Wie ich die folgenden Tage überlebt habe? Mit Reece.
Er besuchte mich zwar nicht jeden Tag, denn er hatte noch einige Termine für unser Projekt, doch wenn er nicht persönlich vorbei kommen konnte, dann rief er mich an und fragte nach meinem Tag. Ich hatte beschlossen, dass ich die Woche zuhause blieb, denn ich wusste, dass ich in meinen Kursen gar nicht aufgepasst hätte. Das hatte ich ja bereits letzten Freitag gesehen.
Aber ich muss fair bleiben, denn wenn ich meine besten Freunde, Talia und Felix, nicht gehabt hätte, dann wäre ich ebenfalls untergegangen.
Ich konnte nicht helfen, die Beerdigung zu planen, weshalb ich froh war, wenn irgendeiner meiner Freunde vorbei kam oder mich anrief und mich ablenkte.
Doch ich konnte nichts gegen die rennende Zeit machen. Die Tage vergingen so schnell, dass nach gefühlt einem Tag schon nicht mehr wusste, was für ein Wochentag war.
Bis dann schließlich Donnerstag war. Schon wieder ein Donnerstag.
Es war genau eine Woche vergangen, dass ich neben Caden in seinem Bett gelegen hatte.
Ich stand vor dem Spiegel, welcher unten im Flur hing und schaute mir entgegen.
Das machte ich sogar recht oft, fiel mir auf und betrachtete das schwarze Kleid an meinem Körper. Ich trug gerne Kleider, doch dieses hier wollte ich mir nun am liebsten sofort vom Leib reißen.
Es saß nicht mehr so eng, wie noch vor ein paar Wochen. Meine Haut war blass; sie war fast so weiß wie die Wand hinter mir und ich hasste den Kontrast zwischen weiß und schwarz. Meine Wangen waren eingefallener als sonst und die Augenringe tiefer.
Das war nicht das, was Caden gewollt hätte. Er hätte gewollt, dass wir tanzten oder dass wir zumindest nicht in schwarz, sondern in bunt aufgetaucht wären.
Aber es war schwer, denn in schwarzen Farben fühlte man sich zurückgezogener als in bunten. Die schwarze Farbe spiegelte das Loch, welches Caden hinterlassen hatte, wider.
»Bist du soweit?«, vernahm ich Mamas Stimme hinter mir, bevor sie hinter mir im Spiegel auftauchte.
Nein, niemals.
Ich presste meine Hände zusammen und legte sie auf meinen Schoß. Mein Kopf war gesenkt. Ich wusste, dass Caden nie gewollt hatte, dass ich mich so fühlte, doch niemand konnte mich davor beschützen.
Ich hatte mich nicht getraut, etwas zu essen, denn ich befürchtete, dass mir danach alles wieder hoch gekommen wäre. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und ich schaute auf, um direkt in die Augen von meinem Onkel Lucas zu schauen.
»He Kleines«, begann er leise und beugte sich etwas herunter, um mir einen kurzen Kuss auf die Stirn zu hauchen.
»Alles klar?«, fragte er und ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen.
»Ja«, antwortete ich und bemühte mich gleichzeitig um ein schmales Lächeln.
»Das muss wirklich hart für dich sein«, erwiderte er und versuchte unauffällig auf meine verschränkten Hände zu schauen. Langsam nickte ich, denn ich wusste nicht, was ich hätte sagen sollen.
»Wir sind alle für dich da«, schob er dann schließlich hinterher und drückte meinen Handballen in meinem Schoß.
»Danke«, murmelte ich leise und sah ihm in die Augen. Ich erkannte den Schmerz in seinen Augen, denn auch wenn er nicht mit Caden verwandt war, so kannte er ihn trotzdem. Und er wusste, wie sehr mich der Verlust mitnahm.
Ich war dankbar für meine Familie, schon immer. Mag vielleicht auch daran liegen, dass ich das älteste Kind
war und mir damals jeder den Wunsch von den Lippen ablesen wollte.
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guardian angel I
RomanceReece Brown, Sohn des milliardenschweren Hotelkettenbesitzers Daniel Brown, hatte es in seinem Leben wohl oft nicht leicht. Es ist nicht immer ein Segen mit Popularität und Geld konfrontiert zu werden. Das muss auch Reece am eigenen Leib erleben. Es...