37: Riley

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-Riley-

Nach einer Weile nervte es mich, nur Löcher in die Luft zu starren. Ich stand auf und ging in das Zimmer, indem Jamie lag. Madison saß immer noch auf dem Plastikstuhl. ,,Mads?", fragte ich leise. Sie hob den Kopf und schaute mich an. Ihre Augen waren rot und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, was eindeutig von Schlafmangel zeugte. Ich unterdrückte es, die Luft scharf einzuziehen und ihr zu sagen, dass sie schrecklich aussah. Stattdessen lächelte ich sie aufmunternd an. ,,Geh doch mal ins Bad und mach dich frisch.", schlug ich vor. Doch ihr Blick wanderte kurz zu Jamie, bevor sie dann wieder mich anschaute und den Kopf schüttelte. ,,Ich pass auf ihn auf.", versprach ich. Sie schien kurz nachzudenken. ,,Lass ihn nicht alleine.", bat sie mit gebrochener Stimme und stand dann auf. ,,Versprochen.", murmelte ich. Sie nickte und ging mit ihrer Tasche ins Bad. Ich ließ mich auf dem Stuhl nieder und schaute Jamie an. Er sah furchtbar aus. Und die Infusionen schienen es nicht besser zu machen. Ich wusste, dass in der einen Infusion etwas war, damit sein Körper wieder mehr Blut produzierte. In der Zweiten war ein Nahrungsersatzmittel, sodass er eine künstliche Ernährung bekam und sein Körper wieder zu Kräften kam. In der Dritten war ein Mittel, damit Flüssigkeit in seinen Körper kam. Darin war auch irgendein Medikament gemischt, welches ziemlich schläfrig machte. Also würde Jamie, wenn er dann wieder aufwachte ziemlich müde sein. Der Beatmungsschlauch bließ weiter Luft in seine Nase und der Apparat neben ihm gab ein regelmäßiges Piepen von sich, welches seinen Herzschlag darstellte. Immer noch fragte ich mich, wieso er sich so etwas selbst angetan hatte. Wären die Tabletten nicht aus seinem Bauch gepumpt worden, wäre er zweifellos daran gestorben. Noch dazu kam, dass er so viel Blut verloren hatte und sein Körper geschwächt war. Sein Körper hatte gar nicht groß die Möglichkeit sich gegen die Tabletten zu wehren. Es war ein Wunder, dass sein Körper das so lange mitgemacht hatte. Wer wusste, wie lange er schon so dasaß, mit aufgeschnittener Hand und Tabletten intus, bevor Derek ihn fand? Derek musste sich wahrscheinlich auch schrecklich fühlen. Schließlich hatte er seinen besten Freund in einer Blutlache gefunden, die noch dazu von Jamie selbst stammte. Ich machte mir selbst Vorwürfe, dass ich nicht früher da war. Wir alle wussten von Derek, dass Jamie und Madison sich wieder irgendwie zerstritten hatten und es sowohl Jamie als auch Madison dreckig ging. Und ich hatte nichts gemacht. Ich dachte mir einfach, dass es sich wie immer bald wieder gerade biegen würde. Die Beiden hatten sich schließlich schon oft gestritten, sodass es Beiden nicht gut ging. Aber sobald es eingetroffen war, dass es ihnen nicht gut ging, hatten sie miteinander geredet und sich wieder vertragen. Und wenn es nicht so ganz funktioniert hatte, war Derek zur Stelle, der dann zwischen den Beiden vermittelt hatte. Aber wenn Derek uns schon sagt, dass es ihnen dreckig ging, hätte ich merken müssen, dass es sich diesmal nicht einfach wieder gerade bog. Diese Aussage war eine Art Hilferuf von Derek, den sowohl Jason, als auch Seth und ich ignoriert hatten. Okay, Jason war in Australien gewesen, er hatte nicht wirklich helfen können, aber Seth und ich waren da. Wir hätten helfen können und wir hatten es nicht getan. Wir alle hätten verhindern können, dass sich Jamie das selbst antat. Doch keiner hatte es getan. Es war mir ein Rätsel, was so schlimmes zwischen den Beiden vorgefallen war, dass Jamie sich versucht hatte das Leben zu nehmen. So schlimm war es noch nie gewesen. Ich vermutete auch, dass sein Herz so hart gegen die Tabletten angekämpft hatte, weil Jamie zwar sterben wollte, aber eigentlich auch nicht. Dazu liebte er Madison zu sehr. Er konnte nicht ohne sie und zog es normalerweise nicht mal ansatzweise in Erwägung sie zu verlassen. Auch wenn sie sich stritten. Er wollte sie nie alleine lassen. Wahrscheinlich hatte sein Herz, deswegen so stark gekämpft. Weil er sie nicht alleine lassen wollte. Als ich ihn so betrachtete erinnerte ich mich an die Zeit, bevor Madison auf unsere Schule gekommen war und sich Jamie Hals über Kopf verliebt hatte.

*Flashback*

,,Bor, die alte Walsh soll uns mal endlich mit den Scheiß Hausaufgaben in Ruhe lassen.", maulte ich, als wir in unserer üblichen Ecke standen und rauchten. ,,Sie sollte inzwischen gemerkt haben, dass keiner von uns sie macht.", meinte Jason belustigt. Jamie grinste darüber nur kurz, bevor sein Gesicht wieder zu Stein wurde. Derek schmunzelte ein bisschen länger als Jamie, ließ dann aber auch wieder jegliches Gefühl aus seinem Gesicht verschwinden. So waren die beiden besten Freunde nun mal. Gefühllos. Genau das machte sie auch so beliebt bei den Mädchen. Sie standen auf dieses kalte, unerreichbare. Aber ich konnte das nicht. Ich konnte nicht einfach meine Gefühle komplett wegsperren und sie niemandem zeigen. Wenn jemand einen guten Witz erzählte, lachte ich und konnte das auch nicht verhindern. Es war mir ein Rätsel, wie die Beiden es hinbekamen. Seth fixierte währendessen unablässig ein hübsches blondes Mädchen. ,,Na, Sethi? Verknallt?", stichelte ich. Seth schaute mich mit einem Mörderblick an, der mir verriet, dass ich genau ins Schwarze getroffen hatte. ,,Na los! Geh zu ihr und quatsch sie an. Du bist einer der fünf beliebtesten Jungs der Schule. Sie wird dir keinen Korb geben.", meinte Jason lachend. ,,Wird sie.", meinte Derek abwesend. Seth schaute ihn schmunzelnd an. Jamie hatte ein boshaftes Grinsen aufgesetzt. ,,Sie hat einen Freund.", erklärte Jamie dann Derek's Aussage, der es selbst nicht für nötig hielt. ,,Okay, ich weiß schon, was wir diesen Samstagabend mit Alkohol ersaufen.", lachte ich. Derek schaute mich fragend an und zog eine Augenbraue nach oben. Jamie sah ziemlich unbeteiligt aus und auch der Blick von Seth und Jason lag auf mir. ,,Liebeskummer.", meinte ich grinsend und gab Seth einen freundschaftlichen Knuff. ,,Das hört sich doch mal nach einem guten Motto für die Party an: Seth ertränkt seinen Liebeskummer.", spottete Jamie. Ich seufzte nur. Jamie war schwierig. Sehr schwierig. Bei Derek konnte man seine Handlungen wenigstens noch verstehen und unterscheiden ob Spott gerade ernst oder aus Spaß war, aber bei Jamie konnte man das nicht. Man wusste nie, ob er sich wirklich über einen lustig machte oder einen nur aufzog. Derek verstand man. Jamie war für jeden ein Rätsel. Niemand wusste, wie seine Gefühlswelt aussah oder was in seinem Kopf vorging. Bei Derek wusste man das halbwegs. Aber Jamie war bei weitem schwieriger einzuschätzen. Und wieder fragte ich mich, wie Derek es hinbekam, ihn so gut wie immer, richtig einzuschätzen. Dabei kannte Derek Jamie nicht länger, als wir anderen Drei.

*Flashback Ende*

Kaum war diese Erinnerung feritg kam Derek rein mit zwei Kaffeebechern in der Hand. Er reichte mir einen. ,,Danke.", murmelte ich und schaute dann wieder abwesend zu Jamie. ,,Wo ist Mads?", fragte Derek. ,,Im Bad.", antwortete ich. ,,Gut, dann geb ich dir ihren Kaffee. Ich geh wieder raus zu den Anderen.", meinte er und reichte mir auch Madison's Kaffee. Ich nickte ihm zu und er verschwand. Nachdenklich stellte ich Madison's Kaffee ab. Nach dieser ganzen Krankenhaussache, würden wir hundertpro alle Kaffeesuchtis sein. Madison kam aus dem Bad und ich machte ihr Platz. Sie setzte sich wieder und nahm Jamie's Hand. Ich reichte ihr ihren Kaffee, den sie dankend annahm. ,,Du sagst Bescheid, wenn du mit irgendjemandem von uns reden willst oder Gesellschaft haben willst?", fragte ich und Madison nickte. Ich schloss sie nochmal kurz in die Arme und ging dann wieder raus zu den Anderen.

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