Kapitel 40

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"Sie leben!", hörte ich überraschte Ausrufe aus allen Ecken, als wir den ersten Innenhof der Hornburg betraten. Und "Sind das nicht...?". Andächtig wispernd sahen sich die Leute nach uns um, einige erkannte ich aus dem evakuierenden Zug aus Edoras wieder, andere schienen von hier in Helms Klamm zu stammen. So oder so schien unser vermeintliches Ableben die Runde gemacht zu haben. Trotzdem machten wir nicht gerade einen stolzen Anblick; ich fühlte mich eher wie eine lebende Leiche. 

"Lasst mich durch!", erkannte ich eine bekannte Stimme unter all dem Geflüster und da schob sich Gimli aufgeregt Grummeln zwischen all den Beinen hindurch und marschierte auf uns zu. "Aus dem Weg! Ich werde ihn umbringen!", grummelte der Zwerg und packte schließlich Aragorns Arme. "Aragorn! Ihr seid der durchtriebenste, schlauste und leichtsinnigste Glückspilz, den ich je gesehen habe!", brachte der Zwerg hervor und sein ruppiger Tonfall zeigte doch einige Wärme, als Gimli Aragorn schließlich stürmisch umarmte. Solch eine Gefühlsregung hatte ich nicht von dem Zwerg erwartet, aber ich musste trotz meiner Müdigkeit doch etwas schmunzeln. "Ihr seid gesegnet!", stieß der Zwerg hervor und es schien mir, als sei er schon den Tränen nahe. Aragorn löste sich behutsam von ihm, gerührt von der Begrüßung, doch mit einer ernsten Miene. "Das alles habe ich ihr zu verdanken.", meinte er schlicht und trat einen Schritt beiseite, sodass der Zwerg nun auch mich überwältigt an sich drückte. Darüber war nicht nur ich verwundert. "Und Ihr, Mädchen, jagt uns einen solchen Schrecken ein...", jammerte er Kopfschüttelnd. Behutsam und etwas ratlos tätschelte ich seine Schulter. "Es tut mir leid, Herr Zwerg.", gab ich aufrichtig zurück und Gimli fasste sich wieder etwas. Den Schreck abwerfend schüttelte er sich etwas und kehrte dann wieder in seine stets grummelnde Zwergengestalt zurück. 

"Wo ist der König?", fragte Aragorn nun drängend und Gimli wies mit einem Kopfnicken in die Richtung einer größeren Halle, die herrschaftlich an den Innenhof angrenzte und umgeben war von einem überdachten Durchgang, in dem sich nun die Geflüchteten Schutz suchend an die Mauer drängten. Ohne ein weiteres Wort, wandte sich Aragorn ab und schritt auf die Galerie und den darunter liegenden Eingang  zu. Erneut blieb mir nichts anderes übrig, als ihm zu folgen; in meinem Zustand hatte ich keine Ahnung, was nun der nächste Schritt war. Zweifellos würde Aragorn von der Armee berichten, die wir auf unserem Weg gesichtet hatten. Bei dem Gedanken daran schluckte ich. Ich wollte gar nicht überlegen, wie sehr wir in der Unterzahl waren. Aber was blieb König Theoden und seinem Volk übrig, als sich hier zu verschanzen? Ich konnte nur hoffen, dass diese Mauern halten würden, aber wer konnte schon sagen, ob das Ganze in einer großen Belagerung enden würde... 

"Elodiel!", rief jemand meinen Namen und ich sah mich aufgeschreckt um. Da trat Legolas aus dem umlaufenden Gang und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Bevor ich etwas sagen konnte, hatte er mich fest in seine Arme geschlossen. "Bei den Valar...", flüsterte der Elb aufgebracht, dann hielt er mich mit ausgestreckten Armen an meinen Schultern von sich, um mich zu inspizieren. "Mir geht es gut, Legolas. Ich bin nur müde.", meinte ich schnell, denn die ganze Aufmerksamkeit war mir nach dem langen Tag zu viel. Er schien sich nicht ganz mit der Antwort zufrieden zu geben, doch ließ von mir ab und wandte sich nun an Aragorn, der bei uns stehen geblieben war. Auch ihn musterte er. "Ihr seht furchtbar aus.", quittierte der Elb schließlich, was ein Grinsen auf Aragorns Gesicht hervorrief. Ich schnaubte kopfschüttelnd, doch meine Freunde so zu sehen, lies mich für einen Moment aufatmen. Schon fühlte ich mich besser. 

Gimli und Legolas waren nicht die Einzigen, die freudig verwirrt über unsere Heimkehr waren. Aus meinem Augenwinkel erhaschte ich die Bewegung von blondem, langen Haar. Während Legolas und Aragorn sich kurz austauschten, blickte ich den Gang entlang und erblickte Eowyn, die mit ungläubiger Miene regungslos dastand. Ihr Gesicht ließ ihre Freude erraten, doch ielt sie sich zurück und sagte nichts. Kein Wunder, nach den letzten Worten, die sie mit Aragorn gewechselt hatte. Allein mir schenkte sie kurz ein Nicken, doch plötzlich war ihre Freude wie weggewischt. Sie presste ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und senkte ihren Kopf, als realisiere sie etwas schmerzhaftes, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand hinter einer der Säulen. 

Der Herr der Ringe oder das Erbe von AngmarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt