»36« | own life

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»Nessa's PoV«

"Nein, einfach mein! Sag' mir, dass das nicht wahr ist!" Ich fange an zu schluchzen und versuche erst gar nicht, mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.

"Doch. Leider, stimmt es." erwidert er leise und sieht mich entschuldigend an, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass er noch mehr zu erzählen hatte. "Los, erzähl es mir. Du weißt' wohl noch mehr, was ich anscheinend nicht wissen sollte.", füge ich hinzu und schaue ihn mit Tränen in den Augen an.

Er riss einen kleinen, weißen Zettel aus seiner Hosentasche und betrachtet diesen Stil, ehe ich ihn den Zettel aus der Hand reiße und ihn auseinander Falte - um ihn zu lesen.

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Vanessa,

Keine Ahnung, wie ich diesen Scheiß hier angefangen habe und beenden werde, jedoch will ich mich von dir verabschieden. Meine Familie ist vor meinen Augen gestorben, obwohl ich sie gewarnt hatte. Alexandria war für mich nur ein Ort zum schlafen oder essen, mehr auch nicht. Nachdem du nach Alexandria verschleppt wurdest von Daryl, hatte ich meine Meinung geändert. Ich sah' diese Kälte und leere in deinen Augen und fühlte mich auf einmal nicht mehr alleine. Ich wollte mit dir zusammen dieses Gefühl bekämpfen und es klappte, bei mir jedenfalls. Ich komme mit diesen ganzen Druck nicht mehr klar, seit du verschwunden bist.

Keiner will mir was sagen. Ich kann mit niemanden reden, weil die meisten würden es nicht verstehen und die anderen sind schon genervt von meiner Anwesenheit. Solltest du den Zettel jedoch lesen, war mein Tod wahrscheinlich ein Fehler, vielleicht auch nicht.

Bitte verzeih mir, Enid.

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Ich lasse das Papier aus meiner Hand fallen und beobachte wie es langsam auf dem Boden sinkt.

"Nessa?", höre ich Morgan sagen, aber ich verharre. Langsam beginne ich zu begreifen, was diese Worte bedeuten. Ich war ihre Medizin, auch wenn mir das nie bewusst war. Sie hat ihr Leben weggeworfen und dass nur wegen mir. Ich fühle mich so schuldig und empfinde wieder so einen starken Ekel vor mir selbst..

"Was mache ich falsch?", flüstere ich leise. Morgan steht von seinem Stuhl auf und versucht meinen Rücken sanft zu streicheln, doch ich sehe es als Chance. Die Chance hier abzuhauen. Ich ziehe den Stuhl von der Tür weg und reiße die Tür auf, ehe ich rausrenne, meine Hände zu Fäusten balle und gegen den Baum mit voller Kraft schlage.

"Hier läuft so viel schief." wimmere ich leise für mich selbst und sehe auf meine Knöchel, die angefangen haben zu bluten. "Ich hasse mein Leben!" Und wieder haue ich mit der Faust gegen den Baum. Ich blende in diesem Moment meine ganzen Schmerzen und das ganze Blut an meinem Knöchel aus. Ich will nur was anderes fühlen, mir egal ob es für ein Augenblick anhält.

"Vanessa..", ich spüre eine Hand auf meiner Schulter, ehe ich mich zu dieser drehe und Morgan vor mir sehe, der mich besorgend mustert. Er sieht auf meine Knöchel und seufzt frustriert. "Seh dich nur an. Was ist aus dir geworden.. du..." -"Hast dich so verändert.", bestätigte ich und seufze. Stumm nickt er und geht mit mir zurück ins Haus.

"Was hat Negan getan?", fragt er und ich seufze erneut. "Was er getan hat, siehst du ja wohl selbst. Ich habe Probleme mit dem Essen, Probleme mich selbst wieder zu erkennen und Probleme, mich der ganzen Sache hier zu stellen.", beantworte ich seine Frage.

"Manchmal wünschte ich mir, ich hätte einfach einen von beiden getötet.." Es war komisch, dies auszusprechen, da ich es mir nie vorstellen könnte. Aber würde der Tag rückgängig gemacht werden, hätte ich es getan, auch wenn mein Leben danach nicht gerade viel besser aussehen würde, als das jetzige Leben.

"Wieso sagst du sowas?", kommt es frustriert von seinen Lippen und er schüttelt seinen Kopf. Wahrscheinlich um meine absurden Worte zu vergessen.

"Warum ich das sage? Seh' mich an, Morgan! Ich sehe aus wie ein Monster und verhalte mich auch dementsprechend so. Alles dreht sich gegen mich und auch das werde ich verlieren..", erwidere ich etwas lauter und zeige auf mein Gesicht, was nicht mehr so aussieht wie damals. Mein Gesicht wurde zerschnitten, meine Haut verbrannt und ich selbst wiege höchstens noch 35 Kilogramm.

"Sag' sowas trotzdem nicht. Glaub mir, auch das aller Schlimmste, wird später einmal wieder besser werden und deine Zeit wird bald kommen. Du hast deine Tochter, sie ist gesund und lebt in deinen Händen, reicht dir das etwa nicht?", fragt er und sieht mich erwartungsvoll an, als würde ich die perfekte Antwort auf den Lippen haben.

"I...ich denke schon. Ja, du hast Recht. Ich denke, ich sollte hier bleiben mit Ellie und mein Leben weiterführen. Ich bin es meiner Tochter und ihm schuldig, sie soll nicht sehen wie ich kaputt gehe.", erkläre ich ihn. Verstehend nickt er.

"Morgan, aber bitte... Bitte sag' es niemanden außer dem König, das ich hier bin. Niemand soll mich stören oder sich ansatzweise sorgen machen.", Hauche ich leise und er seufzt, ehe er sich durch seine kurzen Haare fährt.

"Bitte, ich will einfach neu Anfangen.", füge ich hinzu und er nickt schließlich, ehe er die Tür aufmacht und vor dem Haus stehen bleibt. "Viel Glück Vanessa.", murmelt er und dreht sich um.

Während er wieder zum Königreich läuft, habe ich wahrscheinlich mein neues Leben gefunden. Mein eigenes Leben.

Vielleicht wird jetzt alles wieder gut...

Daryl Dixon: Nobody's You [FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt