guardian angel I

47. Kapitel

Reece half mir gerade dabei, aus seinem tiefgelegenen Auto auszusteigen, als ich bereits jemanden anerkennenden pfeifen hörte.

»Gut seht ihr aus! Da könnte man ja fast meinen, dass ihr als das bestaussehende Paar gekürt werden wollt«, schob Talia ihr Kommentar hinterher, weshalb ich grinsend meine Augen verdrehte.

»Sollen die doch denken, was sie wollen«, antwortete ihr Reece schulterzuckend und schloss hinter mir die Autotür, um schließlich auch seinen Wagen abzuschließen.

»Soll ich den Autoschlüssel in meine Tasche legen?«, fragte ich ihn und hielt ihm meine bereits geöffnete Handtasche hin. Sie war nicht groß, aber groß genug für mein Handy, Schmerztabletten, Taschentücher und gegebenenfalls für einen Autoschlüssel. Ich beobachtete seine Reaktion, doch anhand seiner Gesichtsmimik konnte ich diese nicht ablesen, denn er verhielt sich äußerst zurückhaltend. Zurückhaltender als ich es kannte. Es war jedoch seine Art, die er in manchen Situationen zu Tage legte und weshalb man schnell meinen konnte, dass er einfach kalt war; dass er keine Gefühle hatte und ihm eigentlich alles scheißegal war. Aber ich kannte ihn besser - mittlerweile, das musste ich wohl dabei sagen. Reece wollte einfach nicht vor allen seine Gefühle zeigen, weil diese einfach niemanden etwas angingen und er, so glaubte ich, Angst hatte, dass man ihn für seine menschliche Seite verurteilte und man ihm genau das vorhielt oder man sich daraus einen Nutzen machte. Er hatte es nicht leicht, wahrscheinlich noch nie, wenn man bedenkt, dass sein Vater ein Tyrann war.

»Dann ist er wenigstens sicher«, murmelte er und legte ihn vorsichtig zu meinen anderen Gegenständen in die Tasche. Ich verschloss sie daraufhin und hing sie mir über die Schulter, ehe ich einen Blick zu Talia warf. Diese musterte uns schon grinsend, weshalb ich fragend meine Augenbraue hochzog.

»Was?«, schob ich schließlich verwirrt hinterher, denn ich wusste, dass sie irgendetwas im Kopf hatte.

»Ach nichts... nur das ich gerade dachte, dass ihr euch schon wie ein altes Ehepaar verhaltet«, grinste sie und gab mir somit die Antwort auf meine Frage. Ich schüttelte beschämt den Kopf, denn ich war mir nicht sicher, wie ihr Verhalten bei Reece ankam. Talia wusste, dass ich etwas für ihn empfand; sie behauptete auch felsenfest, dass Reece etwas für mich empfand, doch wir, also Reece und ich, hatten noch kein Wort darüber gesprochen.

Bis auf unserem Beinahe-Kuss nach unserem Streit war nichts passiert und ich wusste einfach nicht, wie mein Gegenüber fühlte und wenn Talia sich so benahm und ständig irgendwelche Andeutungen machte, konnte es auch sein, dass mir das nicht wirklich half. Vielleicht bemerkte Reece aber auch, dass wir uns in eine Richtung bewegten, womit wir beide nicht gerechnet hatten.

Als Reece nichts sagte, hob ich meinen Kopf und starrte meiner besten Freundin bedeutungsvoll in die Augen, ehe sie kaum merklich nickte als sie verstand, dass sie solche Sprüche sein lassen sollte.

»Wo ist denn dein Date?«, fragte ich sie neugierig, um vom Thema abzulenken.

»Wir waren schon hinten auf der Wiese und haben Fotos geschossen. Ich hatte nur etwas in seinem Auto vergessen«, erklärte sie mir und hob zusätzlich ihre kleine Handtasche.

Ich nickte verständlich und es schien eine peinliche Stille einzukehren, weshalb sie wieder das Wort ergriff: »Kommt ihr mit?«. Fragend sah ich zu Reece hoch und als dieser mir einfach nur mit einem leichten Lächeln auf den Lippen seinen Arm hinhielt, nickte ich wieder und hakte mich bei ihm ein.

Es war das erste Mal, dass wir so nebeneinander hergingen. Doch ich fühlte mich neben ihm so wohl; so vertraut, weshalb ich das stetige Grinsen auf meinem Gesicht kaum verbergen konnte. Talia ging leicht voraus, verwickelte uns jedoch noch in ein belangloses Gespräch. Ich liebte ihre Art, denn sie konnte eine Stille zwischen Menschen nicht abhaben und fing lieber ein Gespräch an, das nicht von Belangen war. Außerdem wusste ich, dass sie einfach alles für mich tat.