Kapitel 17

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Am nächsten Morgen hat mich meine positive Energie, die ich gestern bezüglich meines Mitbewohners noch hatte schon wieder verlassen. Ich gehe erstmal ins Bad und genehmige mir einen großen Kaffee. Der Rest scheint noch in den Federn zu sein und zu träumen. Klar ist ja auch Samstag und die Jungs haben erst nachmittags Training. Verschlafen ziehe ich mir bequeme Sachen an, was bei mir Jogginghose, Pulli und Kuschelsocken bedeutet. Ich versuche mir die Zeit etwas zu vertreiben, indem ich an meinem Bericht über mein Praktikum arbeite und Emails Richtung Barcelona sende. Wenn meine Freunde und ich uns länger nicht sehen und viel zu erzählen haben mailen wir lieber. Und ich brauche jetzt dringend jemanden zum Reden, wenn ich das schon nicht persönlich kann, schicke ich Marina eben eine ellenlange Mail. Hauptthema ist natürlich Julian. Dafür, dass wir uns nicht mögen ist er viel zu oft in meinem Kopf. Ich frage sie nach ihrer Meinung zu seinem Verhalten und beichte ihr, dass ich mich entschuldigen werde. Das wird sie sicher nicht gut finden. Marina hasst es, wenn jemand nachgibt und nicht bei seiner eigenen Position bleibt. Trotzdem halte ich es für das Beste und damit ich nicht kneife, schicke ich schnell die Mail ab und bewege mich dann zwei Türen weiter. Ich klopfe vorsichtig, plötzlich hab ich Angst er könnte rauskommen und mich anbrüllen. Ich werde schüchtern, weil ich ihn nicht wieder verärgern will. Und vielleicht auch, weil ich auf einmal das Bild von Julian dem Badboy mit einem Mädel in seinem Bett im Kopf habe. Gerade als mir auffällt, dass mir das nicht in den Kram passt er mit einer Frau, öffnet sich die Tür und besagter Mitbewohner schaut mich verschlafen an: „Was machst du denn hier? Hast du dich an der Tür verirrt?" „Nein ich wollte schon zu dir." „Na dann komm mal rein. Aber gleich so als Vorwarnung ich habe nicht mit Besuch gerechnet und hab nicht aufgeräumt." Er macht eine einladende Handbewegung und ich schlüpfe in sein Zimmer. Es wirkt gemütlich und männlich.

Dass es unordentlich ist finde ich auch nicht und ich frage mich, was er von meinem Zimmer so denkt

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Dass es unordentlich ist finde ich auch nicht und ich frage mich, was er von meinem Zimmer so denkt. Schließlich räume ich nicht sonderlich oft auf, eigentlich nie und bei mir sieht man das auch deutlich.

Er folgt mir und schließt die Tür. „Setz dich wohin du willst und dann schieß los, was willst du von dem Mamasöhnchen?" Er zieht sich ebenfalls einen Pulli an und schlüpft in eine Trainingshose. Dann setzt er sich mir gegenüber auf einen Sessel. Ich weiß, dass ich nun anfangen soll und nicht nur schweigend mit angezogenen Beinen auf dem Sessel sitzen. Aber meine Worte, die ich mir gestern extra noch überlegt habe, sind weg. Ich habe keine Ahnung was ich hier mache und sein forschender Blick macht es mir nicht einfacher. Plötzlich fühle ich zurückversetzt und zwar in mein 16. Lebensjahr. Ich spüre meine Unsicherheit, wie mich der Arzt ansieht und zu meiner Mutter sagt: „Ganz klar ihre Tochter ist magersüchtig. Am besten sie wird sofort an eine Spezialklinik überwiesen." Ich hasse Augenblicke wie diese. Ich fühle mich eingeklemmt, weiß nicht was ich sagen soll und dann nimmt meine Unsicherheit Überhand. „Ach weißt du ist ja auch egal, vergessen wir einfach, dass ich hier war." ,ich springe auf, um nicht so wie damals in irgendetwas reingezwungen zu werden. Auch Julian steht auf und schaut mich ziemlich verwirrt an. Ich gehe zur Tür und habe schon die Klinke in der Hand, als ich zurückgezogen werde und mit meinem Rücken gegen seine muskulöse Brust pralle. „Kann es sein, dass du dich bei mir entschuldigen wolltest? Oder zumindest mit mir reden Valerie?" ,so wie er meinen Namen ausspricht klingt es beinahe drohend. Er hat auf einmal etwas Bestimmtes und Dominantes an sich. Ich nicke und sofort lässt er mich los, schiebt mich zu dem Sessel. „Dann rede auch. Ich beiße nicht. Wir sollten das klären und ich bin schon ein bisschen froh, dass du den Mut aufgebracht hast zu mir zu kommen, denn ein zweites Mal wollte ich nicht auf dich zu gehen. Auch wenn ich sicher genauso viel Schuld an unserem eskalierten Gespräch habe. Ich weiß, dass du reden willst mach keinen Rückzieher." Er sagt es so, dass es ehrlich klingt. Ich habe nicht mehr so viel Angst etwas Falsches zu sagen, denn zum ersten Mal lächelt er. Wenn auch nur ganz leicht und auffordernd. „Ja stimmt ich will mich entschuldigen. Du bist gestern freundlich auf mich zugegangen und hast mir einen Blick auf deinem wahren Charakter offenbart. Das hat mich aber nicht interessiert, weil ich nicht sicher war, ob ich bereit bin dich hinter meine Fassade blicken zu lassen. Dass ich dich beleidigt habe ist echt scheiße gewesen. Dabei sollte ich als die dann doch etwas Ältere erwachsen auf ein Friedensangebot und eine Entschuldigung reagieren. Dass ich das nicht getan habe tut mir leid. Nur du machst es mir so schwer ich selbst zu sein. Ich habe großen Respekt vor dir, ehrlich eigentlich kann ich mir vorstellen mit dir sogar auf einer Wellenlänge zu sein. Aber deine Ausstrahlung und dein erster Satz haben mich sofort eine Mauer bauen lassen. Ich kann Bad Boys oder eben Männer die so wirken nicht ab. Mir macht es so etwas schwer diesen Menschen mich zu öffnen, weil ich ihre echte Persönlichkeit nicht kenne. Und ich weiß auch, dass ich vermutlich nicht leichter zugänglich bin, wenn ich mich dann erstmal darauf eingestellt habe, denjenigen nicht an mich ranzulassen. Ich wollte dich fragen, ob wir uns vielleicht bemühen können den anderen mehr zu respektieren und seinen Charakter zu entdecken. Schon allein unseren Freunden und dem Klima in der WG wegen. Außerdem würde ich schon zu gern wissen ob du der bist, der du vorgibst zu sein."

„Wow mit so vielen Worten hab ich nicht gerechnet. Zumal du erst flüchten wolltest. Aber mir geht es ganz ähnlich. Du bist intellektuell, jeder versteht sich mit dir und du bist offen und freundlich. Nur ich habe das Gefühl nicht an dich ranzukommen. Das macht mich wahnsinnig. Du hast Recht ich verstecke mich gern hinter einem Image, weil ich länger brauche, um einer Person zu vertrauen. Ich zeige meinen Charakter und meine Gefühle nicht allen Leuten. Vielleicht hat mich das Leben als Talent in der Öffentlichkeit dazu geformt, vielleicht ist das auch einfach ein Charakterzug von mir. Ich bin eher schüchtern gegenüber Fremden. Während du dich also hinter deinem Wissen versteckst, versuche ich mich durch mein Image zu schützen. Und ich würde dich wirklich auch gerne richtig kennenlernen. Denn mit deiner Vermutung über unsere Wellenlänge könntest du richtig liegen." Wir lächeln beide und ich fühle mich gut, dass wir uns endlich ausgesprochen zu haben. Julian ist glaube ich ein ganz anderer Mensch als ich dachte. Die Situation der letzten Wochen hat mich gelehrt, wie wichtig es ist genau hinzusehen und niemals Angst haben sein wahres Ich zu zeigen, auch wenn der Gegenüber es vielleicht erst danach tut.




Heute erst am Samstag ein Kapitelchen. Tut mir leid, dass ich es gestern nicht geschafft habe. Ein schönes Wochenende euch allen!

Mein Leben als Spielerschwester // Julian DraxlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt