Kapitel 26

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Kaden wartete unten am Auto, ungeduldig auf mich, als ich endlich aus der Tür geeilt kam. Was auch immer wir uns ansehen sollten, es machte Lee Angst uns die Asiatin schien mir nicht wie der Typ Lykanern, der leicht Angst bekommen würde. Ich hatte mich deswegen eilig umgezogen. Immerhin wusste ich nicht, was uns erwarten würde, wenn wir bei den anderen eintrafen. Kaden stieß sich von der Motorhaube ab und wartete, bis ich vor ihm stand.
"Na alte Frau, wie schnell kannst du laufen?", wollte Arkadiens' Sohn wissen. "Oder muss ich dir einen Rollator besorgen?" Ich sah ihn emotionslos an, bevor ich ihn heftig in den Arm boxte.
"Du solltest lieber vorsichtig sein, Kleiner.", gab ich zurück. "Nicht, dass du heute Abend im Laufgitter endest."
Er grinste mich an und drehte sich dann zu der der Waldgrenze, die an das Grundstück der Lagerhalle grenzte. Die anderen hatten es, was auch immer es war, im Wald gefunden. Und gerade hoffte ich sehr, dass der Adanyi nicht irgendwo zwischen den dunklen Schatten der Bäume wartete, um uns anzugreifen, denn ich war noch nicht wieder stark genug, um ihm entgegen zu treten.
"Wollen wir?", fragte ich und beobachtete, wie Kaden sich verwandelte. Seine Wolfsgestalt passte zu seinem Charakter, daran gab es keinen Zweifel. Aber anders als sein Vater, der ein reiner, riesiger, dunkelbrauner Wolf gewesen war, hatte Kaden ein weiße Pfote auf der vorderen linken Seite. Ich richtete meinen Blick wieder auf den Wald und dann liefen wir los. Kaden huschte extrem Schnell, wie ein Schatten, durch die Bäume hindurch, doch ich war schneller. Meine Füße schienen den Waldboden kaum zu berühren und alles andere um mich herum, verschwand in einem Schleier. Das einzige, was klar zu sehen war, war das vor mir. Aber als ich die ersten Stimmen war nahm, verlangsamte ich mein Tempo etwas und je näher ich ihnen kam, desto unwohler wurde mir. Ich hielt an, als ich Zarek und die Zwillinge sah und ließ den Blick über die Menge gleiten, bis Kaden in Wolfsgestalt neben mir auftauchte und sich verwandelte.
"Da seid ihr endlich!", rief Zarek aus und kam mit den anderen auf uns zu gelaufen. Ihre Blicke waren ernst und ihre Münder zu feinen Linien gepresst. Ich konnte nirgendwo Mel entdecken, was wahrscheinlich auch besser so war. Denn was auch immer die anderen gefunden hatten, es war nichts gutes.

"Eine neue Leiche?", hackte Kaden nach und sah sich um. Aber alle blieben stumm. Das ungute Gefühl in meiner Magengegend wurde schlimmer und ich ahnte langsam, dass keine Leiche gefunden wurde, sondern etwas viel schlimmeres. Ich trat von den Lykanern weg und sah mich aufmerksam um. Die Luft um mich vibrierte merkwürdig und alles in diesem Wald schien stillzustehen. Und dann bemerkte ich es. Das Licht schien sich zu sträuben, weiter durch die Baumkronen zu fallen und je weiter ich zwischen den Bäumen hindurch lief, desto dunkler wurde es.
Unter meiner Haut brodelte es und alles in mir schien sich zu wehren, weiter zu laufen, aber die Magie in mir drängte mich dazu, weiter zu laufen. Meine Male begannen zu glühen und mein Blick schärfte sich. Mir war klar, dass meine Augen nun wie die des Adanyi aussahen, aber daran ändern konnte ich nichts. Nicht im Moment. Weit hinter mir hörte ich, wie jemand meinen Namen rief, doch ich lief weiter, bis ich der Dunkelheit selbst gegenüber stand. Mir Tentakeln hielt sie sich zwischen den Bäumen und pulsierte, wuchs. Dich plötzlich löste sich peitschend eine der Tentakeln und kam auf mich zu. Die Dunkelheit versuchte mich zu verführen, mich zu manipulieren, aber ich hielt stand. Mein Herzschlag beschleunigte sich und passte sich dem Pulsieren der Dunkelheit an. Gänsehaut überzog meinen Körper und meine Magie rührte sich in mir drinnen. Aber ich hielt dagegen an. Schatten hüllten mich ein. Zogen sich zu einem Kokon zusammen.
"Kyra!", schrie plötzlich jemand und die Dunkelheit zog sich auf einmal blitzschnell zurück. Meine Hände zitterten. Das Blut pulsierte in meinen Ohren. "Kyra!", wiederholte die Person und kurz darauf spürte ich, wie sich vorsichtig eine Hand auf meine Schulter legte. Ich blinzelte und sah im Augenwinkel Kaden neben mir stehen. Er war genauso schockiert von dem Anblick, wie ich es war.
"Was ist das?", fragte Kaden und hinter uns antworteten die Zwillinge.
"Keine Ahnung. Wir haben gehofft, dass Kyra uns das sagen könnte." Ich brauchte eine Weile, bis ich realisierte, dass ich angesprochen worden war. Ohne den Blick von der Dunkelheit vor mir zu lösen, fragte ich: "Wie schnell kann der Wald als Sperrzone eingerichtet werden?" Murmeln ertönte bis Zarek neben Kaden und mich trat.
"Wenn wir Lukas bescheid geben, dann innerhalb einer halben Stunde." Ich nickte.
"Kyra, was ist das?", versuchte Kaden noch einmal aus mir herauszubekommen. Ich schluckte und sah zu ihm hoch.
"Das Nest des Adanyi."

Wolfsblut - AdanyiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt