Kapitel 48

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"Wie, du kannst es fühlen."
"Ja, ich weiß nicht. Ich kann fühlen, dass sie noch lebt, aber irgendetwas stimmt nicht. Das Gefühl ist nicht stark, aber ich bin mir sicher, dass Kyra noch am leben ist!" Ich weinte. Ich empfing Gefühle, die nicht meine eigenen waren und das machte mir Angst. Aber auch Hoffnung, dass Kyra wirklich noch lebte. Ich kam nicht damit klar, wie ich das alles zu deuten hatte. Ich war mir sicher, dass sie noch lebte, aber etwas stimmte ganzbund gar nicht. Sie war am Leben, aber auch irgendwie nicht.
"Mel, wie ist das möglich?", fragte Vic ungläubig und starrte mich an.
"Kyra hatte, als sie mir das mit dem Blutsschwur erklärt hatte, auch gesagt, dass sie und Arkadien spüren konnten, was der jeweils andere auch empfand und...", ich beendete den Satz nicht.
"Was und?", drängte Vic.
"Sie konnten den anderen immer finden. Egal wo..." Plötzlich wurde einiges klar. Ich hatte gedacht, dass Kyra mir Arkadiens Blut nur gegeben hatte, damit ich mich endlich verwandeln könnte, dabei war das nicht der eigentliche Punkt. Sie hatte mir sein Blit gegeben und mir von dem Blutsschwur erzählt, damit ich sie finden würde, sollte sie überlebt haben.
"Dieses Mädchen!", stieß ich glücklich aus und fiel Victoria überwältigt in die Arme.
"Du meinst, Kyra hat nicht nur überlebt sondern du kannst sie auch finden?", vergewisserte sie sich. Ich nickte.
"Was stehen wir dann hier noch so dumm rum?"
"Du hilfst mir also Kyra zu finden?", fragte ich?
"Ja, dass schulde ich ihr. Und dir!"
"Danke.", entgegnete ich aufrichtig und spähte kurz darauf den Flur entlang, ob alle ruhig schliefen. Das Gehör eines Lykaners zu haben, war wirklich klasse in solch einem Moment. Leise schlichen wir den Flur entlang und die Treppe hinunter, doch gerade in dem Moment, in dem wir die Haustür öffnen wollten kam und Lukas zuvor und trat in das Herrenhaus aus. Vic und ich schluckten und sahen uns stumm an. Lukas sag uns einige Male abwechselnd an und schüttelte dann erschöpft den Kopf.
"Ich will überhaupt nicht wissen, was ihr gerade tut also geht bevor ich es mir anders überlege und danach frage.", er trat beiseite und ließ uns nach draußen.
"Danke dir.", flüsterte Victoria und zog langsam hinter uns die Tür zu. Es war relativ kühl heute Nacht. Plötzlich drang der Geruch nach Wald und Freiheit zu mir und erfüllte mich. Alles was mit eigentlich vertraut war, schien trotzdem so neuartig.
Victoria verwandelte sich und ich tat es ihr gleich. Es war ein befreiendes Gefühl, als ich neben ihr durch den Wald jagte. Ich konnte es nicht greifen oder beschreiben, aber mir war vollkommen bewusst, wohin ich musste, um Kyra zu finden. Getrieben von der Hoffnung, dass sie wirklich noch am leben war, jagte ich immer schneller werdend zwischen den Bäumen hindurch. Ich überquerte Lichtungen und sprang über umgestürzte Bäume, als hätte ich nie etwas anders in meinem Leben getan, als das hier. Selbst Victoria hatte mühe mit mir mitzuhalten. Wir kamen an einer kleinen Lichtung an, nicht weit vom See entfernt. Ich konnte ihn deutchlich riechen. Victoria verwandelte sich wieder zurück in ihre menschliche Gestalt und ich tat es ihr gleich.

"Alles okay?", fragte ich sie.
"Ja, klar. Du bist nur echt schnell, dafür dass du eigentlich ein Lykaner Neuling bist." Ich grinste sie übertrieben breit an und sah mich anschließend um.
"Hier muss Kyra irgendwo sein. Bis hier her konnte ich sie wahrnehmen.", erklärte ich Victoria. "Aber hier ist nichts."
"Jetzt gib nicht auf, wir suchen einfach. Okay?", kam es von ihr und ich nickte.
Schweigend suchten wir die gesamte Lichtung ab. Vic verwandelte sich sogar irgendwann wieder in eine Wolfin um im Boden zu graben oder Kyras Fährte aufzunehmen. Doch ohne Erfolg. Je länger ich suchte, desto verzweifelter wurde ich und desto häufiger schweifte mein Blick hinüber zum See, der im Mondlich zu strahlen schien. Wie von selbst setzten sich meine Füße in Bewegung und ich suchte verstärkt am Seeufer.
"Mel, ich will dir nicht die Hoffnung nehmen oder so, aber hier ist nichts. Ich kann Kyras Fährte nicht aufnehmen und die anderen haben hier schon ganz oft nach ihr gesucht.", sagte sie. Ich atmete tief ein und musste mir irgendwie meine Niederlage eingestehen. Ich ließ mich an das Seeufer fallen und fuhr mir erschöpft durch die wilden Locken. Wahrscheinlich hatte ich das ganze Gefühlschaos in mir falsch gedeutet.
"Jetzt bin ich dran mit fragen.", meinte Victoria und setzte sich neben mich. "Ist bei dir alles okay, du siehst total fertig aus."
Ich seufzte.
"Ich hab wirklich gehofft und geglaubt, dass Kyra noch am Leben ist und wir sie hier draußen finden. Aber da lag ich wohl falsch.", gab ich und starrte auf das Wasser. "Wahrscheinlich sind vorhin einfach meine Nerven mit mir durchgegangen. Ich meine jetzt im Nachhinein war es doch echt naiv zu glauben, dass wir Kyra hier finden, obwohl Kaden zusammen mit den anderen schon jeden Centimeter des Waldes abgesucht hat."
"Hör zu - vielleicht war es etwas naiv und vielleicht haben deine Nerven vorhin tatsächlich verrückt gespielt, aber trotzdem sind wir nicht bereit Kyra einfach so aufzugeben. Und solange wir alle noch einen - wenn auch kleinen - Funken Hoffnung haben, dass Kyra irgendwo hier draußen nich ist, dann müssen wir alles dafür geben.", gab Victoria mir aufmunternd zu verstehen. "Kyra hat alles für uns gegeben gehabt und hätte alles erdenkliche getan, wenn sie jetzt an unserer Stelle wäre, also stehen wir jetzt auf und suchen so lange nach ihr, bis die anderen zu uns stoßen." Ich umarmte Vic dankbar. Hätte mir vor einigen Wochen jemand erzählt, dass Voctoria eigentlich ein wirklich toller Mensch war, hätte ich wahrscheinlich gelacht und lieber einen Besen gefressen, als das zu glauben.
Ich erhob mich und klopfte mir ein paar kleine Grashalme und Blätter von der Hose und drehte dem See den Rücken zu. Irgendwo hier im Wald, musste Kyra sein. Irgendwo.
"Wir geben nicht auf.", bekräftigte ich für mich selbst noch einmal. "Du hast Recht Vic, Kyra würde genau das selbe tun, wenn sie hier wäre."
"Ähm... Mel."
"Wir geben nicht auf, ihretwegen nicht, unsererwegen und für Kaden nicht. Kaden hat es nämlich auch verdient, endlich glücklich zu werden.", plapperte ich weiter, um meine Unsicherheit zu überspielen.
"Mel!", drängte Vic ein weiteres Mal.
"Was?"
"Du solltest dich vielleicht mal wieder umdrehen.", gab sie mir zu verstehen. Leichte Angst schwang unterbewusst in ihrer Stimme mit. Verwundert drehte ich mich um und traute meinen Augen nicht. Der See leuchtete plötzlich weißlich silber, so wie der Mond über uns, und erhellte unsere erstaunten Gesichter. Blitzschnell stand Vic neben mir und zog mich einige Meter zurück. Die Luft um uns herum vibrierte und stärker als zuvor spürte ich plötzlich, dass Kyra lebte. Ich konnte ihre Lebensenergie förmlich fühlen. Tränen sammelten sich in meinen Augen, während sich etwas in der Mitte des Sees erhob. Seichte Wellen waren zu sehen und ich merkte, wie Voctoria und ich beide die Luft anhielten.

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Hii❤

Wir nähern uns dem Ende immer mehr dem Ende😥🙈

Und vorab eine kleine Info:

Das nächste Kapitel wird aus der Sicht von Kaden geschrieben sein.😎

Lg

Jessy❤

Wolfsblut - AdanyiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt