Weder Gandalf noch Elrond schienen eine Erklärung für das, was am Vortag mit mir und meiner Fähigkeit passiert ist zu haben. Mehr konnte ich leider aber auch nicht berichten, also sah ich einfach nur schweigend aus dem Fester der Bibliothek. Die Sonne erhellte den Wasserfall und dieser schien goldene Funken zu versprühen. Herbstblätter taumelten durch die Luft und Dolen pickten auf den Felsen um das Tal herum auf den kühlen Stein. Die Natur draußen war viel zu schön für die dunklen Gedanken, die mir durch den Kopf gingen.
"Kannst du es nochmal probieren?", fragte der alte Zauberer mich und führte dazu, dass ich aus meinen Gedanken aufgeschreckt mich ihm wieder zuwandte und mich, kurz blinzelnd wieder fasste. Wenn es gestern funktioniert hatte, wieso sollte es nicht auch jetzt funktionieren?, fragte ich mich und überlegte, ob ich es wagen konnte, meine Magie wieder zu benutzen. Würde es wieder so wehtun wie gestern? Ist das Benutzen meiner Kraft überhaupt gut für ich; sollte ich nicht vielleicht eine Pause machen nach der Anstrengung an der Furth? Doch bevor die Fragen in meinem Kopf mich umstimmen konnte, nickte ich schnell. "Ja" ,sagte ich dazu, wobei ich nicht so sicher klang, wie ich es gerne getan hätte. Aber ich wollte mich nicht unterkriegen lassen. "Was... genau soll ich machen?" "Hier", meinte Elrond ohne weitere Anweisungen und reichte mir ein loses Blatt Pergament, das er aus einem der umliegenden Bücher entnommen hatte. Ein Blatt Pergament. Lass dir was einfallen, Elodiel, dachte ich mir. Dann nahm ich es entgegen. Auch wenn ich von der Idee abgeneigt war, Bücher und Kulturgut zu zerstören, schien mir die Idee, das Pergament anzuzünden doch am effektivsten. Zwar nicht am sichersten, aber auch am realistischsten. Es war leicht für mich, meine Augen zu schließen und mir ein prasselndes Feuer vorzustellen; darin die Seite des Pergaments, die sich in der Hitze verkohlt zusammenrollt. Nach und nach verfärbten sich in meiner Vorstellung die Kanten schwarz und zerbröckelten schließlich zu Asche, die zu Boden fiel. Das kann ich auch, dachte ich und konzentrierte mich. Alle Wärme in meinem Körper floss zu der Handinnenfläche, in der das Pergament ruhte und ich spürte, wie meine Adern zu glühen begonnen. Ich konnte nicht sehen, was passierte, denn um meine Konzentration aufrecht zu erhalten musste ich meine AUgen geschlossen halten, jedoch hörte ich auf einmal, wie Elrond und Gandalf bedächtig und gespannt raunten und murmelten, als die Hitze zunahm. Klappt es? Schon hörte ich mein Blut in den Ohren rauschen und mit der Magie kam auch der altbekannte Schmerz der Barriere. Die Wärme stieg mir zu Kopf und mir wurde langsam schwindelig; ich taumelte und hörte neben dem Rauschen auch das Tosen eines imaginären Flammenmeers, das mich den Gleichgewichtssinn verlieren ließ. Als nun eine sehr reale Flamme vor mir aufleuchtete, wie ich durch meine geschlossenen Augenlider wahrnehmen konnte, und sich der Geruch von verbrannten Faser verbreitete, brachte ich ein Lächeln zustande. Dann ertönte urplötzlich ein lautes Knacksen von explodierenden Funken und mit einem Mal wurde alles schwarz.
Ich kam mit einem schmerzhaften Pochen in meinen Schläfen und meiner Handinnenfläche wieder zu mir. Um mich herum war die Bibliothek in meinem Augen noch etwas verschwommen, jedoch erkannte ich die besorgten Gesichter der beiden Männer, die jetzt auf mich herabsahen. Oje... Habe ich wieder das Bewusstsein verloren?, fragte ich mich und versuchte mich langsam wieder aufzusetzen, wobei ich meinen Kopf mehrmals schütteln musste, um wieder klar sehen zu können. Schon drohte eine gewisse Schwärze wieder mich zu überwältigen; der Druck in meinem Kopf stieg wieder und ich fuhr mit meiner Hand verzweifelt durch die Luft, um nach Halt zu suchen. Ich erwischte den Saum von Elronds Robe, der sofort bei mir war und mich stützte. "Elodiel, alles in Ordnung?", fragte er mich eindringlich. Ich brachte nur ein unverständliches Murmeln zu Stande. "Ich denke schon.", sagte ich dann schließlich atemlos. "Hast du wieder die Barriere verspürt?", fragte mich Gandalf dann und ich nickte bestätigend, während ich mir über die Stirn rieb. "Sowas habe ich noch nie erlebt...", meinte der Zauberer, mehr zu sich selbst, als zu Elrond und mir. Dass auch er sich die Geschehnisse nicht erklären konnte, beunruhigte und verunsicherte mich nur noch mehr. Verzweifelt verbarg ich mein Gesicht in meinen Händen. Dabei sah ich zu meiner großen Überraschung, das der Fleck, der am Vortag von dem Nazgul verursacht worden war, wieder verstärkt auf meiner Hand zu sehen war. So als hätte er etwas mit meiner Blockade und Magie zu tun...
Auch Elrond hatte in Sekundenbruchteilen einen Blick darauf erhascht und sah mich nun wissend an. "Wir werden mehr darüber herausfinden.", sagte er dann mit tröstender Bestimmtheit in seiner Stimme. "Aber jetzt solltest du dich vielleicht etwas ausruhen und auf dein Zimmer kehren. Ich werde dich begleiten. Du brauchst Kraft für heute Abend; vergiss nicht die Tafel, die wir veranstalten." Dankbar, aber eher gequält zog ich meine Mundwinkel nach oben und ergriff die Hand, die er mir zur Unterstützung entgegenhielt; dann brachte ich es Zustande, aufzustehen.
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Der Herr der Ringe oder das Erbe von Angmar
FanfictionElodiel ist eine Elbin mit ungewöhnlichen Kräften, sie herrscht über die Elemente. Das liegt daran, dass ihr Vater der Hexenkönig von Angmar war...ist. Denn als das dritte Zeitalter sich seinem Ende nähert, hat sie keine Kontrolle mehr; ihre Kräfte...