Schwarz. Das einzige woran er denken kann und was er sieht. Dann leuchtet plötzlich etwas in der Ferne auf. Zwei Gestalten bilden sich aus dem Licht. Sie sind fest umschlungen auf dem Boden am sitzen. Nach und nach werden die Konturen der Figuren schärfer.
„Mom? Dad?", Myros Stimme ist brüchig.
Sie drehen die Köpfe in seine Richtung. Seine Mutter schreit ihm etwas zu, doch er hört sie nicht. Seine Vater sieht ihn nur traurig an.
„Nein, bleibt bei mir, bitte. Ich brauche euch doch.", das Bild der zwei verblasst wieder und lässt Myro allein in der Dunkelheit zurück.
„Nein...", er fällt auf die Knie und Tränen brennen in seinen Augen.
Sie ziehen nasse Bahnen auf seinen Wangen, als er blinzelt.
„Na komm schon. Wach auf du nutzloser Mensch.", hört er eine Stimme in seinem Kopf.
Nach und nach öffnet er seine Augen wieder, doch statt der vorherigen Schwärze, begrüßt ihn ein weißes Licht.
Bin ich tot? Sie haben mich getötet, da bin ich mir sicher. Was sollten sie auch sonst mit mir machen? Ich bin schließlich unwichtig...
Eine Gestalt schiebt sich zwischen seine Augen und das Licht.
„Na endlich bist du wach. Herr Tirobon wartet schon lange darauf, mit dir zu sprechen.", krächzt die Gestalt dumpf.
Der Bürgermeister? Mich sprechen? Wohl kaum...
Myro versucht aufzustehen, doch etwas hindert ihn. Er dreht die Handgelenke und merkt, dass diese festgebunden sind. So auch seine Knöchel und sein Bauch. Sie sind fest und fühlen sich an wie Leder.
Wo bin ich hier überhaupt?
Er sieht sich um und entdeckt nur die weißen Wände, die diesen Raum säumen. Rechts von ihm ist eine silberne Tür. Davor steht ein Wächter. Myro sieht zwar seine Augen nicht durch den Helm, doch er spürt, dass ihn der Dämon in der Rüstung anstarrt. Ein Schauer jagt ihm über den Rücken und er wendet sich wieder der zweiten Gestalt zu, die direkt neben der Liege, auf der er sich befindet, steht.
„Na, endlich klar im Kopf?", seine Stimme ist anstrengend, durch das leichte Krächzen, das sie hat.
Die Figur selber ist dünn, fast schlacksig. Auf jedenfalls dünner wie Myro. Er trägt einen weißen Kittel und darunter eine weiße Hose und ein schwarzes Kragen-Shirt. Seine braunen Haare stehen zu den Seiten ab und auf seiner großen dünnen Nase sitzt eine Brille. Seine menschlichen Augen lassen einen weiteren Schauer über Myros Rücken laufen.
„Was wollt ihr von mir?", flüstert er.
„Antworten.", dröhnt eine tiefe Stimme und der Mann im Kittel grinst breiter, während er sich zur Tür dreht.
Die Metalltür schließt sich mit einem Knall und davor steht ein großer Mann im Anzug. Seine Haut ist sehr blass, aber seine Haare - ordentlich mit einem Seitenscheitel - sind schwarz. Seine Schritte hallen in dem kleinen Raum wieder und seine Augen lassen Myro erstarren. Die schwarzen Kugeln sind so dunkel, dass Myro Angst hat, sie würden jeden Augenblick seine Seele aussaugen.
„Also, was haben sie soweit herausgefunden?", fragt Jackson Tirobon den Mann mit Kittel.
„Er ist ein ganz normaler Mensch, so wie es scheint. Zumindest sagt das der erste Test. Allerdings hatte ich noch keine Gelegenheit, seine Akte in die Hände zu bekommen."
Akte? Was für eine Akte? Ich habe doch noch nie irgendetwas falsch gemacht.
Panik macht sich breit und die Bewegungsunfähigkeit weicht.
„Na gut.", der Bürgermeister dreht sich zum Tisch.
„Du hast also den Hybriden beherbergt. Ich hoffe du weißt, dass das eine schwerwiegende Straftat ist."
„S-sie tun niemandem etwas."
„Ha! Das ich nicht lache. Sie ist ein Hybrid!", leicht lachend dreht er Myro den Rücken zu.
„Wie kamst du überhaupt auf die Idee, sie aufzunehmen? Du musst dir doch irgendetwas dabei gedacht haben.", der Dämon dreht sich wieder zum Tisch und stützt die Hände neben Myros Kopf und beugt sich dicht an ihn dran.
„Wieso?"
„I-ich...sie l-lagen in der Straße u-und sie waren verwundet... ich konnte sie nicht da liegen lassen. Dass sie ei-ein Hybrid ist, hab ich erst gesehen, als ich sie in m-meiner Wohnung hatte.", stottert Myro, während er zur Seite an Tirobons Handgelenk vorbei sieht.
„Und dann hast du sie trotzdem nicht gemeldet. Und auch nicht, als du die Nachrichten gesehen hattest. Nein, du hast sie bei dir behalten und gesund gepflegt. Bist mit ihr auf die Straße gegangen. Hast es riskiert enttarnt zu werden und sogar getötet. Ich frage mich einfach nur wieso?", seine Stimme wird leiser, bis es nur noch ein Flüstern an Myros Ohr ist.
„Sie sind nicht gefährlich. Da bin i-ich mir sicher. Sie haben weder mich, noch jemand anderen verletzt. I-ich kann und werde nicht glauben, d-dass sie gefährlich sein sollen."
„Dann bist du dumm. Es gibt nichts gefährlicheres als dieses Ding."
„Sie sind kein Ding. Es sind zwei Lebewesen, die nur versuchen zu überleben.", Myro nimmt all seinen Mut zusammen und sieht Tirobon in die Augen.
Dessen Kopf ist genau über Myros Nase. Er sieht den Menschen hasserfüllt an.
Ich bin sowas von tot.
„ES ist kein Lebewesen! Es kann erst als Lebewesen bezeichnet werden, wenn es eine von uns ist.", der Dämon drückt sich wieder hoch und geht zur Tür.
„Versuchen Sie noch etwas herauszufinden, ich muss mich noch mit dem Senat treffen."
Die Tür knallt wieder zu und man hört noch ein paar der klackenden Schritte, die seine Lederschuhe hinterlassen. Der Mensch im Kittel dreht sich grinsend von der Tür um.
„So, dann verrat mir doch mal, wieso du es nicht gemeldet hast."
„Warum töten sie mich nicht einfach? Das ist doch meine verdiente Strafe.", Myro schließt die Augen und legt den Kopf zur Seite.
„Töten? Aber wieso denn?"
„Weil ich, wie Sie ja so schön sagten, die Zweiseele beherberg und gepflegt hab. Außerdem bin ich als Mensch für euch sowieso wertlos."
Plötzlich klammert sich eine dünne Hand um Myros Unterkiefer.
„Du hast es geschafft, sie fast zwei Wochen lang geheim zu halten ohne umgebracht zu werden. Du bist nicht wertlos, du bist was Besonderes.", aus den Augen des Menschen spricht Wahnsinn.
Besonders? Ich? Wohl kaum.
„Natürlich hab ich das überlebt. Sie tun niemandem etwas zu leide."
„Tststs immer noch so naiv? Lass mich dir etwas zeigen.", der Mann zieht ein Tablet aus seinem Kittel und schaltet es ein.
„Hier, sieh, wozu es fähig ist.", er dreht den Bildschirm zu Myro.
Darauf zu sehen ist eine Kameraaufname aus einem Raum, der diesem sehr ähnelt. Nur die metallene Liege fehlt, dafür ist ein Metalltisch und zwei Stühle zu sehen. Auf einem sitzt eine Frau im Kittel. Die Tür geht auf und ein Wächter kommt mit einer Person hinein. Es ist Kaleihrah. Sie trägt den weiß-grauen Overall, in dem er sie gefunden hat. Ihre Hände sind gefesselt und verbunden. Der Wächter zieht sie an den Haaren zum Tisch. Myro erkennt, dass Kyra versucht durchzubrechen. Sie wird auf den Stuhl platziert und ihre Fesseln am Tisch befestigt. Das Video hat zwar keinen Ton, aber die Frau im Kittel redet mit Kaleihrah und diese antwortet. Doch nach ein paar Fragen, schüttelt Kaleihrah nur den Kopf und als sie die Augen öffnet, ist sie Kyra. Sie zerrt an den Fesseln und schafft es, sich zu befreien. Der Wächter will eingreifen, doch Kyra versetzt ihm einen Tritt und schlägt auf ihn ein, nachdem sie ihre Hände komplett befreit hat. Der Helm des Wächters platzt, doch Kyra schlägt weiter zu. Die Frau ist in der Zeit aufgestanden und voller Angst zurückgewichen. Das Gesicht des Wächters ist nicht mehr zu erkennen, als Kyra blutverschmiert und gruselig grinsend aufsteht. Die Frau sackt auf den Boden, während Kyra sprechend näher geht. Sie zieht den Kopf der Frau an ihren Haaren zurück und scheint sie irgendetwas zu fragen, bevor sie mit der anderen Hand einfach in ihren Brustkorb greift und ihr Herz rauszieht.
„Nein, NEIN, das sind sie nicht! Ihr habt sie dazu gezwungen! Das sind sie nicht wirklich!", schreiend wirft Myro den Kopf hin und her.
„Doch, das ist sein wahres Gesicht und jetzt halt still.", Myros Kopf wird zur Seite gedrückt und ein leichtes piksen ist zu spüren.
Nach und nach werden seine Augenlider müde und wieder umhüllt ihn die Schwärze.
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Einmal Dämon, immer Dämon
FantasyBellendra. Eine Welt in der es Menschen, Dämonen und Hybride gibt. Jeder Mensch trägt einen Dämon in sich, bei manchen kommt er nie zum Vorschein, bei anderen übernimmt er die Kontrolle. Manchmal kommt es vor, dass Dämon und Mensch in einem Körper v...