„Wir? Nichts. Das warst du ganz alleine. Deine Markierung reagiert auf deine Taten. Und da wir sie dir gegeben haben, natürlich zu unseren Gunsten. Du warst ein böses Mädchen, deswegen wurdest du bestraft.", kichert der Doktor vor sich hin.
Ich wusste doch, dass es sich bewegt hat! Aber wieso ist es ausgerechnet jetzt so aktiv geworden? Es hätte uns doch schon längst töten können. Spätestens in der Gasse.

Wir müssen vorsichtig sein. Wer weiß, was die Markung noch alles kann.

Es sind nur drei Zeichen, so viel schlimmeres passiert da, glaube ich, nicht mehr.

Wir sollten trotzdem vorsichtig sein.
„Da du jetzt Respekt erfahren hast, kommst du jetzt schön mit. Ohne, dass wir dich fesseln, oder mit Gewalt aus diesem Raum ziehen müssen."
„Und warum genau sollte ich das machen?"
Sei vorsichtig!
„Du solltest vorsichtig mit deinen Worten und Taten sein, jetzt da die Markierung aktiv geworden ist.", kichert der Doktor weiter und geht zur Tür zurück.
„Warum sollte ich Ihnen glauben?"
Kyra!
Der Doktor dreht sich nochmal zu ihr um. Sein Grinsen ist noch breiter, doch seine Augen wirken bedrohlich, trotz dass er ein Mensch ist.
„Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Heilung. Und jetzt komm.", er zuckt mit dem Kopf in Richtung Flur und geht davon.
„Ich werde ihm bestimmt nicht folgen.", knirscht Kyra mit den Zähnen.
Vielleicht sollten wir auf ihn hören. Vielleicht bringt er uns einfach in eine andere Zelle.

Ich dachte nach so vielen Jahren hier, wärst du nicht mehr so naiv.
Der Körper des Hybriden wird von Kyras dämonischer Kühle gefüllt.
„Ich werde nirgendwo hin gehen. Und schon gar nicht dir folgend, Doktor.", ruft sie zur Tür, während sie sich auf ihre Hände abstützt.
Nach und nach richtet sie sich auf und ist neben der Kühle, nun auch mit Wut erfüllt. Er füllt ihren Körper und macht sie blind. Sie bemerkt, dass der Doktor zurück in der Tür steht und etwas murmelt.
Ihr Atem verschnellert sich und sie beißt die Zähle aufeinander.
Sie glauben, sie können uns befehlen, was wir machen sollen! Sie glauben, wir springen einfach nach ihrer Pfeife.

Kyra...

Nein, ich bin an der Reihe. Und diesmal werden wir hier verschwinden und nie wieder zurück kommen.

Mach nicht den selben Fehler zweimal.

Kein sorge, diesmal stehen sie uns nicht im Weg.
„AHHHHH!"
Mit einem Kriegsschrei springt sie auf die Tür zu, die sie nur noch schemenhaft durch den rötlichen Schleier vor ihren Augen sieht. Sie bekommt etwas zu packen und versucht es in kleinste Stücke zu zerreißen. Doch plötzlich stoppt sie mitten in ihrer Bewegung.
„Äh!?"
Ein Stechen zieht an mehreren Stellen an ihrem Körper. Überall von den Füßen, über ihren Bauch und Rücken, bis hin zu ihrer Stirn, zieht der Schmerz tief in ihre Haut und zerrt an ihren Muskeln. Ihre Sicht wird langsam wieder normal und sie neigt den Kopf, soweit es ihr das merkwürdige Gefühl zulässt. Sie sieht auf ihre Hände und Arme, die mit merkwürdigen Flecken bedeckt sind. Einige sind schwarz ausgefüllt, andere sehen nur wie Umrandungen aus. Beim Blick auf ihre Markung, bemerkt sie, dass das letzte Zeichen verschwunden ist.
„Hah. Das hast du davon. Ich habe dich gewarnt!", keucht der Doktor, auf seine Vorderbeine gestützt.
Die Markierungen dringen durch ihre Haut bis zu ihren Muskeln vor. Es fühlt sich an, als würden die  Tintenfäden sich um die Muskeln legen und sie zusammendrücken. Kyra schreit auf vor Schmerz, aber sie bleibt stehen. Sie kann sich nicht mehr bewegen, oder eher gesagt, hat ihre Seele keinen Einfluss mehr auf den Körper.
Lass das Kaleihrah.
Keine Antwort.
K-Kaleihrah?

   Ich bin das nicht. Hilfe! Es tut so weh.
Mit aller Willenskraft versucht sie wieder die Kontrolle zu übernehmen, schafft es aber nicht. Der Körper bleibt aufrecht und gerade stehen.
Der Doktor stellt sich wieder aufrecht hin und grinst.
„Jetzt folge mir.", seine Augen verengen sich und er geht wieder aus dem Raum.
Ohne es zu wollen, setzen sich Kyras Beine in Bewegung. Anfangs wirkt es noch sehr ungelenk, wie bei einem Roboter. Doch nach und nach bekommt die Markung ein Gefühl für den Körper und es fällt fast nicht mehr auf, dass nicht die Seele den Körper steuert.
Das ist so gruselig.
Kyra versucht, das Gefühl von Angst zu unterdrücken, wird aber von Kaleihrahs wimmern abgelenkt. Da der Körper ursprünglich ihr gehört, spürt sie alles, was damit passiert. Im Gegensatz zu Kyra, die es zwar spürt, aber nur weil sie noch die dominantere Seele zur Zeit ist.
Wenn die Markung sowas kann...wofür steht das letzte symbol?
Sie hatte schon früher bemerkt, dass alle Gefangenen eine Markung haben. Aber bei fast jedem gab es andere Symbole. Sie hatte noch nie gesehen, dass sich die Markungen bewegen oder ähnliches. Nur das erste Symbol war bei allen gleich. Ein Kreis mit zwei eckigen Klammern oben und unten und durch den Kreis, von der rechten oberen Ecke der Klammern zur unteren linken, verläuft eine gerade Linie.
   Das stimmt nicht ganz, was ist mit dem einem haarigen Kerl, den wir einmal getroffen haben? Er hatte dort ein anderes Symbol. Einen Kreis mit einer gezackten Linie drum und zwei nebeneinanderliegende Dreiecke.

Hieß der nicht Dreuwn oder so?

Ja, er meinte auch, dass er nicht aus dieser Welt kommt und kein Hybrid sei. Vielleicht steht das erste Zeichen einfach dafür, dass wir ein Hybrid sind.

Dann könnte dieses Zeichen uns also eher helfen als schaden?

Möglich wäre es, wenn wir wüssten, wie wir es aktivieren.

Lass das mal meine Sorge sein.

Versuch uns dabei aber bitte am Leben zu lassen.

Keine Sorge, ich begehe keinen Fehler zweimal

Lüge.
Kaleihrah verstummt und zieht sich zurück. Die Markung folgt dem Doktor durch die weißen Flure, durch die sie schon öfters durchgeschleppt und geschubst wurden. Hinter den Türen sind die vertrauten Schmerzensschreie und das Gewimmer der anderen zu hören. Der Doktor biegt an der nächsten Gabelung nach rechts und öffnet eine große Metalldoppeltür.
„Willkommen in meinem Versuchslabor. Oder besser im Optimierungsraum.", grinsend breitet er die Arme aus und macht ein paar Schritte rückwärts in den Raum rein.
Beim betreten des Raumes fallen Kyra fast die Augen aus dem Kopf. Es ist ein riesiger und hoher Raum, der mit Metall ausgekleidet ist. An den Wänden in dem fast runden Raum sind lauter Tische mit merkwürdigen Maschinen, die blinken und leuchten. An den Tischen stehen noch mehr Wesen mit weißen Kitteln. Ein paar schauen auf, als der Doktor den Raum betritt, wenden sich aber schnell wieder zu ihrer Arbeit zurück. In der Mitte steht ein riesiges Metallkonstruckt, das viele verschieden große Kreise besitzt.
Das haben wir doch schon mal gesehen!

Einmal Dämon, immer DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt