Die Bibliothek 2

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„Sag ihr das beim nächsten Mal, wenn sie wieder ihre Oberweite in dein Gesicht presst.", Myro bleibt abrupt stehen.
„Wie bitte?", flüstert er, während er sich langsam zu ihr umdreht.
Sie hat ihre Hände vor den Mund geschlagen und sieht ihn aus großen Augen an.
„Das...Kyra hat das gesagt, ich konnte nicht schnell genug reagieren...ich....tschuldige.", sie senkt die Hände und sieht auf den Boden.
Stimmt das?
Skeptisch mustert er sie. Sie scheint sich zu schämen. Ihre Wangen werden rot und ihren Augen füllen sich mit Tränen.
Scheiße.
Er zieht sie zu den Bücherregalen, sodass sie niemand sehen kann.
„Ich glaube dir, diesmal. Du kannst Kyra aber nicht dauernd als Vorwand nehmen und Kyra, hör auf so einen Schwachsinn zu sagen.", er schüttelt die Zweiseele leicht.
„Sie sagt, dass es doch wahr wäre, so wie sie sich über den Tisch gebeugt hat.", sie blinzelt ein paar mal, schnieft und wischt sich wieder mit dem Ärmel die Augen.
„Das hat doch nichts zu bedeuten. Komm.", er dreht sich um und geht zurück auf den Quergang zur Treppe.
Er dreht sich nicht nochmal zu ihr um, damit sie seine nun warmen Wangen nicht sieht. Es konnte nicht stimmen. Helenary hätte doch irgendwann mal was gesagt, oder Anzeichen gemacht.
Oder?
Sie gehen den Gang entlang, bis sie an einer Wendeltreppe aus dunklem Metall ankommen. Diese steigen sie nach oben. Sie ist so eng, dass gerade mal eine Person darauf passt, sodass die beiden hintereinander laufen müssen. Oben geht Myro direkt nach rechts zu den letzten Regalen.
137-145, ich glaube, hier war ich schon mal.
Er geht durch einen Bogen hindurch, der umgeben ist von Büchern. Zwei Regale dahinter sieht er sie schon. An der Seite sind schwer aussehende, goldene Plaketten angebracht, auf denen Zahlen eingestanzt sind.
„137, ab hier bis da hinten sind die Bücher, die wir suchen.", er zeigt freudig den Gang entlang.
Weil keine Antwort kommt, dreht er sich zu Kaleihrah um. Sie steht noch bei dem Bücherbogen und bestaunt ihn.
„Kaleihrah.", flüstert er ihr zu, während er sich ihr nähert.
„Myro, das sieht toll aus.", mit einem breiten Grinsen dreht sie sich elegant zu ihm um.
„Das Regal hält die Bücher. Aber jetzt komm, da hinten sind die Regale, die wir suchen.", er nimmt wieder ihre Hand und zieht sie von Bogen weg.
Ohne Widerworte folgt sie ihm, bestaunt aber weiter die hohen Regale.
137.
Er geht nach links zwischen die Bücherregale und zieht den Hybriden unweigerlich mit.
„Hier sind die Bücher, die wir suchen. Hoffen wir, dass wir finden, was du brauchst.", er lässt ihre Hand los und beginnt einfach auf Augenhöhe die Titel der Bücher zu lesen.
Kaleihrah steht erst etwas verdutzt herum, beginnt aber dann auch, die Bücher zu untersuchen.
Blumen, Pflanzen und Mikroorganismen. Ich bin in der falschen Reihe.
Myro geht einen Gang weiter.
Wesen aus aller Welt, Mythologien und Religionen der Außenwelt. Nein, hier auch nicht.
Bevor er einen Gang weitergeht...
KLATSCH!
Myro zuckt zusammen und joggt schnell um die Ecke, um nach Kaleihrah zu sehen. Sie steht gegen Regal Nummer 136 gelehnt und hat einen geschockten Gesichtsausdruck. Vor ihr auf dem Boden liegen drei Bücher verteilt.
„Hey, alles okay? Sei bitte etwas leiser."
„Es...Es hat sich bewegt.", stottert sie vor sich hin.
„Was hat sich bewegt?", er betritt den Gang und hebt die Bücher auf um sie wieder ins Regal zu stellen.
Sie zittert. Erst jetzt, bei ihr, merkt er, dass sie nur einen Handschuh anhat. Den anderen hält sie krampfhaft in der rechten Hand an ihre Brust gedrückt. Ihr Atem ist hörbar. Sie sinkt am Regal runter, bis sie auf dem Boden sitzt. Die freie Hand weit von sich gestreckt, an der Regalwand.
„Was hat sich bewegt? Ich kann dir nicht helfen, wenn du nichts sagst.", er kniet sich vor sie.
Ohne ihn richtig anzuschauen, nimmt sie die linke Hand vom Regal und streckt sie ihm entgegen.
„D...das hat sich bewegt.", er nimmt ihre Hand und untersucht die Markung.
Sie ist ganz normal. Keine Regung der Schwarzen Tinte.
„Das musst du dir eingebildet haben.", er steht wieder auf und hilft ihr beim hochkommen.
„Es hat sich bewegt, ich bin mir ganz sicher.", sie schüttelt den Kopf.
„Könnten wir vielleicht nachher darüber reden? Ich will ungern noch mehr Aufsehen erregen und außerdem suchen wir ein Buch."
Sie laufen durch die Gänge. Kaleihrah läuft Myro nur hinterher und steht herum, während er sich die Titel der Bücher durchliest. Hin und wieder zieht sie doch ein Buch aus dem Regal und blättert neugierig darin herum. Sobald sie ein Bild entdeckt, studiert sie es einige Minuten, bevor sie weiter blättert. Die Kapuze hat sie mittlerweile runtergezogen um etwas besser sehen zu können.
Nach zwei Stunden entscheiden die beiden, nach Hause zurück zu gehen. Myro zieht Kaleihrah die Kapuze wieder über und sie gehen die Treppe runter. Unten nimmt er wieder Kaleihrahs Hand und geht etwas schneller durch den Eingangsbereich zum Tor. Er bemerkt die wachenden blicke der Dämonenbibliothekarin und Kaleihrahs Hand drückt seine stärker.
Sie hat es auch gemerkt.
Doch aus Vorsicht bemüht er sich, sein Tempo beizubehalten und nicht fast zu rennen. Draußen atmen beide tief ein und wieder aus.
„Der Dämon an dem langen Tisch hat uns skeptisch angeschaut, ob er etwas bemerkt hat?", ängstlich klammert sie sich an seinen Arm.
„Ich glaube nicht. Der Bus sollte bald da sein.", er steigt die ersten paar Stufen hinunter.
„Ist es dann wieder dieser Mensch von vorhin, der diesen Bus fährt?"
„Höchstwahrscheinlich. Das ist nun mal Jefforayas Strecke.", sie überqueren den Platz.
„Er hat mich so komisch angeschaut.", sie kommen an der Statur vorbei.
„Ich weiß, sein Blick hat mir auch nicht gefallen. Aber von ihm droht keine Gefahr. Er schaut zwar auch Nachrichten, aber kümmert sich nicht so sehr darum. Vielleicht hat er eine Strähne deiner Haare gesehen. Rötliche Haare sind unter Menschen ziemlich außergewöhnlich musst du wissen.", sie sind bei der Bushaltestelle.
Wieder bietet er ihr einen Platz an, doch sie schüttelt den Kopf und lässt auch seine Hand los. Myro runzelt die Stirn, sie erwidert die Geste mit einem Lächeln.

Einmal Dämon, immer DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt