Ein paar Tage später...

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Die nächsten drei Tage verliefen einigermaßen gleich ab. Myro wachte auf und weckte Kaleihrah oder Kyra, je nach dem, wer gerade die Kontrolle hatte, auf um ihr zu sagen, dass Frühstück in der Küche steht und er zur Arbeit gehe. Auf der Arbeit waren seine Gedanken zwar die ganze Zeit bei dem Hybriden, aber er erledigte seine Arbeit zur vollsten Zufriedenheit seines Chefs, wie dieser ihm bei der Abschlussbesprechung jeden Tages mitteilte. Er stempelte schnell aus nach Arbeitsschluss und hastete nach Hause, um sicherzugehen, das Kaleihrah noch da ist. Über den Rest des Tagen passierte nicht viel, die meiste Zeit las er ihr weitere Märchen vor, die ihr immer mehr gefielen. Das Abendessen verbrachten sie gemeinsam in der Küche und danach sahen sie die Nachrichten.

Nachdem Kaleihrah und Kyra geweckt wurden, verabschiedete sich Myro und ging zur Arbeit. Währenddessen frühstückten sie in der Küche und streiften noch ein bisschen durch die Wohnung. Sie entdeckten noch mehr von diesen „Büchern", aber in den meisten waren nur wieder diese Symbole und Zeichen. Eines allerdings, ein recht dünnes enthielt auch Bilder. Sie waren groß, über die ganze Seite verteilt und auf den Bildern war dann wieder etwas geschrieben. Sie erkannte auf einem, einen hohen Wärter aus dem Observatorium und schleuderte das Buch weg, wutentbrannt. Dann legte sie sich lieber auf die Couch, zumindest Kaleihrah. Kyra durchsuchte lieber weiter. Wie zum Beispiel seinen Schrank mit Klamotten. Nach einigen Stunden kam Myro zurück und er las ihr wieder Märchen vor. Nachdem sie zusammen zu Abend gegessen haben, schauten sie noch in den Kasten mit den beweglichen Bildern und gingen wieder schlafen. Ihre Wunde tat von Tag zu Tag weniger weh und ging schnell zurück.

„MYRO!", hört er Kaleihrah aus dem Wohnzimmer schreien.
„Shhh! Nicht so laut Kaleihrah, bitte. Was ist denn?", er stürmt ins Zimmer.
Sie sitzt im Schneidersitz auf der Couch und stahlt ihn freudig an, während sie ihr Shirt hochgekrempelt hat. Sie trägt zur Zeit eine alte Jeans mit Löchern, die ihm schon seit einiger Zeit zu klein ist, und ein etwas dickeres langärmeliges, rotes Shirt mit V-Ausschnitt. Sie will keine Socken tragen, schon von Anfang an nicht. Trotz des kalten Bodens.
„Da, die Wunde.", sie schaut runter zur besagten Stelle.
Und wirklich, dort wo vor ein paar Tagen noch eine große Wunde klaffte, ist jetzt eine große dunkle Narbe, die ein Paar der anderen verdeckt. Es sieht aus wie ein Brandfleck. Die alten Narben wirken blass dagegen, aber sie sind noch da. Irgendwie verspürt Myro plötzlich eine komische Traurigkeit in sich.
Wo hat sie die alle her?
Doch die Frage hat sie ihm schon beantwortet.
„Hey, was ist denn? Das ist doch toll.", sie hat die Augenbrauen zusammengezogen und auf ihrer Stirn hat sich eine Falte gebildet.
„Äh...nichts. Ja, ganz wunderbar."
„Dann können wir ja zur Bibliothek.", ihre Sorge verwandelt sich wieder in ein breites Lächeln.
„Was? Ach ja, da war ja etwas. Ich bin mir nicht sicher, ob wir dahin sollten."
„Wehe du machst einen Rückzieher.", Kyra hat sich vorgedrängt.
„Ähm...nein, ich bin mir nur nicht sicher, ob", sie steht auf und kommt auf ihn zu, während er zur Tür zurück weicht, „ob ihr schon genug Kraft habt."
Ohne eine Antwort, packt sie ihn am Kragen und hebt ihn einige Zentimeter vom Boden hoch.
„Okay, okay. Ich glaub euch ja.", röchelt er, während er versucht, ihre Hand los zu bekommen und dabei mit den Beinen strampelt.
Sie lässt ihn noch ein paar Sekunden lang zappeln, bevor sie ihn einfach los lässt und sich umdreht. Myro klatscht auf den Boden.
„Au.", er steht auf und reibt sich das Steißbein.
„Du bist derjenige, der uns nicht geglaubt hat.", ihre Stimme hat sich verändert.
Sie klingt nicht, wie Kyra, aber auch nicht wie Kaleihrah, mehr wie zwei Stimmen, die sich überlappen. Sie dreht den Kopf in seine Richtung um und nur für einen kleinen Augenblick hat Myro das Gefühl, die Zweiseele hätte zwei verschiedene Augen. Aber schon nach dem nächsten Augenschlag sind sie wieder normal weiß und grün. Er schüttelt verwirrt den Kopf.
„Alles in Ordnung mit euch Kaleihrah?", er nimmt ihr Kinn und dreht ihren Kopf leicht hin und her.
„Ja, was soll denn sein?", sie schlägt seine Hand weg, „Du bist immoment derjenige, der komisch drauf ist."
„Aber, deine..."
„Meine was? Du nervst. Gehen wir jetzt oder was?", sie verschränkt die Arme.
„Nein, nicht jetzt, aber bevor du mich wieder an die Tür fixieren willst, wir können morgen gehen. Da hab ich meinen freien Tag. Wir gehen zur Bibliothek und schauen, ob wir Bücher über die Außenwelt finden, auch wenn ich das persönlich nicht glaube."
Sie beäugt ihn misstrauisch, setzt sich aber wieder auf die Couch.
„Müssten nicht bald die Nachrichten im Fernseher kommen?"
Die Zweiseele hat schon viel gelernt in den paar Tagen, die sie nun schon bei ihm ist. Sie versteht mehr von dem, was er erzählt und kann die Wörter selber im richtigen Zusammenhang verwenden.
Sie ist ja auch kein kleines Kind.
„Du hast recht.", er setzt sich still neben sie und starrt auf den Fernseher.
Die Nachrichten beginnen. Wieder der Hinweis auf den immer noch entlaufenen Hybriden und dann noch die Meldung, das demnächst ein staatliches Event mit Gästen aus einer anderen Welt sein soll, oder besser aus anderen Welten. Irgendwelche Oberhäupter, die eine Versammlung abhalten.
Bellendra gilt als neutrale Welt, trotz der Uneinigkeiten zwischen Menschen und Dämonen.
Muss ja was ganz besonderes sein, wenn sie dafür neutrales Territorium brauchen...
Er kann nicht weiterdenken, denn er wird von Kaleihrah unterbrochen, die sich an seine Schulter anlehnt. Als er zu ihr runter schaut, bemerkt er, dass sie die Augen geschlossen hat und ihr Mund leicht geöffnet ist. Sie ist eingeschlafen.
Vorsichtig fasst er sie an den Schultern, steht langsam auf und legt sie auf das Kissen ab. Am Fußende ist die Decke halb über ihren Beinen verteilt. Myro greift diese und zieht sie über ihren Körper. Sobald er die Decke loslässt, greift sie danach und zieht sie noch ein Stück näher ans Gesicht. Ein leichtes Lächeln zeichnet sich auf ihren Lippen ab. Er spürt, dass auch sein Mund sich zu einem Lächeln verzieht. Er geht in sein Zimmer und zieht sich um.
Im Bett liegend denkt er darüber nach, wie er den morgigen Tag überleben soll.
Sie muss auf jeden Fall die Handschuhe anziehen und auch den Kapuzenpulli. Man darf sie nicht erkennen, auch nicht ansatzweise. Und sie darf sich nicht aufregen. Sie darf nicht zu Kyra werden.
Und vor allen Dingen müssen sie den Weg zur Bibliothek und zurück so schnell wie möglich hinter sich bringen. Und was soll er anziehen? Ihn sollte man nach Möglichkeit auch nicht erkennen. Aber wenn sie beide sich zu verdeckt verhalten und auftreten, könnte man auch Verdacht schöpfen.
Er denkt weiter darüber nach, bevor er einige Stunden später endlich einschläft.

Einmal Dämon, immer DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt