Einmal Dämon, immer Dämon

Dreuwn

Er rappelt sich auf und hört ein ekelhaftes Knacken. Mit Erleichterung stellt er fest, dass das Knacken nicht von ihm kommt. Erst als er die Szene mit Kaleihrah und Kyra sieht, merkt er, was so geknackt hat.
Sie heißt jetzt Kalayrah.
Der Arm des Wächters ist auf dessen Rücken gedreht, aber seine Hand steht merkwürdig davon ab.
„Wehe, du fasst Myro noch einmal an.", hört Myro sie zischen, bevor sie dem Wächter einen kräftigen Tritt in den Rücken gibt.
Der Wächter bleibt regungslos am Boden liegen.
„Ist...ist er...?", stottert Myro.
„Tot? Nein. Nur Bewusstlos und mit einem gebrochenem Arm.", sie geht rüber zu der kleinen Theke.
„Wie kannst du sowas nur so leicht sagen? Und ich verstehe immer noch nicht, wo du so zu kämpfen gelernt hast."
„Verteidigen, ich hab gelernt, mich zu verteidigen.", antwortet sie abwesend, während sie auf dem Tisch rumwühlt.
„Ach, wo ist es denn?"
„Was suchst du denn? Sollten wir nicht langsam hier raus kommen?", er stellt sich neben den Tisch und verschränkt die Arme.
„Ich suche eine Liste, auf der alle Gefangenen aufgelistet sind. Und wir gehen, wenn wir Dreuwn befreit haben.", sie zieht die Schubladen auf und verteilt die Dokumente auf den Boden.
„Wer ist Djune?"
„Er heißt Dreuwn. D-r-e-u-n glaube ich zumindest.", sie zieht die Schubladen auf der anderen Seite auf und entleert sie.
„Okay, aber wieso willst du ihn befreien? Die Wächter werden jeden Moment kommen.", nervös sieht Myro sich um.
„Er ist anders und ich hab es ihm versprochen.", sie sieht ihm in die Augen.
„Machen wir uns vom Acker, wenn er frei ist?", Druck und Angst machen sich in ihm breit.
Wenn sie uns erwischen, sind wir tot.
„Ja.", sie nickt.
„Gut, dann mach mal Platz da.", er schiebt sie beiseite und schaltet den Bildschirm an, der sich in der Ecke befindet.
Bitte sei nicht Passwortgeschützt.
Wie ein Mantra wiederholt er den Satz, während der Computer hochfährt. Der Bildschirm leuchtet auf und Myro atmet erleichtert auf.
Danke Luna.
Der Computer ist noch entsperrt und Myro bewegt den Mauszeiger über den Bildschirm und öffnet einige Ordner. Er merkt, dass er beobachtet wird.
„Was ist?", fragt er, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
„Du kannst mit diesen Teufelsdingern umgehen?"
„Ja, damit verdiene ich...hab ich mein Geld mit verdient."
Sie schweigt und scheint nachzudenken. Er sieht ihr Gesicht nicht, da sie hinter ihm steht, spürt aber ihren Blick.
Er öffnet noch ein paar Ordner und Dateien, bis er auf einen Ordner mit der Aufschrift „Insassen" stößt.
„Ich glaube ich hab's.", er klickt auf den Ordner und bekommt eine lange Liste mit Namen.
„Oh..."
„Was 'Oh'?", sie tritt neben ihn und sieht auf den Bildschirm.
„Oh..."
„Weißt du vielleicht, wie er mit Nachname heißt?"
„Nope."
Enttäuscht sieht er wieder den offenen Ordner an. Er starrt auf die lange Liste, bis ihm am oberen Rand ein kleiner Kasten mit „nach Name" auffällt. Er klickt darauf und es ändert sich in „weiblich/männlich" noch ein Klick „nach Kategorie".
„Warte, warte, warte. Vielleicht steht er ja jetzt ganz unten.", sie greift nach seiner Hand, damit diese nicht weiter klickt.
„Wieso glaubst du das?", verwundert sieht er sie an.
„Naja, die meisten Gefangenen hier sind Hybriden. Und da da nach Kategorie steht, müsste es jetzt nach unseren Wesenstypen aufgelistet sein. Ich weiß, dass er kein Hybrid ist und da er auch nicht ganz oben steht, müsste er unten sein.", stolz auf ihr Kombinationstalent stützt sie die Arme in die Hüfte und grinst zufrieden.
Er scrollt mit der Maus nach unten und kommt auch an Frya und Florentina, sowie an der Akte von Kaleihrah und Kyra. Bis er an Zelda und Zeratta ankommt und danach fängt der nächste Name wieder mit B an. Er scrollt langsamer und beide gehen etwas näher an den Bildschirm, um den Namen nicht zu verpassen.
„Da!", schreit sie ihn plötzlich ins Ohr sodass er zusammen zuckt.
Sie zeigt auf eine Akte, wo „Imerit, Dreuwn" drauf steht. Er klickt zweimal auf die Datei und ein neues Fenster geht auf. Ein Bild erscheint in der oberen linken Ecke. Es ist ein Mann mit zotteligen Vollbart, etwas dunklerer Haut und klaren blauen Augen. Die Farbe seiner Haare und seines Bartes erinnern an nassen Sand, den Myro einmal in einem Fotobuch in der Bibliothek gesehen hat. Eine helle Narbe ziert seine linke Wange, die leicht unter dem Bart verschwindet. Daneben stehen Name, Alter, Geschlecht, Gefangenennummer und....
„Werwolf? Das ist doch nie im Leben wahr. Sowas gibt es doch nur in Büchern.", ungläubig schüttelt er den Kopf über das, was bei Wesen steht.
„Das ist er. Ich bin mir ganz sicher. Steht da irgendwo, wo er gefangen gehalten wird?", aufgeregt rüttelt sie an seiner Schulter.
„Ja, hier. Er ist in S25Z98 aber was bedeutet das?"
„Stockwerk und Zelle. Los, komm.", sie geht um die Theke rum und zieht an seinem Ärmel.
„Warte, was? Du willst doch hoffentlich nicht wieder da hoch!?"
Er sieht sich nochmal auf dem Computer um und entdeckt ein Programm mit vielen Knöpfen und Zahlen.
„Ich glaube ich hab was gefunden."
Er schaut sich ein wenig genauer in dem Programm um und bemerkt, dass es tatsächlich zum öffnen, schließen und anderweitige Funktionen der Zellen dienen.
„Ich kann damit die Zelle öffnen, warte kurz.", er tippt die Zellennummer ein und drückt zwei Knöpfe.
Ein Kasten plopped auf und fragt um Bestätigung der Aktion, da es sich um eine Gefangenzelle handelt, die besondere Maßnahmen beinhalten.
Was ist das für ein Kerl, dass er besondere Maßnahmen in seiner Zelle hat bzw braucht?
Er bestätigt die Öffnung der Zelle. Es bleibt still.
„Ist die Zelle offen?"
„Ich hoffe. Können wir dann jetzt gehen?", hoffnungsvoll sieht er sie an.
„Ich hoffe du sagst die Wahrheit.", sie schnappt nach seinem Ärmel und zerrt ihn zur Tür.
In dem Moment, wo sie die Glastür öffnet, hören sie schnelle Schritte und irgendwo heult eine Sirene. Kalayrah bleibt kurz stehen, zieht ihn aber blitzschnell durch die Tür und läuft in einem unmenschlichen Tempo, die kleine enge Straße entlang.
Nach etwa 500 Metern bleibt sie stehen und drückt Myro und sich selber gegen die Wand.
"Was ist denn..?"
"Shh!", sie nimmt ihre Hand von seiner Brust, um sie dann wieder auf seinen Mund zu legen.