7. Kapitel

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Ich starrte noch einige Zeit auf meinen Namen, der mit verschnörkelten Buchstaben den braunen Umschlag zierte. Irgendwann nahm ich schließlich die weißen Blätter heraus und seufzte kurz, bevor ich anfing den ersten Part zu lesen. Und auch wenn ich erst nur den Anfang lesen wollte, flogen meine Augen immer weiter über die Buchstaben, die nach und nach immer mehr Wörter bildeten. Ich bekam gar nicht mit, dass Mama sich in mein Zimmer geschlichen und es sich auf meinem Bett bequem gemacht hatte. Erst als ich verzweifelt meine Haare raufte, da ich den ganzen Vertrag wirklich schnell durch gelesen hatte, gab sie sich zu erkennen.

»Und, was wirst du jetzt machen?«, fragte sie mich neugierig, weshalb ich mich erschrocken umdrehte und dabei fast vom Stuhl fiel. Ich fasste mir ans Herz, versuchte mich zu beruhigen. Als ich schließlich nicht antwortete, sprach sie einfach weiter: »Hast du denn schon Nachricht bekommen, ob du das Praktikum machen könntest?«

Ich schüttelte leicht meinen Kopf und schaute zur Überprüfung noch einmal auf mein Handy.

»Du weißt, dass manche E-Mails im Spamordner verschwinden, oder?«, hinterfragte Mama meine Antwort, weshalb ich wieder aufschaute und verwirrt meine Augenbauen zusammenzog.

»Warum sollte so etwas in meinem Spamordner landen?«, wollte ich wissen, öffnete zur Sicherheit jedoch meine Mails.

»Warum verschieben die solch eine wichtige Nachricht einfach?«, begann ich, als ich den Absender wirklich im anderen Ordner fand. Das Lachen meiner Mutter ignorierte ich die ersten Momente, denn ich konzentrierte mich auf den Inhalt der Nachricht.

»Und was schreiben sie?«, riss mich Mama dann jedoch irgendwann wieder aus meinen Gedanken und schaffte es doch, dass ich meine Aufmerksamkeit auf sie richtete. »Kinderbetreuung etwa hundert Kilometer entfernt«, murmelte ich leise und las noch einmal den Ort vor, welchen ich bereits bei Google eingegeben hatte. Meine Augen flogen über die Wörter und versuchten in wenigen Sekunden genug Informationen aufzunehmen.

»Tja, jetzt ist die Frage, welche Konditionen besser sind und ob du ausziehen oder weiter hier leben willst«, verdeutlichte Mama mir die Situation, gab mir jedoch keine weiteren hilfreichen Tipps.

»Reece will mich aber dafür bezahlen«, grummelte ich dann irgendwann undeutlich in die Stille. Es war etwas, dass mir sofort ins Auge gestochen war und dass mich an Reece Vertrag mitunter sehr störte. Mama hatte mich verstanden, wartete jedoch darauf, dass ich wieder etwas sagte.

»Wie viel will er dir denn zahlen? Und vor allem, als was will er dich genau anstellen?", fragte sie nun doch neugierig und mit ihrer mütterlich liebevollen Stimme.

Frustriert nahm ich den Arbeitsvertrag, der von Reece Brown fertig gestellt wurde, zur Hand und blätterte kurz durch ein paar Seiten.

»Er meinte, er könne das Projekt nicht alleine aufbauen. Er bräuchte kreative Hilfe und jemanden, den er vertrauen könne. Reece ist der Ansicht, dass ich durchaus das Talent dafür hätte. Er hat sich vor gut zwei Wochen ein Haus im anderen Stadtteil gekauft und das möchte er jetzt zu einer Anlaufstelle für Kinder jeden Alters umbauen. Er ist der Meinung, dass im Moment jegliche Anlaufstellen wie Spiel- oder Bolzplätze abgerissen werden und die jüngeren Kinder keine Möglichkeiten zum Spielen mehr hätten«, erklärte ich ihr, während ich mit dem Vertrag in ihre Richtung lief. Ich reichte ihr den Stapel Blätter und ließ mich rücklings auf mein Bett fallen.

»Das hört sich doch eigentlich ganz gut an, oder nicht?«, erkundigte sie sich und sah fragend auf mich hinab.

»Doch schon, aber ich habe Angst vor unserer Zusammenarbeit und ich finde es echt nicht toll, dass er mich bezahlen will«, antwortete ich ihr und schloss frustriert die Augen. Der Gedanke an unsere Zusammenarbeit, ließ ein flaues Gefühl in meiner Magengegend aufkommen.

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