Lautlos stieg ich vom Rücken meines Pferdes und bewegte mich auf die Person zu, die in Bodennähe kauerte. Vielleicht erkannte sie mich nicht gleich als Elb, vielleicht war sie eingeschüchtert durch das Schwert, dass ich nun - nur zur Sicherheit - gezogen hatte. Die Klinge leuchtete nicht blau, also war das Wesen schon mal kein Ork. Vielleicht hatte es mich aber noch gar nicht entdeckt und nur ebenfalls den Schrei des Vogels vernommen, sodass es innegehalten hatte, bei was auch immer es dort tat. Als ich näher trat sah ich einen Menschen, der mit hastigen Fingern in den Gewächsen unter den Bäumen suchte. Er schien nun gefunden zu haben, was er brauchte, denn er rupfte vorsichtig ein paar Blätter eines Krautes heraus und wollte sich gerade eben erheben, da schnellte ich hervor und richtete die Schwertspitze auf seine Brust. Er erstarrte und sah mich mit überraschten, grünen Augen an. Er hatte ein kantiges Gesicht, dessen Schärfe jedoch von einem Bart und Schmutz verdeckt wurden. Seine Haare hingen ihm bis zur Schulter und er trug ein praktisches, erdfarbenes Gewandt, dass ihn als Waldläufer markierte.
"Arargorn, Arathorns Sohn, nicht wahr?", fragte ich mit erhabener Stimme und wollte das Schwert nicht eher sinken lassen, bevor ich mir Gewissheit über die Identität meines Gegenübers erlangt hatte. Er macht den Mund auf, wie um etwas zu sagen, blickte kurz zu der Schwertspitze herunter, dann mir wieder in meine Augen."Richtig, Elodiel, Elronds Tochter.", antwortete er mir ruhig.
Aragorn. Ich kannt ihn ebenfalls schon seit längerem, seit seiner Kindheit um genau zu sein, ich hatte miterlebt, wie er in Bruchtal aufgewachsen war und dann schließlich mit 21 auszog um auf Abendteuer zu gehen. Ich begab mich zu dieser Zeit selbst öfters auf Wanderschaft, um nach meiner Herkunft zu forschen und meine eigenen Dämonen zu bekämpfen, sodass ich, wenn er seine Mutter in Bruchthal, die damals noch lebte, besuchte, ihn stets verpasste. Ich hatte ihn also seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gesehen und er hatte sich sehr verändert. Natürlich, ich vergaß immer leicht, wie schnell Menschen sich über so kurze Zeit änderten. Aber es war ein hohes Alter und dafür sah er doch noch sehr passabel aus...
Ich steckte mein Schwert wieder ein, behielt aber meine Hand auf der Schwertscheide, nur für den Fall. "Wie ich höre habt Ihr vier Hobbits aus dem Auenland bei Euch, einer soll schwer verletzt sein...", sagte ich mit einem fragenden Unterton und Aragorn richtete sich jetzt zu voller Größe auf. Er überragte mich um eine halbe Kopfgröße und blickte mit harter, aber keinesfalls unfreundlicher Mine auf mich herab."Zudem werdet ihr wohl von den neun Ringgeistern, auch als Nazguls bekannt, verfolgt.", fuhr ich fort. "In der Tat, sie folgen uns seit Bree und an der Wetterspitze haben sie uns angegriffen.", bestätigte er und presste anschließend bedauernd seine Lippen aufeinander. Wie um seine Aussage zu untermalen hielt er das Kraut hoch, das er zuvor von der Erde entfernt hatte. Atelas, eine Heilpflanze gegen Vergiftungen des Bösen. Kluge Lösung.
"Frodo wurde von einer Morgul-Klinge verletzt.", erklärte er und ich schluckte. mit dieser Art von Waffe ist nicht zu Spaßen, das wusste ich nur zu gut. Ich kam mir fast schuldig vor, da diese Klinge wohl von der Hand meines Vaters geführt worden war. "Das Kraut wird temporär helfen, doch nur elbische Kraft kann diese Wunde heilen.", wisperte ich. "Bringt mich zu ihm, ich werde tun, was ich tun kann."
Ich holte Bronwhiel herbei und folgte Aragorn zu einer Lichtung, die von Felsen umgeben war; ein sicheres Versteck. Auf den zweiten Blick stellte ich jedoch fest, dass diese Felsen eine gewisse Form hatten, die mich stark an drei große Trolle erinnerten. Aber ich konzentrierte mich aufs Wesentliche. In der Mitte der Lichtung lagen um ein Lagerfeuer vier zusammengerollte, kleine Gestallten und schliefen. Hobbits!, dachte ich. Ich hatte außer Bilbo noch nie welche auf meinen Reisen gesehen. Sie schienen wohl gerne in ihrem kleinen Auenland zu bleiben, was wirklich bedauerlich war, denn ich hörte immer gerne zu, wie Bilbo über sie erzählte. Hier war alles ruhig, außer der Tatsache, dass sich einer der Hobbits im Schlaf um sich Wand und ständig gequält zusammenzuckte.
"Das ist er.", raunte Aragorn leise hinter mir, der meinen Blick gefolgt war. Wortlos schlich ich zu Frodo, um seine Gefährten nicht zu wecken und beugte mich über ihn. Er war blass und seine Haut war ganz kalt, sie schimmerte jedoch von Schweiß. Die Lage war ernst, das erkannte ich sofort. Er schien Fieber zu haben und ich durfte keine Zeit verschwenden. Also kniete ich mich auf das Lager neben ihm, positionierte mich und fing an elbische Heilungen zu sprechen. Mein Patient begann stärker zu zucken, wobei er gegen den Hobbit, der rechts von ihm schlief stieß und dieser plötzlich aufsprang. Sogleich zeterte er los und fuchtelte mit seinen kurzen Armen, als er mich, eine Fremde bei seinem Freund sah.
"Wer seid Ihr, was wollt Ihr? Tut dem Armen Frodo nichts zuleide, sonst...", er tastete nach etwas neben ihm und hielt schließlich eine Bratpfanne hoch. "Sonst bekommt Ihr es mit mir zu tun!" Unwillkürlich musste ich lächeln. Seine Drohungen waren für mich aufgrund seiner Größe und seiner drolligen Stimme nicht ernst zu nehmen. Jedoch musste der Hobbit sofort schweigen, sonst würden wir noch Geschöpfe in diesem Wald und womöglich auch die Ringgeister auf uns aufmerksam machen.
"Samweis, beruhige dich, sie ist da, um zu helfen.", zischte Aragorn, der sich mittlerweile auch neben Frodo gekniet hatte und nun helfend die Atelas auf Frodos Wunde presste. Frodo hörte zeitweise auf zu zucken und sein Atmen wurde wieder regelmäßiger, doch ich merkte, dass meine elbische Krft, vor Allem in Verbindung mit meiner persönlichen Blockade meiner Kräfte nicht ausreichen würde, um ihn vollkommen zu heilen. "Aragorn", sagte ich schließlich. "Ich kann da nicht viel machen, aber Elrond wird es schaffen."
"Gut, dann bleibt Ihr hier bei den Hobbits und ich werde nach Bruchtal eilen.", schlug der Waldläufer vor und hob Frodo vom Boden auf. "Aber ich wäre schneller; ich habe ein Pferd und auf elbischem Gebiet bin ich sicher. Lasst mich Frodo schnell zu Elrond bringen, er hat nur noch ein paar Stunden!", entgegnete ich.
Aragorn blickte erst nachdenklich und mit gerunzelter Stirn von mir und dann zu Bronwhiel, dann stimmte er mir zu. Er hob den armen Hobbit behutsam vom Boden auf und legte Frodo auf den Rücken des Pferdes. "Passt auf Euch auf.", mahnte er und Besorgnis spiegelte sich in seinen Augen wieder. "Vertraut mir.", erwiderte ich und lächelte ihn an, als ich mich hinter Frodo auf mein Pferd schwang. Die Hobbits sahen das leider etwas anders. "Aber das könnt Ihr doch nicht machen!", rief Sam aufgebracht und laut genug, dass auch die anderen Hobbits aufwachten und staunend zu mir hochblickten. "Da draußen sind diese widerlichen und grausamen Geister!" Aber ich konnte keine Zeit mehr damit verschwenden, sie zu beruhigen; jede Sekunde zählte. Und ich wusste, auf was ich mich gefasst machen musste.
Wir jagten durch den Wald, der nun vollends dunkel geworden war; Nacht war bereits hereingebrochen. Blätter schienen von allen Seiten auf uns einzupeitschen, aber weder Bronwhiel noch mich kümmerten das. Ab und zu warf ich einen Blick nach hinten und meinte düstere Schatten zu sehen, die und verfolgten, doch das war vielleicht nur Einbildung. Ich hielt Frodo fest ihm Arm und hielt mich selbst an Bronwhiels Mähne fest. Meine elbischen Sinne spielten in der Dunkelheit und bei dieser Geschwindigkeit verrückt.
Dann hörte ich sie, die Schreie der Naugul, die uns bemerkt hatten. Sie hatten zweifellos irgendwo in den Schatten gelauert, da sie gewusst haben mussten, dass die flüchtende Gruppe auf dem Weg nach Bruchthal waren. Er, mein Vater, muss gewusst haben, dass ich hier war. Plötzlich brachen aus der Dunkelheit schwarze Pferde mit ebenso dunklen Reitern zu beiden Seiten hervor und flankierten uns. Die Angst, die ich vorhin für kurze Momente verdrängt hatte, um Frodo zu helfen, umgriff mein Herz.
Ich spürte seine Augen auf mir, wie sie mir Abscheu folgten und schließlich auch gierig auf den Hobbit in meinen Armen fielen. Gehässige, furchtbare Worte wurden in meine Ohren geflüstert, die Luft knisterte und war erfüllt mit Drohungen. Ich sah und hörte nichts mehr als die Geister in ihren schwarzen Umhängen, die mit langen Fingern nach uns griffen. Und plötzlich waren wir eingekreist.
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Der Herr der Ringe oder das Erbe von Angmar
FanfictionElodiel ist eine Elbin mit ungewöhnlichen Kräften, sie herrscht über die Elemente. Das liegt daran, dass ihr Vater der Hexenkönig von Angmar war...ist. Denn als das dritte Zeitalter sich seinem Ende nähert, hat sie keine Kontrolle mehr; ihre Kräfte...