Ich hatte so fest geschlafen, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie Reece aufgestanden war und Talia hereingelassen hatte.
Erst als beide im Wohnzimmer standen und sich unterhielten, kam ich langsam wieder zurück in das Hier und Jetzt.
Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, denn sie unterbrachen ihr Gespräch, als sie bemerkten, dass ich wach wurde. Reece verabschiedete sich kurze Zeit später und ging.
Ich hatte das Gefühl, dass er sich zwischen Talia und mir unwohl fühlte und nicht wusste, wie er sich vor meiner besten Freundin verhalten sollte. Talia selber blieb aber auch nicht lange, denn als Papa von der Arbeit wieder kam, wollte sie nicht weiter stören. Wir hatten uns aber auch nur über belangloses Zeug unterhalten, da ich wirklich keine Nerven hatte, über Reece oder meiner gestrigen OP zu sprechen. Stattdessen saßen wir uns gegenüber, ihre Beine lagen auf meinen und ich war froh, dass ich mit ihr so einen innigen Kontakt hatte.
Als Papa wieder kam, fuhr er mir einmal liebevoll über meinen Kopf, ehe er mir erklärte, dass er noch eben kurz im Bürozimmer wäre und danach schon einmal anfangen wollte, etwas zu essen zu machen. Ich verspürte noch gar keinen Hunger, doch ich wusste, dass ich bald was essen musste.
Ich begleitete meine beste Freundin bis zur Tür, um sie dort zu verabschieden.
»Ich denke nicht, dass ich es morgen schon zu meinen Kursen schaffe«, erklärte ich ihr seufzend, was sie zum Lachen brachte.
»Ach komm, du genießt es einfach zu Hause. Besonders, wenn Reece dir Gesellschaft leistet. Sieh einfach zu, dass du es bis zur letzten Woche schaffst«, entgegnete sie lächelnd und ging bereits über die Türschwelle.
»Ich muss dir noch etwas erzählen«, flüsterte ich und hielt sie noch auf. Ich sah hinter mir, doch ich konnte Papa nirgends entdecken, weshalb ich mich ihr wieder zuwandte.
»Reece hat mich gefragt, ob wir zusammen zum Abschlussball gehen«, fuhr ich grinsend und mit gesenkter Stimme fort.
»Gott sei Dank. Ich dachte schon, er fragt dich nie«, schmunzelte sie, versuchte jedoch gelassen zu wirken. Doch ich wusste, dass sie solche Neuigkeiten besonders erfreuten und sie generell mit jedem Klatsch und Tratsch mitfieberte. Mein Grinsen wurde breiter, als sie mir sagte, dass sie sich für mich freuen würde, auch wenn sie glaubte, dass es ein sesshafter Ball für mich werden würde. Die Aussage machte recht wenig Sinn, aber ich liebte ihre sinnlosen Wortwitze genauso wie sie.
Ich saß gerade am Küchentisch und sah Papa dabei zu, wie er sich einen Pfannkuchen in den Mund schob, als Mama zur Tür herein kam. Wir beide vernahmen das Geräusch zur selben Zeit und ich konnte erkennen, wie Papa versuchte den geklauten Weizenpfannkuchen schneller zu essen, wobei er sich verschluckte und mich definitiv zum Lachen brachte. Die verschiedenen Gesichtsausdrücke, die er zur Schau stellte, waren definitiv Preis verdächtig.
»Was macht ihr hier schon wieder für einen Blödsinn?«, fragte Mama, als sie in die Küche kam und sich ein Bild von der Situation machte. Papa bemühte sich ihretwegen um eine Unschuldsmiene, doch er schien mit dem Husten immer noch nicht fertig zu sein und lief knallrot an, ehe er es nicht länger aushielt. Ich erkannte, wie Mama belustigt mit dem Kopf schüttelte, ehe sie zu ihm ging und ihm auf den Rücken klopfte.
»Schon wieder zu gierig gewesen?«, fragte sie ihn, weshalb er schnell mit dem Kopf schüttelte. Ich saß immer noch auf dem Stuhl, doch fiel vor Lachen fast herunter.
»Du weißt doch, dass ich von gewissen Dingen nie genug bekommen kann«, begann er und ich erkannte sein zweideutiges Grinsen auf dem Gesicht, weshalb ich augenblicklich aufhörte, zu lachen.
»Das bekomme ich vorläufig nicht mehr aus meinem Kopf«, murmelte ich angewidert und schüttelte mit gerümpfter Nase den Kopf. Daraufhin fingen Mama und Papa an zu lachen und sahen mich amüsiert an.
»Es gab Zeiten, da hast du uns nicht immer verstanden«, erklärte Papa mir grinsend, weshalb ich die Augen verdrehte und ebenfalls anfing, zu grinsen. Er lehnte sich zu Mama herunter und gab ihr einen kurzen Begrüßungskuss, denn länger gab ich ihnen nicht, da ich ihn darauf aufmerksam machte, dass der Pfannkuchen verbrannte.
Mama drehte sich zu mir um und ich erkannte, wie Papa noch in seiner Bewegung ihr einen Klaps auf den Hintern gab. Leicht verdrehte sie die Augen, ehe sie ihre Handtasche auf dem Stuhl neben mir abstellte.
»Wie geht es dir«, fragte sie mich mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht.
»Ich bin müde«, erklärte ich ihr, woraufhin sie verständnisvoll nickte. Sie erklärte mir, dass das noch von der OP oder von den Schmerztabletten kommen konnte, ehe sie mich fragte, wie viele ich genommen hatte.
»Bis jetzt 2. Ich habe fast die ganze Zeit geschlafen. Aber wenn ich wach war und mich bewegte, konnte ich es kaum aushalten«, antwortete ich ihr und zuckte die Schultern.
»Dann kannst du vorm Schlafengehen noch eine nehmen«, entgegnete Mama, woraufhin ich nickte.
»Ich ziehe mich kurz um«, schob sie dann hinterher und verschwand wieder aus der Küche. Wahrscheinlich auch, damit Papa den Tisch alleine decken musste. Denn auch er schien zu merken, dass sie sich davon geschlichen hatte. Lachend schüttelte er den Kopf, ehe er die Platzdeckchen platzierte und das Essen nach und nach auf den Tisch stellte.
»Du hast dich wieder selbst übertroffen«, lobte ich ihn, als ich mir den ersten Pfannkuchen in den Mund schob. So langsam schien mein Hunger wieder zukommen.
»Es gibt ja auch nur drei Gerichte, die ich kochen kann«, lachte er und ließ sich neben mich auf den Stuhl fallen. Auch Mama gesellte sich nach einigen Sekunden zu uns und freute sich über den gedeckten Tisch und das gemachte Essen, weshalb Papa von ihr noch einmal einen Kuss bekam.
»Mum?«, begann ich nach einigen Minuten das Gespräch, »kann ich wohl zum Abschlussball gehen?« Ich hatte gedacht, dass ich länger auf eine Antwort warten musste, doch sie antwortete prompt: »Na klar, kannst du! Du musst. Eine Erfahrung, wie diese musst du machen. Vielleicht nicht ohne Hilfe, aber alleine würdest du ja eh nicht hingehen«
»Wäre ich nicht auf unseren High School Abschlussball hingegangen, wären wir gar nicht mehr zusammen gekommen«, murmelte Papa und sah Mama verträumt an.
»Ihr wart mal getrennt?«, fragte ich verdutzt, denn das hörte ich tatsächlich zum ersten Mal.
»Zweimal sogar«, antwortete mir Mama, wobei sie ihr Gesicht grübelnd verzog.
»Naja, das erste Mal, hatte es keiner richtig ausgesprochen und das zweite Mal war es ja nur eine Pause«, bemerkte Papa, weshalb Mama ungläubig den Kopf schüttelte, ehe sie ihm die Zunge herausstreckte.
»Zurück zu dir. Warum hast du gefragt?«, wechselte sie das Thema abrupt.
»Weil wir hingehen wollten und dann ist mir der Gedanke gekommen, dass ich vielleicht gar nicht kann«, erklärte ich schnell, denn ich wollte Mama erst alleine über das Date Reece und mir aufklären, um ihre Reaktion zu sehen.
»Aber wie ist das mit meinem Kleid? Hohe Schuhe brauche ich gar nicht versuchen, aber dann ist es zu lang«, schob ich hinterher, als ich ihre grübelnde Falte auf der Stirn erkannte.
»Dann muss das jetzt ganz schnell gekürzt werden«, antwortete sie und erklärte, dass sie morgen in der Schneiderei anrief.
»Danke«, murmelte ich und schob mir eine weitere Gabel mit Blattsalat in den Mund. Das Gespräch lenkte Papa dann schließlich auf meine Tante um, da er sich zuvor wahrscheinlich auch ausgeschlossen gefühlt hatte.
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guardian angel I
RomanceReece Brown, Sohn des milliardenschweren Hotelkettenbesitzers Daniel Brown, hatte es in seinem Leben wohl oft nicht leicht. Es ist nicht immer ein Segen mit Popularität und Geld konfrontiert zu werden. Das muss auch Reece am eigenen Leib erleben. Es...