41. Kapitel

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Die letzten Tage zusammenzufassen, war gar nicht schwer, denn ich hatte kaum etwas erlebt und eigentlich auch kaum etwas gemacht.

Ich hatte es oft geschafft, den ganzen Tag zu schlafen. Zwischendurch wurde ich kurz wach, trank etwas, nahm mir eine Süßigkeit und legte mich wieder schlafen. Selbst von den Anrufen von Talia und den unzähligen Nachrichten bin ich nicht wach geworden. Erst wenn Mama abends in mein Zimmer kam und mir etwas zu essen brachte, wurde ich richtig wach. So wach, dass ich selbst um 3 Uhr mitten in der Nacht nicht schlafen konnte.

Donnerstags musste ich zur Kontrolle ins Krankenhaus. Es war Routine und doch war ich wieder nervös. Krankenhäuser und ich sollten wohl nie gute Freunde werden. Denn immer, wenn ich hinfuhr, bekam ich eine schlechte Nachricht und mein Leben änderte sich wieder.

Bevor Mama und ich das Krankenhaus ansteuerten, fuhr wir zusammen zur Schneiderei, damit wir die Länge meines Abschlusskleides anpassen konnten.

Es erfordert momentan einfach alles mehr Arbeit, dass ich mich schon fast ärgerte, dass ich zusammengeklappt war und man mich ins nächste Ambulanzkrankenhaus fahren musste.

Beim Arzt selber dauerte es nicht lange, denn ich konnte direkt zum Röntgen und danach hatte man sich meine Bilder angesehen, nichts Auffälliges festgestellt und mich quasi sofort wieder entlassen.

Am Samstag nervte es mich schon sehr, dass ich kaum etwas unternehmen konnte und dass gerade am Wochenende bei mir so langsam die Langeweile einkehrte. Es war gerade erst Mittag, da hatte ich Mama und Papa dazu überredet mit mir UNO zu spielen. Wir hatten uns schon lange nicht mehr zusammengesetzt und Gesellschaftsspiele miteinander gespielt. Doch ich wusste, dass Mama noch etwas für die Arbeit am Klavier vorbereiten musste und Papa im späten Nachmittag Fußball gucken wollte.

Gerade als ich meine nächste Karte ablegte, klingelte es an der Tür und ich war normalerweise immer diejenige, die hinging, um sie zu öffnen, da Mama und Papa sich meistens stritten.

»Du gehst«, sagte Mama schnell, bevor Papa überhaupt etwas sagen konnte. Ich fand es schon witzig, dass beide so faul waren, dass sie sich darüber einigen musste, wer aufstand. Papa wollte eigentlich noch etwas sagen, doch als er mir entgegen blickte und ich ihn mit flehenden Augen ansah, verkniff er es sich seufzend und stand auf. Mama sah ihm stattdessen einfach hinterher und gerade als er aus dem Raum war, drehte sie schnell seine Karten um, um nachzusehen, was er noch spielen konnte. Ich sah sie belustigt an und als sie meine Blicke bemerkte, zuckte sie grinsend mit den Schultern. Die beiden waren einfach unverbesserlich.

»Ich weiß genau, dass du unter meine Karten geguckt hast, Zoe!«, machte sich Papa wieder bemerkbar und sah Mama mit zusammengekniffenen Augen an. Sie hingegen saß dort mit einer Unschuldsmiene, die ich genauso gut konnte. Ich drehte mich gerade zu ihm um, damit ich ihn fragen konnte, wer an der Tür war, da erkannte ich, wie Reece hinter ihm auftauchte.

»Reece«, begrüßte ich ihn überrascht, weshalb er zögerlich lächelte und auch Mama mit einem Hallo begrüßte.

»Setz dich, Reece. Wir spielen gerade UNO. Du kannst Emma mit Sicherheit helfen«, erklärte sie ihm und deutete auf den Platz neben mir.

»Ich will nicht stören«, gab er unentschlossen zu, doch Mama wank ab.

»Tust du nicht. Wir sind sowieso gleich fertig«, grinste sie und sah Papa an, der sie wiederum mit einem wissenden Blick strafte. Ich erkannte, wie Reece leicht nickte und sich langsam auf den Stuhl neben mich setzte. Er versuchte, großen Abstand zwischen uns zu bringen, was ich verwirrt beobachtete und mich fragte, was mit ihm los war. Ich kam einfach immer noch nicht hinter seine Fassade, denn ich konnte einfach nicht sagen, ob Reece von Natur so war, oder ob er eher offen gegenüber solchen Situationen war.

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