39: Cindy

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-Cindy-

Ich war die Erste, die wieder wach wurde. Aber es war auch an der Zeit, denn Jason fielen fast die Augen zu. ,,Schlaf. Ich bin wach.", meinte ich leise zu ihm. Er nickte und kurz darauf schlief er schon tief und fest. Ich holte mir einen Kaffee und setzte mich wieder. So wie Derek schlief, würde er wenn er aufwachte tierische Schmerzen haben, weswegen ich ihn sanft zu mir zog. Und schon lag er mit dem Kopf auf meinem Schoß und schlief friedlich. Ich nippte an meinem Kaffee und strich ihm durch die Haare. Er seufzte im Schlaf und kuschelte sich mehr an mich. Ich dachte über unsere Schulzeit nach. Klar, mit Jamie waren damals schon viele schönen Erlebnisse gewesen, bei denen er aber nicht wirklich im Vordergrund stand, weil er sich bevor Madison kam, eigentlich an gar nichts beteiligt hatte. Aber da war auch nicht so schönes.

*Flashback*

Es war das vorletzte Jahr an dieser Schule für mich. Nächstes Jahr würden wir dann unseren Abschluss machen und waren dann fertig mit der Schule. Ich kam wie jeden Morgen alleine zur Schule. Mein Bruder fühlte sich zu cool um mit seiner eine Minute jüngeren Schwester zusammen zur Schule zu gehen. Stattdessen fuhr er lieber zusammen mit den anderen Jungs bei Jamie im Auto mit. Wieso dieser Junge schon ein Auto hatte und wieso er es schon fahren durfte, war mir ein Rätsel. Er war gerade mal sechzehn. Da hatte niemand seinen Führerschein und niemand durfte ohne erwachsene Begleitung fahren. Wenn man über den Teufel dachte... Da waren die fünf Jungs. Und sie standen alle in einem Kreis. Alle lachten, was nur eines bedeuten konnte. Sie hatten wieder ein Opfer gefunden. Ich lief genervt dort hin. Jamie stand einem kleineren Jungen geegnüber, der gerade sein erstes Jahr hier auf dieser Schule machen dürfte. Also war er wahrscheinlich gerade mal 12 oder 13. Jamie schubste ihn. ,,Nawww, kannst du dich nicht wehren?", fragte er höhnisch und schubste den Kleinen zu Boden. Die Anderen vier Idioten, darunter auch mein Bruder standen darum und lachten. ,,Lass mich in Ruhe!", jammerte der Kleine. ,,Es spricht! ES SPRICHT!", machte sich Jamie über ihn lustig. Seine Clique lachte wieder. Auch andere Schüler, die das mitbekamen lachten. ,,Ich kaufe dir auch ein neues T-shirt! Bitte lass mich!", jammerte der Kleine. Erst da fiel mir der lilane Fleck auf Jamie's weißem T-shirt auf. Traubensaft. Nichts, was man wieder rausbekam. ,,Dieses T-shirt ist teurer, als dein scheiß Leben du kleiner Wichser.", knurrte Jamie und schubste den Jungen wieder. ,,Denkst du wirklich, du könntest mir ein neues T-shirt kaufen? Das einzige was du bekommst, sind billig-Klamotten aus H&M oder C&A.", meinte Jamie und trat den Jungen, der jetzt am Boden lag. ,,Ich spare auch so lange, bis ich es dir ersetzen kann!", schluchzte der Junge. ,,Da kannst du dein ganzes Leben sparen. Nur ich habe alles andere als viel Geduld, Mopsgesicht.", knurrte Jamie. Er wollte gerade weiter machen, doch es reichte mir. Es war nur ein scheiß T-shirt. ,,Jamie, es ist nur ein verdammtes T-shirt.", meinte ich und drängte mich zwischen Jason und Riley durch. Jamie schaute mich genervt an. ,,Misch dich nicht ein, Cid.", knurrte er. Er wusste genau, wie sehr ich den Spitznamen Cid, den ich von meinem reizenden Bruder bekommen hatte, verabscheute. ,,Doch, das tue ich, James.", erwiderte ich giftig. So sehr, wie ich es hasste, Cid genannt zu werden, so sehr hasste er es, James genannt zu werden. Bei Seth war es auch so. Er hasste es bei seinem richtigen Namen genannt zu werden. ,,Bist du etwa verknallt in den kleinen Bastard?", fragte Jamie höhnisch. Ich rollte mit den Augen, was Antwort genug war. ,,Lass ihn jetzt in Ruhe. Du hast genug Geld um dir ein neues T-shirt zu kaufen und so ein Unfall kann nun mal passieren. Und du hast den Kleinen schon genug zugerichtet.", meinte ich. Jamie schnaubte. Ich drehte mich zu Seth um. Mein Bruder schaute mich unbeeindruckt an. ,,Und du, solltest dich was schämen. Einfach dabei zuzugucken, wie einer deiner besten Freunde einen kleinen Jungen mobbt und auch noch zu lachen. Vielleicht sollte ich Dad mal davon erzählen, wie du mobbst, rauchst und dich gegen die Regeln verhälst.", meinte ich. Er funkelte mich wütend an. ,,Halt ja die Klappe, Cindy.", knurrte er. ,,Dann hör auf mit dem scheiß Mobben, Setherius.", fauchte ich. Dann half ich dem kleinen Jungen hoch und brachte ihn ins Sekretäriat. Draußen fing mich Jamie ab. ,,Ich entscheide, wann ich fertig bin mit meinen Opfern und nicht du. Glaub mir, wärst du nicht die Schwester einer meiner besten Freunde, dann würdest du hier nicht mehr mit hoch erhobenem Haupt rumstolzieren und meinen mir gegenüber große Töne spucken zu müssen. Und wenn du so weiter machst, wird dein Bruder sicher mal eine Ausnahme von seiner Beschützerseite machen und mir erlauben, dir Respekt beizubringen, wobei er ja offentsichtlich kläglich versagt.", knurrte Jamie, stieß mich gegen die Wand und stolzierte davon. Dabei zog er sämtliche Blicke auf sich.

*Flashback Ende*

Inzwischen war Jamie nicht mehr so, dass wusste ich. Er war kein Mobber mehr und auch kein Fuckboy. Trotzdem zog er noch sämtliche Blicke auf sich, wenn er irgendwo langlief. Aber es gab Zeiten, da war Jamie das totale Arschloch. Ich wusste auch, dass er inzwischen nicht mehr so einen Aufstand wegen einem T-shirt machen würde. Aber mir tat der Junge von damals immer noch leid. Wahrscheinlich hatte er nach diesem Erlebnis nie wieder Traubensaft angerührt. Kaum zu glauben, dass ich mich inzwischen so gut mit meinem Bruder verstand, obwohl wir uns in der Schulzeit immer an die Gurgel gegangen waren und jeder den Anderen sabotiert hatte. Und kaum zu glauben, dass ich ausgerechnet Derek, den besten Freund von Jamie und damit zweitbeliebtesten Jungen der Schule, der fast genauso gut, wie Jamie mobben konnte geheiratet hatte. Menschen änderten sich. Das sah man an der Clique am Besten. Derek war inzwischen mein Mann und ließ nie, wirklich nie die Fuckboy Seite raushängen. Er war ein sehr liebevoller und ehrlicher Mann. In der Schule hätte ich niemals damit gerechnet, dass in diesem gefühllosen Eisklotz so viel Liebe und Mitgefühl steckte. Riley war früher immer mit mehreren Mädchen rumgelaufen. Er hatte mindestens zwei gleichzeitig gehabt. Und jetzt? Jetzt war er ein netter, mitfühlender und liebevoller Freund für uns alle. Er hatte momentan mit keinem einzigen Mädchen was am Laufen und war vorher vier Jahre mit einem Mädchen zusammen gewesen, ohne sie zu verarschen. Jason war ein Macho gewesen, der jedem Mädchen Hoffnungen machte, nur um diese dann wieder zu zerstören. Heute war er ein ehrgeiziger, aufmerksamer, zuvorkommender junger Mann, der niemandem Hoffnungen machte, für den er sich nicht ernsthaft interessierte. Seth war ein idiotischer Eisprinz gewesen, der mich gerne aufgezogen und geärgert hatte. Inzwischen zog er mich immer noch gerne auf und ärgerte mich, aber er war kein Eisprinz mehr. Er strahlte pure Wärme aus und war offen und herzlich. Er war seit fünf Jahren in einer Beziehung mit Laura, die in unserer Paralellklasse war und liebte sie aus ganzem Herzen. Außerdem rastete er nicht mehr aus, wenn mich ein Junge schräg anschaute. Früher hätte er Derek den Kopf abgerissen. Jetzt akzeptierte er es und war sogar heilfroh darüber. Und Jamie hatte wohl die größte Veränderung durchgemacht. Er war ein gefühlloser, gemeiner, arroganter Kotzbrocken, der ein Mädchen nach dem anderen flachlegte, Mädchen Hoffnungen machte, sie nach einer Nacht fallen ließ und eine riesige Bindungsangst gehabt hatte. Er hatte immer alle Blicke auf sich gezogen und die Mädchen hatten ihm hinterher gesabbert. Inzwischen zog er immer noch die Blicke auf sich und die Mädchen sabberten ihm hinterher, aber ansonsten hatte er sich komplett verändert. Er legte nicht mehr ein Mädchen nach dem Anderen flach, machte keinem Mädchen mehr Hoffnungen und hatte auch keine Bindungsangst mehr. Stattdessen eiferte er die ganze Zeit einem einzigen Mädchen hinterher und wollte sie um jeden Preis haben. Er würde alles für sie tun. Er war auch nicht mehr gefühllos. Stattdessen zeigte er seine Gefühle und nur, wenn er verletzt war, legte er die gefühllose Maske auf um sich selbst zu schützen. Er verkroch sich dann wie ein kleiner vierjähriger in einer Ecke und wartete auf die einzige Person, die ihn wieder rausholen konnte. Und das war Madison. Gemein war er auch bei weitem nicht mehr. Er war freundlich und aufmerksam. Und Arroganz war das genaue Gegenteil von Jamie. In gewisser Hinsciht war er schon irgendwie arrogant, aber das lag wahrscheinlich daran, dass er schon immer alles haben konnte, was er wollte. Da kam eine gewisse Arroagnz hervor, für die er aber rein gar nichts konnte. Alle der fünf Jungs hatten sich massiv verändert. Und das war auch gut so.

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