26. Kapitel

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Als man mich am nächsten Tag weckte und das Frühstück brachte, war es viel zu früh. Doch ich war wach und konnte nichts dagegen machen. Scheinbar hatte ich bis gestern sogar eine Zimmernachbarin, aber die hatte sich hier nicht blicken lassen, bis sie am Vortag noch entlassen wurde. Und jetzt war ich alleine in einem Zimmer mit zwei Betten und hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Fee hatte mir gestern noch meine Tasche, die ich für unseren Trip gepackt hatte, gebracht, damit ich mich auch umziehen konnte. Doch eigentlich war mir vorher eher nach Duschen zu Mute. Meine Eltern fuhren mit meinen besten Freunden erst spät nach Hause, da sie mich ungern hier zurück lassen wollten. Doch alleine war ich ja gar nicht, denn Reece war in meiner Nähe. Er wurde zwar gestern auch von den Krankenschwestern rausgeschmissen, doch ich wusste, dass er nicht weit weg war. Das Frühstück habe ich kaum angerührt, denn das Brot durfte eigentlich nicht mehr Brot genannt werden. Lediglich der Zwieback konnte es sich in meinem Magen bequem machen. Irgendwann kramte ich nach meinem Smartphone, um jegliche Apps durchzugehen. Erst einmal wurden alle Nachrichten gelesen, teilweise beantwortet, die neusten News gecheckt, bis ich schließlich bei meiner Serie angekommen war. Ich hatte sonst nicht immer die meiste Zeit, um mich meiner Lieblingsapp zu widmen, doch jetzt hatte ich mehr als genug Zeit. Reece durfte wahrscheinlich noch nicht vorbeischauen, denn auch in diesem Krankenhaus herrschten die üblichen Besucherzeiten.

»Guten Morgen, Emma!«, riss man mich aus der mitreißenden Geschichte von Sir Hargreeves und seinen Adoptivkindern. Ich stoppte die Videoaufnahme und drehte mich zur Seite, damit ich mir die ungebetenen Gäste ansehen konnte.

»Guten Morgen«, brummte ich, als ich verschiedene Personen in Kittel erkannte, und richtete mich etwas auf.

»Ich bin Dr. Wright und löse meinen Kollegen von gestern ab«, hielt mir der Älteste von allen Anwesenden vor meinem Krankenbett stehen. Ich zog die blaue Bettdecke etwas zurecht und wartete darauf, dass er mir sein Erscheinen erklärte.

»Schauen wir uns mal deine Werte an«, sagte er und hielt einer jungen Frau meine Unterlagen hin, die sie brav vorlas. Ich konnte mit all den Fachwörtern gar nichts anfangen, weshalb ich die Prozedur eher über mich ergehen ließ.

»Deine Werte schauen schon besser aus, sind aber immer noch nicht ganz eindeutig. Wir werden heute im Laufe des Tages noch einige Tests machen und uns die Naht an deinem Unterschenkel noch einmal ansehen«, erklärte mir mein Arzt, der meine Akte wieder an meinem Bett befestigte.

»Kann ich denn heute wieder nach Hause?«, fragte ich ihn und hoffte, dass ich dieses Frühstück nicht noch einmal bekommen musste.

»Das können wir erst im Laufe des Tages entscheiden. Auch wenn du dich jetzt fit fühlst, kann das noch wieder anders werden«, antwortete er mir mit einer fachlich distanzierten Stimme und ich musste den Drang unterdrücken, mit meinen Augen zu rollen.

»Darf ich denn duschen?«, wollte ich wissen und fuhr mir einmal durch meine Haarspitzen, die dringend gewaschen werden mussten.

»Wenn du dich so fit fühlst, sicher. Wir kleben deine frisch genähte Wunde dann nur wasserdicht ab, dann können wir sie auch nach dem Duschen neu verbinden«, antwortete er und schickte einen seiner Assistenzärzte los, um die Materialien zu holen.

»Er wird dir das gleich verbinden. Im Badezimmer befindet sich ein roter Knopf. Den drückst du bitte, wenn dir nicht gut ist. Dann kommt sofort jemand, der dir hilft«, schob er hinterher und verabschiedete sich mit einem »bis nachher« von mir. Tatsächlich verband man mir die Wunde so, dass ich selbst in einem Schwimmbad hätte sorgenlos schwimmen gehen können. Mir reichte jedoch eine Dusche, denn es waren bereits zwei Nächte vergangen, seit ich auf der Bühne gestanden und mein Bestes versucht hatte. Normalerweise ging ich direkt danach duschen, doch das saß dieses Mal nicht so drin.

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