19. Kapitel

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Ich las ein weiteres Mal seine Nachrichten und mein Herz schlug schneller, als mir die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde.

Das Display wurde kurz wieder dunkel und ich fragte mich, wo das hier hin führen sollte.

Ich konnte Reece nicht einfach herkommen lassen, es war spät am Abend, meine Eltern schliefen und ich trug bereits meinen Schlafanzug. Natürlich war ich alt genug und ich konnte entscheiden, ohne, dass ich die Zustimmung meiner Eltern brauchte. Doch ich lebte noch mit ihnen zusammen und ich konnte ihn nicht einfach mitten in der Nacht ins Haus lassen. Dabei habe ich genau das schon einmal getan. Er hat schon einmal neben mir geschlafen, ohne dass meine Eltern es wussten.

Mein Blick glitt wieder zu meinem Display hinunter, als es wieder erleuchtete und ich erkannte eine weitere Nachricht von ihm.

Schläfst du schon?

Ich wartete gar nicht lange, ehe ihm auf seine letzte Frage antwortete.

»Ja!«, schrieb ich und fügte ein zwinkerndes Emoji hinzu. Dumm nur, dass man auf beide Fragen diese Antwort hätte schicken können und bevor ich mich verbessern konnte, dass ich bereits im Bett lag und er doch einfach am nächsten Morgen hätte vorbei schauen können, schrieb er bereits, dass er vor der Tür stand und ungern klingeln wollte.

»Scheiße!«, murmelte ich nüchtern, denn ich konnte es kaum fassen. Ich konnte ihn ja jetzt kaum noch vor unserer Haustür stehen lassen und ich glaubte, egal was ich getan hätte, es wäre in irgendeiner Weise nicht richtig gewesen.

Frustriert straffte ich meine Schultern und schrieb ihm, dass ich kommen würde.

Doch bevor ich überhaupt die Treppen hinunterging, zog ich mir hektisch meinen BH an, den ich zuvor auf meinen Schreibtischstuhl geworfen hatte.

Noch während ich mir mein T-Shirt erneut überzog, ging ich leise in den Flur, um zu schauen, ob hier noch irgendwo Licht brannte. Mama und Papa schliefen am anderen Ende des Flures, doch auch in ihrem Zimmer war es nicht mehr hell. Aber es war auch schon spät und sie mussten beide morgen früh arbeiten.

Ich seufzte, als ich mit sachten Schritten unsere hölzerne Treppe hinunter schlich. Tatsächlich erkannte ich Reece Gestalt bereits durch das Milchglas, welches in unserer Tür verarbeitet worden war. Mein Herz schlug schon bei dem Gedanken, dass ich ihm gleich wirklich gegenüberstand, schneller.

Ich hatte keine Ahnung, was er um diese Uhrzeit noch von mir wollte, zumal er es mir ja scheinbar nicht über das Smartphone mitteilen konnte.

Als ich nun vor der Tür stand, atmete ich einmal tief durch, ehe ich versuchte die Haustür geräuschlos zu öffnen. Reece stand zuerst mit dem Rücken zu mir und drehte sich schnell um, als er bemerkte, dass die Tür geöffnet wurde. Er trug immer noch den dunkelblauen Pulli, der jedoch nun zerknitterter war als vorhin, hatte sich lediglich eine kurze Jogginghose angezogen.

Es war schwierig, den Blick von Reece Gestalt abzuwenden, damit ich ihm in die Augen schauen konnte. Es war jedoch nicht schwer, den Ausdruck in diesen zu deuten. Er hatte Angst. Reece war allein zu Hause und hatte niemanden, der auf ihn achtgab, weshalb ich wie aus Reflex einen Schritt zur Seiter ging, damit er hinein treten konnte.

»Danke«, murmelte er leise, während er an mir vorbei ging und zog selbstverständlich seine Schuhe aus.

»Soll ich etwas zu trinken mit hoch nehmen?«, fragte ich ihn, nachdem ich ihn mir genauer angesehen hatte. Doch er schüttelte nur kurz mit dem Kopf, woraufhin ich ihn mitleidig anlächelte. Da er bereits wieder auf seine Füße gestarrt hatte, konnte er es aber nicht gesehen haben.

»In Ordnung. Sonst hole ich gleich noch etwas«, antwortete ich ihm und zog seine Aufmerksamkeit wieder auf mich, weshalb ich nun vorsichtig seine Hand nahm und ihn mit hinauf in mein Zimmer zog. Es war merkwürdig, jetzt seine Hand zu halten, wobei ich mich den ganzen Abend danach gesehnt hatte.

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