Wenn die Erinnerungen fehlen

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Den ganzen Abend diskutierte die Familie darüber, ob Florian Nun mitkommen sollte am nächsten Tag oder ob es besser wäre noch zu warten.
„Dann nehmt Ihr auch Max mit! .... Ne Maxi? Die Mama vermisst Du auch ganz doll.", sprach Maria liebevoll mit ihrem Enkel der sofort lächelte.
„Soviele? Wollen wir Helene gleich überfordern?".
Erika hatte lediglich bedenken das sie die junge Frau überfordern.
Doch zuvor rief Erika jedoch in der Klinik an. Nicht das Helene gerade Therapie hatte.
„Sie macht nirgends mit.", beendete Erika augenrollend das Gespräch.
„Was?" - „Ja. Sie isst nicht oder lehnt konsequent alles ab!", erklärte Erika es der Familie.
„Dann fahrt los jetzt!", zog Peter einen Schlussstrich und wollte das sie keine Zeit mehr verlieren.
„Auch wenn Florian keinen großen Bezug bis jetzt zu Max hatte, kümmerte er sich liebevoll um den kleinen Jungen.".
Der Weg zur Klinik verlief schnell und ohne große Verzögerungen.
Angekommen auf der Station kam ihnen Helene entgegen. Sie war auf dem Rückweg sich aus der Küche eine Flasche Wasser zu holen und sah starr beide an.
„Das ist sie?", flüsterte Florian und sah Erika an die lediglich nur nickte.
„Sehr sehr schlank. Schon zu schlank.", meinte Florian lediglich um es nicht direkt zusagen wie mager Helene war.
„Aber trotzdem sehr süß.", grinste Florian kurz darauf als Helene dann in ihr Zimmer abbog.

Als Erika als letzte die Tür ins Schloss fallen ließ, zuckte Helene kräftig zusammen.
Etwas verloren stand Florian mitten im Zimmer und sah Helene an.
„Guck mich nicht so an!", murmelte Helene und fühlte sich deutlich unwohl in seiner Anwesenheit.
„Das ist doch nur Florian Helene! Und schau, Maxi hab ich auch mitgebracht.", lächelte Erika zuversichtlich ihre Schwester an.
Florian wollte Helene lediglich die Hand zur Begrüßung reichen, doch ging sie langsam dabei zurück. Den Blick starr auf ihn richtend. Helene fühlte sich bedroht von ihm.
„Flo! Komm, lass sie mal.", zog Erika langsam an seinem Arm und stoppte ihn.
Florian wusste nicht was er verkehrt gerade gemacht hatte und beugte sich der Bitte.
„Mäuschen, warum machst Du denn keine Therapie mit?" - „Spionierst Du mir nach?".
„Nein. Ich wollte nur wissen, also nicht das wir gerade ungelegen herkommen! Da sagten sie mir das. Auch das Du weder isst, noch deine Medikamente nimmst!".
Erika dachte sich weiter nichts dabei als sie dös sagte. Doch nahm Helene dies ganz anders wahr.
Max saß bei Erika dabei auf dem Schoß und sah immer zu Helene. Seine Ärmchen streckte er ihr entgegen, doch Helene ignorierte es.
„Und was glotzt Du so immer?",  fühlte Helene sich langsam genervt von Florians ständigem sie angucken.
„Ich ... Ich dachte das mir vielleicht die Erinnerungen bei Dir kommen...", sagte er unsicher und wand seinen Blick von Helene.
Fragend sah sie dann zu Erika.
„Paul hatte Florian ordentlich vermöbelt. Jedenfalls kann er sich an nichts und niemanden mehr erinnern. Florian meint das nicht böse, aber er kennt Dich einfach nicht.", klärte Erika, „Er hat genauso unter ihm gelitten.".
„Scheiße.", sah Helene ihn mitleidig dabei an.
„Deswegen hab ich es gewagt Florian mit her zubringen...".
„Ich wollte es von mir aus.", redete Florian dazwischen.
„Ja stimmt. Helene wir wollen Dir nichts böses und schau mal Maxi. Der arme vermisst Dich seit Wochen.", deutete Erika auf ihrem kleinen Neffen.
„Aber... Ich kann es nicht. Er...".
Helene schmerzte es selbst ihren Sohn so zusehen, doch ertrug sie keine Nähe von anderen Personen.
Ihr Handy klingelte und die Tasche stand hinter Erika. Mit Max zusammen stand sie und dieser verlor seine Mama aus dem Blick. Sofort quittierte er es in dem er laut anfing zu weinen und sich erst wieder beruhigte nachdem er Helene wieder sah.
„Siehst Du was ich meine?".
Zaghaft nickte Helene und haderte ewig mit sich.
Schließlich wollte die Blondine es doch versuchen und ließ sich Max in den Arm geben.
Mit großen strahlenden Augen sah er seine Mama an. Er strahlte und genoss die Nähe zu Helene.
„Kann ich Euch alleine kurz lassen?". „Ja.".
Florian wollte ebenfalls mitkommen und so ließen beide Helene alleine.
„Und? Kamen da vielleicht Bruchstücke der Erinnerungen?" - „Leider nein. Helene scheint nett zu sein.".
„Sie ist die Liebste Person auf der ganzen Welt...", legte Erika dabei zuversichtlich ihren Arm um ihn, „... Und Ihr beide schafft das alles.".
„Wir?". „Ja Ihr! Ihr seid ein Paar gewesen und werdet es auch wieder.", grinste Erika.
Doch Florians Gesichtsausdruck sprach andere Bände.
„Also sie sieht ganz nett aus. Aber mein Typ Frau ist Helene nicht!".
„Das sagst Du ihr aber bitte nicht! Wenn sie das hört, dann bricht noch mehr in ihr zusammen.".
„Keine Angst. Ich denke ein Mann und Liebe ist gerade das letzte was sie nach so einer Erfahrung braucht...", meinte Florian und fühlte sich sichtlich wohl bei Erikas Umarmung.
„Du Erika... Du bist da eher mein Typ Frau. Das blonde ist nicht so meins.", lächelte Florian kess und verunsicherte Erika.
Beide gingen dann schweigend kurz hinunter zum Kiosk und Florian dann noch eine rauchen.
Um Helene etwas gutes zu tun, nahm Erika ihr noch ein bisschen Schokolade mit für Helene. Zum Glück hatten sie dort ihre Lieblingssorte.
Doch als sie wieder ins Zimmer zurück kamen stockte ihnen der Atem.
Helene hatte ihre Klamotten wieder in den Koffer getan und war dabei noch den Rest zusammen zu suchen. Dabei hatte Helene Max fest im Arm.
„Was hast Du denn vor?" - „Ich kann hier nicht bleiben, ich muss nach Hause!".
„Aber... Du hast hier einen Platz und ....", stammelte Erika und wusste nicht wie sie nun reagieren sollte.
„Das kann ich auch Zuhause! Mein Kleiner... Ich hab ihn viel zu sehr vernachlässigt und er braucht mich!", meinte Helene und drückte Max ganz fest an sich.
Mit einem liebevollen Kuss unterstrich Helene dieses, was schon ein positives Zeichen zu sein schien.
„Ich bin seine Mutter und er hat schon soviel leiden müssen.".
Helene war wie ausgetauscht, was auch unheimlich wirkte.
„Ich entlass mich selbst!", drängelte Helene sich an ihrer Schwester vorbei und schlug davor einen großen Bogen um Florian.

So leicht wie Helene es sich vorstellte, war es denn doch.
Allerdings gab es da noch ein Abschlussgespräch mit dem Stationsarzt.
Helene war dabei eher nur körperlich anwesend, denn hatte sie nur Augen für Max.
„Das nennt man auch Verdrängungsängste. Ich gehe davon aus das Ihre Schwester noch lange nicht soweit ist und vielleicht wäre es auch sinnlos eine Therapie zu beginnen. Allerdings sollten Sie sich darüber im Klaren sein! Zuhause entwickeln sich Dinge anders und es könnte auch schnell einen Rückschlag geben. Seien Sie sich darüber bewusst und zögern sie nicht nach Hilfe zu fragen und bitte! Sorgen Sie dafür das Frau Fischer nicht alleine ist!".
„Puhh.... In Ordnung. Aber gibt es Sachen die ich beachten muss oder vermeiden sollte?".
„Lassen Sie ihrer Schwester Freiraum. Drängen Sie sie zu nichts, aber seien sie für sie da, wenn es doch dazu kommt und Frau Fischer reden möchte.".
Das war doch ganz schön viel für Erika, was sie eben erfuhr. Dabei sah der Arzt zu Florian rüber.
„Seien Sie für ihre Freundin da. Es wird ihr mehr helfen und die gleichen Tipps gelten dann auch für Sie.".
Lediglich nickte Florian nur und traute sich nicht zusagen was er gerade wirklich für eine Funktion hatte.
„In Ordnung. Es wird schon schief gehen, wie man immer sagt.", stand Erika dann auf und wischte mit ihren Händen über die Hose.
„Nehmen Sie die mit!", reichte der Arzt Erika eine Packung Tabletten.
„Wenn die Angst zu groß wird. Frau Fischer zu unruhig wird oder ähnliches! Dann geben Sie ihr eine eine davon. Maximal drei am Tag.". „Danke.", nahm Erika diese dankend an und stand nun vor ihrer größten Herausforderung.

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